Duisburg Marxloh: Katzen-Posting löst Massenhetze im Netz aus
Ein Facebook-Posting hat gereicht, um im Netz eine Massenhetze auszulösen, die jetzt die Polizei und wohl auch in dem Zusammenhang den Staatsschutz auf den Plan ruft.
Vor 2 Tagen stellte die Katzenschützerin Silvia N. einen Post ein, in dem sie behauptet, dass auf einem Hinterhof an der Weseler Straße bulgarische und rumänische Jugendliche unterwegs seien, die mit dicken Seilen Katzen erschlagen würden. Des Weiteren würden sie die Katzen foltern. Eine Katze hätten sie sogar ausgeweidet, die Innereien vor Ort belassen und den Kadaver mit genommen.
14 Katzen sollen verschwunden sein und ebenso seien tote Tiere gefunden worden. Man solle auch auf seine Hunde aufpassen, da die Täter es auch auf Diese abgesehen hätten.
Innerhalb kürzester Zeit erreichte der Beitrag über 300 Kommentare, die teils an Widerwärtigkeit nicht zu überbieten waren. Nach kurzer Zeit waren die Fakten nicht mehr von Interesse, sondern lediglich die Lust an blanker Hetze. Inzwischen hat die Autorin des Beitrages größtenteils die Hasskommentare gelöscht und sich distanziert. Der Redaktion liegt jedoch eine Kopie des Verlaufes vor, der besagte Kommentare noch enthält.
Derselbe Verlauf wurde im Rahmen eines Hinweises an die Polizei Duisburg gesandt. So werden sicher einige der Kommentatoren demnächst Post vom Staatsschutz bzw. der Staatsanwaltschaft erhalten und mit einer empfindlichen Bestrafung rechnen können.
Was Menschen dazu treibt, sich dermaßen zu artikulieren bleibt zunächst ein Rätsel. Ist dieses eine Form des Abreagierens, oder wie teilweise vermutet wird, eine konzentrierte rechte Attacke, um Unruhe zu stiften. Besonders beschämend wird es, wenn man die Facebook-Profile der Hetzer ansieht. Meist sind es Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft, mit eigenen Kindern und geregelter Arbeit.
Carmen G. schreibt: „Habt ihr keinen mit einem Waffenschein der mal in die Luft ballert und Ihnen somit einen Schrecken einjagt“
Sandra F. „Boah die sollten mal richtig was auf ihre…. fr……. bekommen. Man sollte sich in dieser Strasse zusammen tun und dafür sorgen das die nicht mehr hier sein möchten. So ein Abschaum“
Hildegard N. „Auf die Lauer legen und denen ordentlich einen überbraten, damit sie damit aufhören“
Cordula B. „Da es in Marxloh ist, wird dort die Polizei nicht viel ausrichten, da herrschen andere Gesetze, leider“
Cordula B. „gibt es da keine Bürgerwehr. Andere Gesetzte erfordern andere Maßnahmen.“
Gerhard M. „das Viertel ist fest in Anatolischer Hand, welche Bürgerwehr soll das dann sein“
Gabriele G. „Man muss noch mehr Pack hier ertragen .Bei uns werden von 5 Personen Leute zusammengeschlagen und beklaut .“
Leon L. „Was sind das für drechsschweine. Ja nur mehr pack hier rein holen man siehr ja wie unser land untergeht…. mistpack hoffe die schmoren in der hölle!“
Mi Ma : „Bitte nicht verwechseln. Es sind zu 99% Sinti und Roma die zufällig aus Bulgarien oder Rumänien kommen. Dort ist man froh, dass man sie los ist.“
Renate D. Ich kann nur sagen ab ins Versuchslabor mit diesen Kreaturen
Auch gibt es sehr kreative Auslegungen, was Volksverhetzung ist und was nicht so schreibt
Elisabeth B. „…waren sie schon mal in Marxloh????? Haben sie diese Leute gesehen???? Und ja diesen traue ich es zu, das hat nichts mit Volksverhetzung zu tuen.“
Dieses ist ein Ausschnitt der „harmlosen“ Kommentare. Die Beiträge, in denen aktiv dazu aufgerufen wird diesen angeblich existierenden Kindern die Hände abzuschneiden, sie zu töten oder Ähnliches wollen wir wegen der geschilderten Grausamkeiten nicht veröffentlichen.
Bemerkenswert wird das Ganze, wenn man die öffentlichen Profile der Kommentatoren durchforstet. Leon L., die Frau die Kinder als Dreckschweine bezeichnet posiert dort lächelnd mit ihren Kindern.
Gabriele G. präsentiert ihre Plüschigelsammlung.
Carmen G., die auffordert mal jemanden mit einem Waffenschein zu suchen wohnt im hessischen Oberbeisheim, also fernab von Marxloh. Sie arbeitet bei einem Medizinbedarfshersteller
Elisabeth B., die Dame mit der besonderen Auslegung, was keine Volksverhetzung sei hat laut ihrem öffentlichen Facebook-Profil die Katholische Zentralschule für Kranken- und Kinderkrankenpflege besucht und arbeitet heute im Helios Klinikum in Duisburg.
Hildegard N., die den Kindern mal richtig eins überbraten will lebt in Düren, also auch weit weg von Marxloh und betreibt dort einen Tabakladen.
Renate D., die Frau, die Kinder als Kreaturen bezeichnet und sie ins Versuchslabor stecken will lebt nach ihrer Facebookseite in Rheinland-Pfalz und teilt besonders gerne AFD Beiträge.
Diejenigen, die hier Hasskommentare schlimmster Art hinterlassen sind nicht diejenigen, die man üblicherweise der Neonaziszene zuordnet. Es sind ganz normale Bürgerinnen und Bürger mit netten Kindern, einem guten Job, vielleicht dem Häuschen im Grünen. Sie sind selbständig, arbeiten in Kliniken oder sozialen Einrichtungen. Was sie eint ist ihre Liebe zu Katzen und was sie eint ist, dass sie sich über diese Katzenliebe bis zur Volksverhetzung radikalisiert haben.
Bezirkspolitik und Kirche schalten sich ein
Zwischen den vielen Hasskommentaren findet man schnell Statements des SPD-Bezirkspolitikers Claus Krönke aus Marxloh, der verbal versucht, die Hass-Spirale durch Argumente und Hinterfragen einzudämmen, was auch sehr gut gelingt.
Pfarrerin Anja Humbert von der evangelischen Bonhoeffer Gemeinde in Marxloh schaltet sich ebenfalls ein und versucht durch Beiträge die Lage zu deeskalieren.
„Ich war vollkommen geschockt, als ich diese Dynamik in der Diskussion abends auf Facebook gesehen habe“ erklärt Krönke gegenüber der Redaktion im Telefoninterview. Er habe sofort die Beitragsautorin angeschrieben, ob sie sich überhaupt bewusst sei, was sie hier durch die fehlende Moderation des Beitrages los getreten hat. Inzwischen seien die schlimmsten Hasskommentare gelöscht, jedoch eskaliert die Situation immer wieder. Er habe zudem gestern die Polizei eingeschaltet, um einerseits aufzuklären, ob etwas an den Behauptungen dran sei und natürlich auch, um gegen die strafbewehrten Hasskommentare vorzugehen.
Auch Bezirksbürgermeister Marcus Jungbauer ist schockiert von den Ereignissen im Netz. Mit ihm steht Krönke in Kontakt und tauscht sich über den aktuellen Sachstand aus.
Wichtig sei aber zunächst zu überprüfen, was an der Geschichte überhaupt dran ist. Den Hof habe er aufgrund der Beschreibungen lokalisiert und war vor Ort. Ein ganzer Teil des Geländes sei videoüberwacht und die Betreiber der Anlagen haben ihm zugesichert mit der Polizei zu kooperieren, wenn diese die Videodaten auswerten möchte.
„Ich kann Jedem nur dringend raten genau zu überlegen, was er mit welchen Worten ins Netz stellt, so die Stimme aus der Politik.“ Im Internet gelten dieselben Regeln wie in der realen Welt und man findet sich sehr schnell vor dem Richter wieder, wenn man falsche Behauptungen verbreitet oder meint, mit Hasskommentaren Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Polizei soll vor Ort gewesen sein
Wie die Autorin des Beitrages schreibt, hat es inzwischen einen Vor Ort Termin der Polizei gegeben. Die Hasskommentare habe sie gelöscht, nachdem sie erkannt hat, dass diese zur Löschung des Beitrages durch Facebook führen kann. Inzwischen steht fest, dass das gesamte Posting auf Hören-sagen beruht. Die abgebildete tote Katze zeigte offensichtlich keine Gewaltspuren und wurde zur Obduktion gegeben um festzustellen, ob sie eines natürlichen Todes gestorben sein könnte.