U. Flach (FDP): „Ich halte das deutsche Steuersystem in seiner Grundsubstanz für gerecht.“
Gestern fand in Duisburg ein nicht uninteressantes Gespräch zwischen der Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas (SPD) und Ulrike Flach (FDP) statt. Xtranews war vor Ort und berichtete.
Es gibt jedoch neben der nüchternen Betrachtung eines solchen Termins auch immer die persönlichen Eindrücke, quasi die Metaebene einer solchen Veranstaltung und um diese Metaebene soll es jetzt gehen:
(Bärbel Bas, Herr Bischoff (DGB), Frau Flach)
Bewusst hatte Herr Bischoff nach eigenen Aussagen nur zwei Vertreter mit möglichst unterschiedlichen Standpunkten eingeladen. Und man muss Frau Flach Respekt zollen, dass sie erschienen ist. Nicht nur, weil der FDP-Vertreter einer kürzlich veranstalteten Finanz-Runde fern geblieben ist. Sondern vielmehr, weil sie sich unter Löwen begab: Der einladende DGB ist klar gegen die Pläne der FDP, der Gastgeber der Räumlichkeiten, die IKK, dürfte wenig Begeisterung der FDP gegenüber verspüren und das Publikum bestand aus überwiegend dem Urgestein der Duisburger SPD und Gewerkschaftsbewegung.
So war es dann bei den Fragen auch nicht überraschend, dass die meisten Fragen sich in Richtung, teilweise gegen Frau Flach richteten. Die wiederum zu keinem Moment ernstlich die Fassung verlor oder gar polemisch geworden ist. Nur….
Schon im ersten Redebeitrag zeigten sich jedoch erhebliche qualitative Unterschiede der Rednerinnen. Während das von Frau Bas vorgestellte Konzept schlüssig schien, verursachte Frau Flach Raunen und Kopfschütteln.
Insbesondere die Frage ob wir von einer Pauschale oder einem Beitrag reden war schnell einer der Streitpunkte. Daneben aber auch die Vorstellung des „Sozialausgleichs“.
Frau Flach wollte sich zudem in keinem Bereich festlegen. Weder bei der Höhe, noch bei der genauen Ausgestaltung, noch sonstigen Fragen. Sie verwies konsequent darauf, dass noch nichts entschieden sei, alles offen wäre und man mal sehen müsse. Dem Zuhörer war nach ungefähr 30 Sekunden klar: Frau Flach vermeidet Aussagen vor der Landtagswahl wie der Teufel das Weihwasser.
Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass einige Details durchsickerten.
Zur Frage des Sozialsystems sagte sie, dass Geringverdiener und Großverdiener jeweils über das Steuersystem kompensiert würden. Meine Frage wie das bei Nicht-Steuerzahlern (H-IV, teilweise Rentner, etc.) aussehen würde, hat sie nicht beantwortet. Vermutlich war sie irritiert, dass ich fragte ob die FDP eine negative Einkommensteuer einführen würde. Ebenso ignorierte sie den Hinweis, dass folgende Ausführung unschlüssig sei:
Auf der einen Seite vertritt sie als stellv. Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag Steuersenkungen – z. B. für Hotelbesitzer. Auf der anderen Seite beklagt sie fehlende Steuereinnahmen zur Finanzierung des Gesundheitssystems.
Warum der Beitrag für die Arbeitgeber weiter prozentual berechnet wird, für die Arbeitnehmer nicht, wollte ich wissen. Eine Antwort bekam ich leider nicht.
Ebenso wich sie der Frage aus, wie sich die FDP den von ihr erwähnten „gesunden Wettbewerb“ unter den Krankenkassen vorstelle.
Dafür aber formulierte sie die „Beitragshöhe“ so, dass der einfach Zuhörer den Eindruck haben musste, die Höhe der „Pauschale“ sei bei der FDP genau so hoch wie sein Beitrag jetzt. Frau Flach legte Wert auf diese Feststellung. Jedoch implizierte sie, dass lediglich zum Zeitpunkt x, also der Umstellung diese Bedingung erfüllt sei. Unmittelbar bei x+n folgende „Anpassungen“ schloss sie nicht aus.
Sehr schön auch der Hinweis, niemand wolle ein Gesundheitssystem wie in den USA (vor Obama), in dem nur die versichert waren, die es sich leisten konnten. Dieser Hinweis kam nur wenige Minuten nach ihrer Aussage, dass die FDP sich leider nicht in der Koalition durchsetzen konnte, ein reines Privatkassen-Modell zu verwirklichen. In dem, man merkt es schon…
Natürlich wurde sie auch auf Lobbyisten im Gesundheitsministerium angesprochen. Diese sind nach ihrer Aussage jedoch kein Problem, weil es Lobbyisten schließlich auch an anderer Stelle zu finden gibt. In sofern findet sie die rang-hohe Mitwirkung eines Vertreters der Privaten Krankenversicherung absolut in Ordnung.
Ich könnte noch weitere Beispiele bringen, aber keines mehr ist so schön wie das Zitat von Frau Flach in der Überschrift dieses Artikels. Die Implikation bei mir möchte ich gar nicht ausformulieren.
Im Fazit bleibt jedoch die Feststellung, dass Frau Flach sehr gut vorbereitet zu dem Termin gekommen ist, Ruhe bewahrt hat und nichts weiter gemacht hat, als mit vielen, gut gewählten Worten, Allgemeinplätze von sich zu geben.
Damit man mich richtig versteht: Ich laste das gar nicht ihr an. Sie wird gar keine andere Möglichkeit haben. Es ist einfach nur ein weiteres Zeichen für die Politik, die die FDP betreibt. Und insbesondere dafür, dass sie jetzt vor der Richtungswahl in NRW bemüht ist, den Wählern möglichst viel Sand in die Augen zu streuen.
Frau Bas und Frau Flach boten jedoch an, im Herbst an einer weiteren Veranstaltung teilzunehmen, wenn die FDP genauere Daten liefern kann. Ich persönlich freue mich schon darauf. Und werde auch wieder Fragen stellen.
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Edit: Es hat sich ein Tippfehler in der Überschrift eingeschlichen. Richtig ist:
„Ich halte das deutsche Steuersystem in seiner Grundsubstanz für gerecht.“
Falsch war:
„Ich halte das deutsche Steuersystem in seiner Gesamtheit für gerecht.“
Die Redaktion bittet das Versehen zu entschuldigen!