Steinbrück bei Beckmann: Krise ist eine Zäsur
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Vielleicht könnten sich manche erinnern; aber auch wenn nicht: ich will ehrlich sein. Ich war nicht immer einer Meinung mit den finanzpolitischen Auffassungen Peer Steinbrücks. Und, um ganz ehrlich zu sein: auch heute – so schnell ändert man seine Grundüberzeugungen nun einmal nicht – stimme ich nicht mit Steinbrück überein, ist doch sein Denken vom Monetarismus durchzogen.
Dies vorweg. Doch, und dies ist am Montag Abend in der ARD-Sendung Beckmann sehr deutlich geworden: Peer Steinbrück hat eine klare Vorstellung von der (keineswegs vergangenen, sondern) gegenwärtigen Krise. Und auch dies sei gesagt: als es drauf ankam, unter seiner Verantwortung als Bundesfinanzminister, hat er die dramatische Situation ganz gut gemanagt.
Keine besonders originelle Feststellung; aber ich wollte es halt auch einmal sagen. Es sagen zwar alle, aber eben auch die Mehrheit der Ökonomen, die dem monetaristischen Mainstream in Deutschland ebenso ablehnend gegenüber stehen wie ich.
Und ich will auch keinen Hehl daraus machen, dass mein Vertrauen in meinen Genossen Steinbrück sich in starken Grenzen hielt. Ich war wirklich in Sorge, dass er in diesen Wochen größter Gefahr die Sache verbocken könnte.
Keine Frage: ich lag daneben. Nicht in Hinsicht auf die Dramatik und das Ausmaß der Weltfinanz- und Wirtschaftkrise, sondern in Bezug auf Peer Steinbrück. Die ARD-Talkshow am Montag Abend rief mir dies deutlich in Erinnerung. Da fragt ihn der
Reinhold Beckmann: “War die Krise das Beste, was ihrer persönlichen Karriere passieren konnte?”
Peer Steinbrück: “Das wäre sehr zynisch.”
Reinhold Beckmann: “Trotzdem ist die Frage berechtigt.”
Peer Steinbrück: “Nein, die ist nicht berechtigt. Die Auswirkungen dieser Krise – und ich fürchte, dass Frau Schmidt und viele Recht haben – die wird uns noch viel länger beschäftigen. Ich glaube, wir sind sehr stark illusionsverliebt. Oder nicht verliebt, aber sehr illusionär behaftet zu glauben, dass diese Krise so etwas ist, wie wir das gelegentlich im Auf und Ab von Konjunktur erlebt haben.
In meinen Augen ist dies eine Zäsur – mit sehr weitreichenden Auswirkungen, globaler Veränderungen, aber auch bezogen auf die Gesellschaft. Die sitzt bei vielen Menschen sehr tief als ein Versagen dieses Wirtschafts- und Ordnungsmodells.”
Mit zu Gast in der Beckmann-Sendung war Susanne Schmidt, die Tochter von Loki und Helmut Schmidt. Sie stellte dort ihr kürzlich erschienenes Buch vor.
Markt ohne Moral:
Das Versagen der internationalen Finanzelite
Verlag: Droemer/Knaur
1. Auflage 2010
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
19,95 € [D]
ISBN-10: 3426275414
ISBN-13: 978-3426275412
Sowohl Frau Schmidt als auch Herr Steinbrück machten deutlich, dass die Gefahr keineswegs gebannt ist, dass – im Gegenteil – die Zocker wieder zu Werke gehen, als sei nichts geschehen.
Susanne Schmidts Buch dürfte sehr lesenswert sein. Peer Steinbrück schreibt gerade auch an einem Buch, das im Herbst erscheinen soll. Irgendwie geht es mir mit Peer Steinbrück ganz ähnlich wie mit Frau Schmidts Vater, dem großen Weltökonomen Helmut.
Man kann über diese beiden Sozis aus dem hohen Norden denken, was man will. Man kann und – wie ich finde – soll ihre ökonomischen Grundannahmen ablehnen. Aber man muss einräumen: die sind nicht von Dummsdorf und liegen manches Mal ziemlich richtig.
Man muss die Verehrung, die ihnen das Volk entgegenbringt, nicht mögen; sie mag einem sogar suspekt sein. Aber man muss zugeben: es sind echte Typen. Alle beide. Eben auch der Peer Steinbrück.