Mehr Wohnraum durch niedrige Kreditzinsen? Mietpreisbremse? Die Politik spricht über Zwangsenteignungen – welche Alternativen gibt es?
Die Mieten werden immer teurer. Freie Wohnungen sind in den Städten und Ballungsgebieten Mangelware. Der Ruf nach bezahlbaren Unterkünften wird stetig lauter und eine wirkliche Lösung ist nicht in Sicht. Da kommen von Zeit zu Zeit auch einmal Ideen ans Tageslicht, die zwar aus der einen Perspektive sinnvoll erscheinen, aus der anderen jedoch auf massive Gegenwehr stoßen. Doch ist es zweckmäßig, bereits bestehende Immobilien umzuverteilen, wenn Wohnraum ohnehin knapp bemessen ist?
Probleme trotz günstiger Kredite – wie kann das sein?
Die Zinssätze für Kredite und Immobilienfinanzierungen sind so niedrig wie selten zuvor. Doch gebaut wird nicht in den Städten, obwohl es dort dringend nötig wäre. Stattdessen wird auf dem Land Wohnraum geschaffen, und zwar viel mehr, als überhaupt Bedarf vorhanden ist.
Wo früher noch die Kinder und Enkel den Familienbesitz übernommen und ihn vielleicht noch um einen Anbau erweitert haben, wird heute neu gebaut. Schließlich sind nicht nur die Zinsen niedrig, sondern auch die Grundstückspreise in ländlichen Gegenden vergleichsweise günstig.
Altbauten werden daher immer unattraktiver. Viele verfallen zusehends oder werden für kaum mehr als ein Taschengeld verkauft. Die Leerstände verschandeln die Dorfkerne und neu gebaut werden fast ausschließlich Einfamilienhäuser. Doch wer versucht, ein bezahlbares Baugrundstück in Innenstadtnähe zu finden, wird sehr schnell feststellen müssen, dass dieses Unterfangen beinahe unmöglich ist. Für die Summen, die dafür aufgebracht werden müssen, könnte man auf dem Land gleich 3 höherklassige Einfamilienhäuser bauen.
Städter aufs Land locken?
Wenn ein Städter das Glück hat, kreditwürdig zu sein und sogar ein freies Grundstück zu ergattern, ist häufig tatsächlich der Kaufpreis das Hindernis. Denn dieser beträgt oftmals ein Vielfaches dessen, was sich der Kunde leisten kann. Wird der Kredit dennoch gewährt, verschieben sich die Probleme teils nur um ein paar Jahre, nämlich bis die Anschlussfinanzierung nach der Zinsbindung fällig wird. Hier merkt dann oft auch der Letzte, dass er sich übernommen hat.
Statistiken zeigen immer wieder, dass die Arbeitslosigkeit in der Stadt höher ist als auf dem Land. Warum sollten also Städter nicht einfach aufs Land ziehen? Es könnte die Lösung des Problems sein – wenn die Daten in den Statistiken sauber wären. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht der Fall. So werden zum Beispiel Berufspendler in die Statistik ihres Heimatortes hineingerechnet und gelten somit als Berufstätige auf dem Land. Würden diese Personen nicht pendeln, wären sie unter Umständen arbeitslos. Diesen Platz könnten dann nicht berufstätige Städter für sich beanspruchen. Tatsächlich gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass sich die Arbeitslosenquote von Stadt und Land nahezu angleicht, wenn die Pendler anders berücksichtigt werden.
Einige Stimmen fordern daher, die Arbeitslosen aus der Stadt aufs Land zu schicken. Dies stößt jedoch auf Gegenwehr, denn wer ohnehin schon Geldsorgen hat, hat es auf dem Land ungleich viel schwerer. Das Hauptproblem einer ländlichen Gegend ist schließlich nicht die frische Luft oder das viele Grün drumherum. Das Hauptargument gegen die Dörfer ist schlicht die fehlende Infrastruktur. Und dies gilt für Arbeitslose und berufstätige Menschen gleichermaßen. Busse, die dreimal täglich fahren oder sogar nach 18 Uhr gar keine Möglichkeit mehr bieten, nach Hause zu kommen, sind keine Seltenheit.
Zudem gibt es Orte, die mehr als 50 km von der nächsten Autobahn entfernt sind. Das ist auch für Pendler ein absoluter Negativpunkt bei der Auswahl des zukünftigen Wohnortes. Darüber kann ein günstiger Kredit für den Bau (oder Kauf) einer eigenen Immobilie nicht hinwegtrösten.
Was also kann die Gesellschaft unternehmen, um die Wohnungsnot in Ballungsräumen zu lindern? Sicher gibt es kein Allheilmittel. Auch wirft jeder neue Vorschlag neue Fragen und Probleme auf.
Fakt ist: Wo kein Land ist, kann auch nicht gebaut werden. Die bestehenden Gebäude sind ausgelastet. Solange also keine neuen Wohnungen entstehen, wird sich an der Situation nichts ändern.
Denkbar wäre zum Beispiel, die ländliche Gegend für Anwohner attraktiver zu machen. Das betrifft die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel genauso wie die an wichtige Hauptverkehrsstraßen. Die gesamte Infrastruktur, inklusive Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten, muss interessanter und attraktiver gestaltet werden. Leider steht dafür in den meisten Fällen kein Geld zur Verfügung. Vielen Kommunen fehlen aufgrund der geringen Gewerbedichte die Einnahmen für derartige Projekte. Wegen der Einwohnerschwäche kommen aber auch keine neuen Gewerbebetriebe hinzu. Ein Teufelskreis, der schwer durchbrochen werden kann.
Eine weitere Möglichkeit machen uns die wirklich großen Städte der Welt vor: den Wohnraum von der Erde weg verlagern. Entweder nach oben oder ins Wasser. Wobei deutlich gesagt werden muss: In Deutschland liegen die meisten Städte mit Wohnraummangel nicht direkt am Meer. Wenn jedoch die Regierung den Bau von Hochhäusern unterstützen würde, sodass Neubauten gleich um ein Vielfaches höher wären als bisher, könnte sich die Lage ein wenig beruhigen.
Es bleibt auf jeden Fall spannend, wie sich die Situation sich in den nächsten Jahren entwickeln wird.