Ex-Zebra Voß zieht es zurück nach Bayer
Lange war es sehr still um Ex-Profi Andreas Voß. Mit dem Fußball hat er dennoch nie aufgehört. Auch die Entwicklung beobachtete er akribisch.
Nach einer kurzen aber kreativen Schaffenspause, nahm der ehemalige Mittelfeldspieler (Bayer Leverkusen, MSV Duisburg, VfL Wolfsburg) nun erneut ein Angebot im Jugendfußball an.
Die Sportredaktion von Xtranews sprach jetzt, natürlich corona-konform, ausführlich mit ihm, über aktuelle Themen die den Fußball bewegen und seine neue Aufgabe im Förder- und Leistungszentrum in Krefeld-Uerdingen.
Andreas, hoffentlich bist du optimistisch und gesund in das neue Jahr gestartet. Hast du für 2021 einen besonderen Wunsch oder neue Jahr?
Voss: „Danke der Nachfrage. Ja, auch in diesen besonderen Zeiten bin ich dennoch gut und wie immer optimistisch ins neue Jahr gestartet. Und mein besonderer Wunsch wäre der, den wohl so manch anderer auch hat, nämlich dass wir bald zum „normalen“ Leben zurückkehren können und der Corona-Virus endlich keine Rolle mehr in unserem Alltag spielt. Dies wird vielleicht durch das Impfgeschehen um uns herum beschleunigt.“
Welche Rolle spielt das Coronavirus denn aktuell in deinem Alltag?
Voss: „Privat bin ich zum Beispiel stark mit dem „Home-Schooling“ meiner Kinder beschäftigt. Das ist nicht ganz so einfach. Eltern können einen Lehrer nur bedingt ersetzen. Beruflich ist es so, dass ich, als Trainer beim FLZ Bayer 05 Uerdingen, leider keine Trainerstunden abhalten kann. Mir fehlt es natürlich auf dem Platz zu stehen.“
Können deine Kinder mit dir in der Rolle des Lehrers gut umgehen?
Voss: „Ich denke, dass sie das für diese gewisse und absehbare Zeit prima hinbekommen.“
Du hast es eben schon angesprochen. Die Sportstätten sind geschlossen. Auch der Covestro Sportpark, wo du jetzt tätig bist, ist aktuell zu. Befürchtest du eine Generation von Fußballern durch den harten Lockdown zu verlieren?
Voss: „So weit würde ich noch nicht gehen. Allerdings findet die aktuelle Aus- und Weiterbildung von jungen Fußballern schon unter deutlich erschwerten Bedingungen statt. Besonders hinsichtlich der Spielpraxis. Auch die Junioren-Bundesliga ruht schon länger.“
Viele werden den Sprung aus dem NLZ in den Profibereich nun nicht mehr machen können, oder?
Voss: „Es wird jetzt zumindest deutlich schwieriger den ganzen Junioren zur höchstmöglichen Entwicklung zu verhelfen, da die dafür notwendigen „Tools“ doch arg eingeschränkt sind. Die Politik lässt einem da wenig Optionen als Trainer. Fußball ist kein Sport für das Kinder- oder Wohnzimmer. Als Fußballer muss man auf den Platz. Auch für das Teamgefüge.“
Ist Deutschland nicht digital genug oder bist du generell gegen Onlinetraining?
Voss: „Virtuelles Training kann ein reales Training auf dem Platz niemals ersetzen. Selbst dann nicht, wenn man eines Tages ein Trainingsvideo von YouTube dreidimensional in die Wohnung projizieren kann.“
Andreas, du hast nahezu alle U-Nationalmannschaften durchlaufen dürfen. Wie stehst du zu der aktuellen Debatte? Der Jugendfußball in Deutschland steht ja auf dem Prüfstand. Manche fordern mehr Straßen-Fußballer. Wie siehst du das?
Voss: „Ich denke, dass das Problem nicht die Jugendlichen direkt betrifft. Es spielen heute bestimmt nicht weniger Fußball bzw. nicht weniger haben den Traum Fußballprofi zu werden wie zu meiner Zeit, zum Beispiel. Die Ausbildung an sich ist da eher das Problem. Oder aber die Trainer in den Nachwuchsleistungszentren. Vielleicht wird aber auch zu wenig „praxisnah“ vermittelt.“
Was müsste man anders machen?
Voss: „Also zunächst habe ich früher, im Jugendbereich, von einem Thomas Hörster oder Peter Hermann, einfach am meisten gelernt. Da wurde wirklich aus der näheren Praxis etwas weitergegeben. Beide waren selbst ehemalige Fußballprofis. Heutzutage denkt doch schon oft jeder Student, Sportjournalist oder sonst wer, er wäre ein guter Fußballtrainer, wenn er einen Wochenendkurs, oder zwei YouTube Videos gesehen hat und einen Ball dreimal hochhalten kann. Nehmen wir den Drittligisten MSV Duisburg. Da ist sogar selbst in der U-19 kein praxisnaher, ehemaliger Fußballprofi als Trainer angestellt worden. Unfassbar, als eigens ausgerufener Ausbildungsverein. Das Knowhow von Ehemaligen ist unheimlich wichtig in einem Verein. Daher ist dort auch die Durchlässigkeit immer noch arg eingeschränkt. Auch wenn man jetzt zuletzt den ein oder anderen „oben“ gesehen hat. Da geht viel mehr in Duisburg, besonders mit der U19 und U17. Weiterhin müssten im NLZ die Trainingsinhalte verändert werden. Es muss mehr die Individualität des Spielers in den Vordergrund gerückt werden. Und auch der Ball natürlich. Dies ist bei sehr vielen Vereinen sehr „verwässert“ worden mit der Zeit.“
Wenn ein Andreas Voß heute noch einmal U19 Juniorenbundesliga Spieler wäre, was würde er jetzt im Lockdown tun, um sich für den Bezahlfußball anzubieten?
Voss: „Ich würde selbständig in Eigenverantwortung, täglich mit dem Ball Übungen machen. Im Park, im Wald, auf der Straße, im Garten, im Haus, in der Wohnung, überall. Ich würde den Ball mit ins Bett nehmen. Ohne diese Verrücktheit geht es nun mal nicht. Zudem würde ich alles lesen und aufsaugen was mit Fußball zu tun hat. Literatur gibt es genügend. Und dort ist es mir auch egal ob es ein klassisches Buch oder ein E- Book ist.“
Aktuell bist du als Trainer in Uerdingen im Covestro Sportpark zu finden. Du hast die UEFA A Lizenz und bringst Kinder und Junioren vieler Vereine sportlich nach vorne. Wie vermittelst du diese eben genannte „positive Verrücktheit“?
Voss: „Wirklich eine gute Frage. Letztlich muss jeder Jugendliche diese Verrücktheit selbständig entwickeln bzw. am besten schon von Beginn an mitbringen. Hier kann ich eigentlich „nur“ mit gutem Beispiel voran gehen und den Jugendlichen drauf hinweisen. Dies tue ich aber auch wenn man erkennen kann das es da mangelt, immer gerne und mit konkreten Beispielen aus meiner Karriere. Das hilft häufig.“
Du warst als Profi unter anderem Spieler bei Bayer Leverkusen und spielst unseren Informationen nach, auch immer wieder Mal für die Traditionself von Leverkusen. Kam daher der Kontakt zu Bayer Uerdingen?
Voss: „Das stimmt. Und es macht richtig Spaß mit Fußballern, wie einem Bernd Schneider, Simon Rolfes oder Hans-Peter Lehnhoff, in einer Mannschaft zu spielen. Auch, wenn wir mittlerweile Altherrenfußballer sind. Der Kontakt zum FLZ Bayer 05 Uerdingen kam allerdings anders zustande. Dennis Gerritzen, den ich vom MSV Duisburg her kenne und schätze, sagte mir, dass er federführend das Projekt FLZ Bayer 05 Uerdingen aufziehen will. Er erklärte mir, in vielen Gesprächen, was er genau vorhat. Er hat in seiner Zeit unter anderem beim MSV schon einen guten Job gemacht und überzeugte mich, so dass ich ihm umgehend sagte, dass ich dabei bin. Stimmig war, dass die weiterführenden Gespräche mit Jörg Heydel, dem Geschäftsführer des SC Bayer 05 Uerdingen, dann auch sehr professionell und seriös waren.“
Was genau hat dich an dem Projekt FLZ05 in Uerdingen gereizt?
Voss: „Zunächst finde ich es immer spannend Jugendliche bei ihrem Traum vom Fußballprofi zu unterstützen. Zweitens ist die Infrastruktur bei Bayer 05 Uerdingen einzigartig und mit nichts zu vergleichen im näheren Einzugsgebiet. Der Covestro Sportpark ist total modern und bietet alle erdenklichen bespielbaren Untergründe. Drittens sind wir vom Know-how her in allen Bereichen absolut top aufgestellt! Jeder ist ein echter Fachmann und zertifiziert.“
Für wen lohnt es sich ein Training bei dir oder einem deiner Kollegen zu buchen?
Voss: „Prinzipiell kann jeder, der sich noch weiter verbessern will und motiviert ist, zu uns kommen! Wir bieten verschiedene Trainingsmodelle an, von Einzel-/Kleingruppen- bis hin zu ganzen Mannschafts-Trainingseinheiten und von Anfänger bis Fortgeschrittene bzw. Spezialeinheiten. Spezialeinheiten bieten wir zum Beispiel für Kids an, die kurz vor einem Auswahltraining, zum Beispiel des Verbandes, stehen. Oder vor einem wichtigen Probetraining. Hier können wir auch optimal drauf vorbereiten.“
Dürfen auch Anfänger teilnehmen?
Voss: „Ja. Auch hier haben wir Kurse und Möglichkeiten zu helfen und zu fördern. Natürlich. Wir begleiten das Talent neben dem Vereinsfußball und unterstützen es individuell. Egal ob am Anfang oder in der Mitte des Karriereweges.“
Hattest du bereits Spieler aus den NLZs im Covestro Sportpark?
Voss: „Ja, NLZ Spieler waren schon bei uns. Und werden, wenn wir wieder trainieren dürfen, auch wieder vorbeikommen. Wir hatten auch schon einen Jungen aus dem 290 km entfernten Mainz bei uns. Sonst verständlicherweise eher aus dem näheren Umfeld wie Oberhausen, Duisburg oder Mönchengladbach zum Beispiel. Namen werden hier an dieser Stelle aber nicht von mir genannt.“
Wie siehst du deine Zukunft als Trainer? Welche Ziele hast du in dieser Rolle?
Voss: „Als Trainer sollte man vielfältig und interessiert daran sein, verschiedenste Aufgabenstellungen zu bewältigen. In meiner Rolle als Mitglied des „Trainerteams FLZ Bayer 05“ habe ich das Ziel möglichst vielen Jugendlichen ihrem Ziel vom Profifußball näher zu bringen und die sich schon in der „Traumwelt Fußballprofi“ befindenden Kicker weiter zu verbessern. Generell bin ich für Aufgabenstellungen im höherrangigen Fußball immer ein Ansprechpartner. Sei es im Senioren- oder Juniorenbereich.“
Würdest du unter den aktuellen Bedingungen noch einmal eine Stelle in einem NLZ antreten?
Voss: „Wenn es wirklich komplett passt und man sich einig werden kann, ja.“
Hast du zum Schluss noch einen guten Ratschlag für alle jungen Fußballer die unter dem Lockdown leiden?
Voss: „Die Liebe zum Fußball ist stärker als jedes Virus. Es kommt der Tag, an dem der Fußball wieder so sein wird, wie wir ihn alle lieben. Bis dahin, nutzt jede erdenkliche Art und Weise um euch zu verbessern und seid hoffnungsvoll. Die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zum Schluss.“
Schöne Worte zum Abschluss. Danke für deine Offenheit und das Gespräch. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg in Uerdingen