Behinderte und Kranke in Sauerlands Duisburg nur Staatsbürger 2.Klasse
Die Diskussion um die Gültigkeit der Unterschriften zur Abwahl des Duisburger OB Sauerland brachte einen bisher nicht bekannten Aspekt an das Tageslicht, der in einer Ratsvorlage 07-1350 der Stadt Duisburg vom 4.9.2007 dokumentiert ist. Es ging dort um ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf des Klinikum Duisburg, das knapp an der Stimmengrenze gescheitert ist. Das Wahlamt strich u.a. Unterschriften, die ein anderes Schriftbild bzw. mit anderer Kugelschreiberfarbe geschrieben waren.
Die Begründung: „ Die nach § 26 Abs. 4 S. 2 GONRW i.V.m. § 25 Abs. 4 GONRW erforderlichen Angaben zum Namen, Vornamen, Geburtsdatum und zur Anschrift müssen von der Person eingetragen worden sein, die auch die Unterschrift geleistet hat. Mit der eigenen Unterschrift erklärt sich der Bürger dazu bereit, ein Bürgerbegehren zu unterstützen und ihm möglicherweise zur Zulässigkeit zu verhelfen und übernimmt damit in einem Teilaspekt eine Verantwortung für das Wohl der Gemeinde. Vor diesem Hintergrund ist die gesetzliche Regelung zu verstehen. Aus diesem Grund kann die Eintragung in die Listen nur eigenhändig erfolgen, eine Stellvertretung findet nicht statt.“
Jetzt haben das aktuelle Bürgerbegehren zur Abwahl von Herrn Sauerland in Duisburg aber zahlreiche Personen unterschrieben, denen es aus diversen Gründen schwer fiel, die Eintragung der Adressdaten selbst vorzunehmen und die sich deshalb auf die Unterschrift beschränkt haben, während der Eintrag der Daten von einem Vertreter vorgenommen wurde. Dazu zählen insbesondere sehbehinderte und Blinde. (Im letzteren Fall hat der Autor selbst in einem Fall die Angaben eines blinden Duisburger nach dessen Vorgabe eingetragen und danach hat der Blinde die Unterschrift geleistet.) Hinzu kommen Rollstuhlfahrer sowie ältere und gebrechliche Mitbürger, deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, die aber unbedingt ihre Unterschrift abgeben wollten. In aller Regel hat die Begleitperson die Adressdaten ausgefüllt.
Nach der Interpretation der Duisburger Verwaltung sind diese Unterschriften alle ungültig, weil der genannte Personenkreis keine Verantwortung für das Wohl der Gemeinde mehr übernehmen kann.
Schaut man sich die angeführte rechtliche Begründung an, so lautet § 26 Abs. 4 S. 2 der Gemeindeordnung NRW ganz lapidar: „Die Angaben werden von der Gemeinde geprüft“ und § 25 Abs. 4: „Jede Liste mit Unterzeichnungen muß den vollen Wortlaut des Antrages enthalten. Eintragungen, welche die Person des Unterzeichners nach Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Anschrift nicht zweifelsfrei erkennen lassen, sind ungültig. Die Angaben werden von der Gemeinde geprüft.“
Damit lässt sich die Vorgehensweise der Duisburger Stadtverwaltung nicht begründen, auch ein Urteil, aus dem eine Ungültigkeit für die genannten Fälle abgeleitet werden kann, gibt es nicht. Es würde auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen. Damit werden aber gerade die Kranken und Schwachen, die sich am politischen Willensbildungsprozess beteiligen möchten, ihrer demokratischen Grundrechte beraubt und zwar ohne rechtliche Grundlage und damit rechtswidrig.
Bei Bürgerbegehren in den Jahren 2001 und 2002 unter der Vorgängerin von Herrn Sauerland gab es ein solches Verständnis von Demokratie jedenfalls nicht, die Einträge wurden alle gewertet.
Heute ist man in Duisburg besser nicht krank oder behindert oder hat etwa Gicht, den Arm gebrochen oder eine schwere Zerrung, zumindest dann nicht, wenn man eine Unterschrift zur Abwahl des OB leisten möchte und dazu einen Stellvertreter bitten muss, die Adressdaten einzutragen weil man es selbst nicht mehr kann. Pech gehabt, Deine Stimme zählt nicht. Man wird so zum Staatsbürger 2.Klasse degradiert. Eine zweifelhafte Errungenschaft der Ära Sauerland.