Duisburg: Ist unser Land noch sicher? – Mahmut Özdemir zieht Bilanz
Ist unser Land noch sicher? – Eine Frage, die jeden von uns betrifft. Die JUSOS Duisburg haben sich der Frage angenommen, und überlegt, wer hierauf eine eine vernünftige Antwort geben könne. Aus gutem Grund luden sie den Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir ein. Er selbst hält nicht nur Reden im Bundestag. Nein. Seine Aufgaben in Berlin sind weitaus wichtiger und umfangreicher, als es so manchem bewusst ist. Özdemir selbst ist stellvertretender Vorsitzender im Untersuchungsausschuss. Bei einem Untersuchungsausschuss handelt es sich um eine Kommission zur Untersuchung von Sachverhalten mittels Sonderbefugnissen nach der jeweiligen Verfassung oder dem jeweiligen Untersuchungsausschussgesetz, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt. Kurz gesagt: Aus Bundesebene heraus wird ermittelt, wer, wie, wo, was vermurkst hat.
„Das in Art. 44 Grundgesetz (GG) enthaltene Untersuchungsrecht ermöglicht es dem Bundestag, unabhängig von anderen Staatsorganen und mit hoheitlichen Mitteln alle Sachverhalte zu prüfen, die er in Erfüllung seines Verfassungsauftrags für aufklärungsbedürftig hält. Das betrifft insbesondere Vorgänge, die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallen und die auf Missstände hinweisen. Untersuchungsausschüsse sind vor allem ein wichtiges Instrument der Opposition, da die parlamentarische Minderheit in gleicher Weise wie die Ausschussmehrheit an der Untersuchung mitwirkt. Art. 44 GG wird u. a. ergänzt durch das Untersuchungsausschussgesetz (PUAG), die Strafprozessordnung und die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Das PUAG regelt insbesondere Einsetzung und Zusammensetzung eines Untersuchungsausschusses, das Verfahren sowie den Rechtsschutz auskunftspflichtiger Personen.“
Mahmut Özdemir arbeitet im Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Terroranschlages auf dem Breitscheidplatz. Donnerstags in den Sittungswochen werden zum Beispiel Zeugen oder BKA-Beamte vernommen. Die Arbeiten in diesem Ausschuss können durchaus mal von morgens um 9 Uhr in der Frühe bis spät in die Nacht hinein andauern. Der Fall Amri gehöre wohl zu einer seiner interessantesten Themen in seiner Tätigkeit im UA. Denn der Untersuchungsausschuss hat das Recht alle Vorgänge in diesem Land, die zu einem Vorfall geführt haben, zu untersuchen. Was ist passiert in der Verwaltung, in der Behörde oder zivilgesellschaftlich? Ein Untersuchungsausschuss ist dazu da um Fehler und Lücken in Ermittlungen aufzudecken. Der Ausschuss habe das Recht Beweise zu erheben. Alles, was man sehen, hören, riechen, schmecken und anfassen kann.
Sämtliche Beweise sind dem Untersuchungsausschuss im Rahmen seines Untersuchungsauftrages zugänglich zu machen. Dieser Rahmen wird von den Mitgliedern im Deutschen Bundesrat beschlossen. Analog zur Strafprozessordnung. Der Untersuchungsausschuss darf ebenfalls Zeugen vorladen und vernehmen, Beugehaft anordnen, Ordnungsgelder verhängen. Es sei alles auch schon vorgekommen in den Landesuntersuchungsausschüssen. Nur nicht auf der Bundesebene. Das habe sich bisher niemand gewagt. Man habe einen Mitbewohner Amris zu einer Vernehmung eingeladen. Man habe zusammen gewohnt und auch gemeinsam die gleiche Moschee aufgesucht. Somit galt man als Kontaktperson Amris. Solche Personen werden dem Untersuchungsausschuss in Polizeibegleitung vorgeführt. Mahmut Özdemir war bei der Vernehmung zugegen und schilderte den anwesenden Gästen sein Erlebnis. Dieser Mann saß wohl einige Zeit an seinem Platz und brach dann in Tränen aus. Man hatte ihn, nachdem man ihn als einen Mitbewohner Amris identifizierte, in Abschiebehaft gebracht. Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen, darf aber nicht mehr im Land bleiben. Es musste abgeklärt werden, in wieweit er als ein Gefährder gelte. Es musste abgeklärt werden, ob man eine Radikalisierung erkennen könnte? Seien Anschläge von seiner Seite her geplant? Hat er im Rahmen des Anschlags Kontakt zur Sicherheitsbehörde gesucht? Doch wie geht man ans Mitglied dieses Untersuchungsausschusses mit einem solchen Zeugen um? Natürlich kommen zunächst menschliche Regungen auf, das man am liebsten warten möchte mit der Vernehmung, bis sich diese Person beruhige. Doch man steht ja auch unter Zeitdruck. Somit begann Özdemir als Vorsitzender zugleich mit der Befragung des Zeugen. Zumal sich in den Ermittlungen heraus stellte, das er ein mehrfacher Handybetrüger sei und regelmäßig mit Amri in Kontakt stand. Letztendlich belastete er sich nicht im Verfahren. Man konnte ihm nichts nachweisen. Dennoch hatte er durch den Betrug ein erhebliches eigenens Verfaren laufen. Parallell dazu gab es die Unterbringung Amris in einer Flüchtlingunterkunft. Hier gab es eine ganze Menge unbescholtene Flüchtlinge, die mit Amri kleinen Wohnraum teilen mussten. Diese sagten aus, das Amri diese ständig versuchte zu missionieren und zu belehren islamisch-fromm zu leben.
Schwieriger und zeitaufwändig sind oftmals die Aufarbeitung sämtlicher Akten. Diese sind meist mehrere Meter hintereinander auf einem langen Tisch aufgereiht und gestapelt. Viele von ihnen enthalten geschwärzte Passagen, die eine Ermittlung oft behindern oder gar verzögern, da man sich selbst Vorgänge zusammen reimen muss. Oft fragt man sich, warum gewisse Stellen unkenntlich gemacht wurden. Die Regierung haben dem Mitarbeiter des UA darüber zu informieren, warum dies erfolgte. Denn oft sind es Informationen, die die Regierung vertuschen mag. Oft zum Schutz von Zeugen oder deren Aussagen. Im Falle Amris ist es tatsächlich vor gekommen, das die Regierung von der Gefahr, die durch Amri ausging in Kenntnis gesetzt wurde. Mehrfach, wie sich herausstellte. Eine beantragte Observation da Amri auf dem Weg nach Berlin war, wurde abgelehnt. Stattdessen kontrollierte man Amri nur und nahm ihm sein Handy ab, welches als gestohlen galt. Dies führte dazu, das Amri seiner Gemeinschaft mitteilte, das diese alle ihre Handys ausschalten sollten, da sie aufgeflogen seien. Eine von mehreren Pannen in diesem Fall. Man sei sich auch um Ausschuss sicher, das es BKA-Beamte gibt, deren Aussagen nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Denn man erwartet noch die Aussage des damaligen Innenministers und die de Innenminister von NRW Ralf Jäger, in wie weit sie sich in diesem Fall zu verantworten haben. Zu einer weiteren Ermittlungspanne gehörte die Beweissicherung in dem sicher gestellten LKW´s. Dieser wurde in eine Halle gebracht. Dumm war, das sich nebenan eine Party ereignete, die dazu führte das sich Partygäste Zugang zu dem LKW verschafften und eine vernünftige kriminaltechnische Untersuchung nicht mehr möglich war. Der Wagen soll danach auch verschrottet worden sein. Für Özdemir ein Unding, warum der Wagen nicht am Tatort belassen wurde für eine vernünftige Untersuchung. Pannen über Pannen und zahlreiche Ungereimtheiten, die es aufzuklären gilt.
Im Untersuchungsausschuss sitzen auch Regierungsvertreter des Bundes und der Länder. Dies hat in der Vergangenheit zu einem interessanten Vorfall geführt. Eine Vertreterin des Bundesverfassungsschutzes hatte in einer Befragung permanente Einwände vorzutragen. Es kristallisierte sich hinterher heraus, das diese Regierungsmitarbeiterin zu seine zuständig war im Bundesamt für Verfassungsschutz für Aktenführungen und somit eine Zeugin sei. Dies führte zu ihrem Ausschluss in diesem Verfahren und sie wurde zu einem Zeugen benannt. Bisher fanden in diesem Untersuchungsausschuss 71 Sitzungen statt. Hier wurden 23 Sachverständige eingesetzt, erst 76 von 165 Zeugen vernommen und eine vielzahl von Aktenordner im fünfstelligen Bereich angeliefert. Sehr aufwändige und umfangreiche Arbeiten, wie man hier erkennen kann. Eine Aufarbeitung, die sich lesen lässt, wie ein spannender Krimi.
Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe in einem Anschlag solchen Ausmaßes jeden Stein umzudrehen. Jede Fraktion hat ein Aufklärungsinteresse und eigene Ziele, die sie am Ende des Tages auf seine eigene Weise der Öffentlichkeit zutragen, der Inhalt dennoch der Gleiche ist. Letztendlich hat dieser traurige Vorfall und die damit anschließenden Ermittlungen dazu geführt, das unser Land sicherer geworden ist, da alle Behörden und deren Mitarbeiter sensibler geworden sind und Hinweise ernster nehmen.
Wie der Untersuchungsausschuss arbeitet und aufgebaut ist, kann man HIER abrufen.
Sitzungsprotokoll der öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses sind für Interessierte im Internet abrufbar unter folgenden Link: https://www.bundestag.de/untersuchungsausschuss