Steinmeier macht Merkels Regierungsverweigerung mitverantwortlich für mögliches Zerfasern des Parteienspektrums nach rechts
Leipzig (ots) – SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die anhaltende Regierungsverweigerung eine Mitverantwortung für ein mögliches Zerfasern des Parteienspektrums am rechtspopulistischen Rand auch in Deutschland vorgeworfen. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe) sagte Steinmeier: "Jedenfalls erleben wir gerade eine Phase, in der eine Bundesregierung die Verantwortung nicht annimmt, für die sie gewählt worden ist. Und das schadet nicht nur den sie tragenden Parteien, sondern der Politik insgesamt. Es verstärkt den Frust über Politik. Das führt im ersten Schritt zur Abwendung, zur Wahlenthaltung, aber selbstverständlich ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich einige entschließen, einen eigenen Weg mit eigenen Parteien zu gehen." Diese gewählte Regierung sollte sich endlich entschließen zu regieren, statt sich täglich in gegenseitigen Beschimpfungen zu überbieten und sich darin auch schon zu erschöpfen. "Wenn die Deutschen aus dem Sommerurlaub zurückkommen, kehren sie in ein Land zurück, das seit einem Jahr nicht mehr regiert wird."
Zugleich zeigte sich Steinmeier traurig darüber, dass angesichts der derzeitigen Regierungskrise viele Bürger wohl erst jetzt wüssten, was sie an den zurückliegenden SPD-Regierungen im Bund gehabt hätten. "Bei einem Blick auf die CDU-Regierungsmannschaft von heute fällt doch jetzt jedem auf, dass es eben nicht egal ist, wer in einer Regierung sitzt. Denen fehlen Köpfe, die mit Mut und Kraft an die Lösung der wirtschaftlichen Probleme herangehen", meinte Steinmeier. "Viele Menschen entdecken jetzt, wie gut diesem Land Sozialdemokraten in der Regierung getan haben", fügte der SPD-Fraktionschef hinzu.
Mit Blick auf die in der FDP ausgebrochene Debatte um eine Neupositionierung in Inhalts- und Koalitionsfragen zeigte sich Steinmeier unsicher, ob die Liberalen mit Guido Westerwelle den Weg zurück in die Wirklichkeit finden könnten. "Die FDP stand im Bundestagswahlkampf mit beiden Füßen in den Wolken. So zu tun, als habe sich die Welt seit dem Verlust ihrer Regierungstätigkeit 1998 nicht weitergedreht und als ob alles nur auf genialische Ideen aus dem Bereich des Irrealen von FDP-Ministern wartete, das war eine gefährliche Selbsttäuschung gefolgt von achtmonatiger absurder Selbstinszenierung. Das rächt sich jetzt bitter." Ob die FDP mit Guido Westerwelle den Rückweg zur Realität finde, wollte Steinmeier nicht beurteilen. "Jedenfalls fällt auf, dass unter denjenigen, die jetzt über eine Neuausrichtung der FDP reden, der Name Westerwelle nicht dabei ist."