Loveparade | Von Friede Freude Eierkuchen bis zu The Art of Love
Es war die Idee einer durchfeierten Nacht des Jahres 1989. Unter dem Motto „Friede Freude Eierkuchen“ meldeten Matthias Roeingh alias Dr. Motte in Zusammenarbeit mit seiner damaligen Freundin Danielle de Picciotto die erste Loveparade in Berlin an. Die ravende Gesellschaft damals: 15o Leute, die über den Kurfürstendamm zogen. Die ravende Gesellschaft heute: Vermutlich knapp eine Million Besucher an diesem Samstag in Duisburg.
Was genau die ravende Gesellschaft, die Dr. Motto gerne in Fernsehdiskussionrunden der 90ger propagierte, nun genau ist – das bleibt für Außenstehende wohl immer noch ein Geheimnis. Die Technokultur an sich ist der Rolle der Subkultur, die in den letzten Jahren des letzten Jahrhunderts noch hatte, herausgewachsen und zum Mainstream geworden. Als die zweite Loveparade 1991 erneut in Berlin stattfand war dies der Start zu einem Netzwerk der Technokultur an sich, ein erstes Treffen bei dem die Kultur sich selber finden konnte. Immer noch Subkultur, aber schon präsenter im Bewußtsein der Massen, die später – so die Kritiker – aus den hehren Idealen eine Kommerzialisierungsveranstaltung machten.
Die ersten Loveparades in Berlin passten aber genau in den Zeitgeist der 90ger, in denen man den Muff der 80ger von sich abstreifte – die Fun-Generation war damals das Schlagwort, das manchem so gar nicht passen wollte. Eine unpolitische, fröhlich vor sich hinfeiernde Menschenmenge? Hier in Deutschland? Konnte gar nicht sein. Konträr dazu war die Loveparade aber in Berlin als politische Demonstration angemeldet. Die Technokultur demonstrierte Werte, die anders waren als das was man sonst kannte – wobei dies nicht ganz richtig ist: Denn die Loveparade ist das Woodstock der heutigen Gesellschaft, vielleicht nicht unbedingt so naiv und blümchenseelig, aber sah man nicht auch desöfteren auf der Loveparade die Sonnenblume in den Haaren? Die Besucherzahlen wuchsen jedenfalls stetig und mit ihnen kamen auch die Probleme. 1995 waren sogar die Seitenstraßen so verstopft, dass man die alte Strecke wohl oder übel aufgeben musste. Etwas Neues musste her.
Ab 1996 musste eine neue Strecke gefunden werden – vom Ernst-Reuter-Platz, Siegessäule, Brandenburger Tor. Immer noch wuchsen die Besucherzahlen. 1,5 Millionen waren es dann schließlich im Jahr 1999. Währenddessen hatte sich 1997 schon eine Splittergruppe von der Loveparade abgewendet – die Hateparade oder Fuckparade war geboren. Die Kommerzialisierung des Events und die Schließung des Bunkers, einer der Berliner Technodiskos, waren dafür die Ursache. Was blieb waren aber die Probleme: Die Vermüllung des Tiergartens, der Müll generell der nach der Veranstaltung in den Straßen liegenblieb. Immer wieder forderte man, die Loveparade in Außenbezirke der Stadt zu verlagern – der Berliner Senat allerdings genehmigte Jahr für Jahr das Event mit Hinweis auf den Wirtschaftsfaktor Loveparade.
Den Status als politische Veranstaltung verlor das Event im Jahre 2001. Damit mussten die Veranstalter selbst für die Müllentsorgung aufkommen – der Stern des Events begann mehr und mehr zu sinken. Plattenlabel hielten sich mehr und mehr fern, die fehlenden Einnahmen aus CD-Verkäufen und das Nichterkennen, dass man mit MP3s ebenfalls Geld verdienen konnte waren die Gründe. Zudem: Ein Float mit allem drum und dran kostet immerhin um die 50.000 Euro – mit Soundanlage und Kraftstoff. Die Loveparade schien sich an sich selbst verhoben zu haben, trotz der Überwachung des Schwarzmarkthandels, trotz der Tatsache, dass man mit der Berliner Messegesellschaft 2003 noch einmal eine Parade stemmen konnte. Doch ohne diesen Deal… 2003 markiert aber den vorläufigen Tiefpunkt der Geschichte und für zwei Jahre sollte es die letzte Loveparade in Berlin gewesen sein. 2004 gab es eine sogenannte Love Week, deren Focus auf den Diskotheken lag und 2005 meldete dann die Firma Planetcom die Insolvenz an. Nur eine Finanz-Spritze der Fitnesskette McFit vermochte die Firma vor dem endgültigem Aus zu bewahren.
2006 der Neustart mit Neuerungen. So konnten die Fans diesmal vor der Parade mit einem Anteil von 50% darüber abstimmen, welche Clubs und DJs sich auf den Floats präsentieren konnten. Ebenfalls neu: Nicht nur Techno sondern auch die ganze Bandbreite der elektronischen Musik war präsent. Da die Kosten für die Floats von der Loveparade Berlin GMBH getragen wurden war es einfacher als vorher an der Parade teilnzunehmen. Dr. Motte allerdings wandte sich von seinem Kind ab. Lieber unterstützte er die Fuckparade mit einem Redebeitrag.
Was so hoffnungsvoll begann sollte 2007 eigentlich auch weiterhin in Berlin stattfinden. Aber es gab Querelen zwischen Veranstaltern und Stadt, die Genehmigung für die Parade ließ auf sich warten und irgendwie schien man im Berliner Senat das Ganze nicht mehr so dringend zu sehen wie in den Jahren zuvor. Am 21. Februar wurde die Loveparade dann offiziell abgesagt – um am 21.07. dann erneut wiedergeboren zu werden: Aus der Loveparade Berlin wird die Loveparade Metropole Ruhr. 2007 Essen, 2008 Dortmund, 2009 Bochum, 2010 Duisburg und 2011 Gelsenkirchen – das war der Fahrplan. In Essen waren 1,2 Millionen Besucher anwesend, Dortmund zählte dann im Jahr darauf 1,6 Millionen.
2009 allerdings ein Rückschlag: Die Loveparade in Bochum fiel aus. Grund: Der Hauptbahnhof hätte die Massen an Besuchern nicht aufnehmen können, ein geeignetes Gelände war zudem auch nicht in Sicht. Auch in Duisburg sah es lange Zeit so aus als würde die Loveparade aufgrund finanzieller Probleme auf dem Geländer der „Duisburger Freiheit“ – dem ehemaligen Güterbahnhof – nicht stattfinden können. Doch nachdem das Finanzierungskonzept stand und zudem die Duisburger selbst mit Aktionen wie „Partylifter“ oder „Pay for Love“ Engagement bewiesen findet die Loveparade in diesem Jahr am 24.07. wie geplant statt. Ob Duisburg den Besucherrekord von Dortmund toppen können wird bleibt abzuwarten. Das Motto der diesjährigen Parade, die auch Teil der Kulturhaupstadt ist, lautet dann dazu passend: The Art of Love – die Kunst der Liebe.