Occupy Mercator Gründer Jens Schmidt im Interview
xn: Herr Schmidt sie sind der „Gründer“ der Facebook-Seite Occupy Mercator. Erzählen sie uns, was es mit der Gruppe auf sich hat
Jens Schmidt: Die plötzliche Nachricht, dass die Platanen auf der Mercatorstraße vor dem Duisburger Hauptbahnhof einer neuen Straßenführung weichen sollen, traf mich wie ein Schlag. Ich bin seit zwei Jahren Wahl-Duisburger, der aus Überzeugung in diese attraktive Hafenstadt gezogen ist, und überquere täglich diesen Platz. Das darf doch wohl nicht wahr sein, dass diese prächtige Allee mit ihrem alten Baumbestand zerstört wird! Etliche Besucher zeigten sich angetan vom schönen Eingangstor, das die Stadt hier bietet. Da ich nicht politisch organisiert bin und auch nur Teile der Duisburger Politikszene durch den Besuch ausgewählter Veranstaltungen und Forenaktivität im Internet kenne, kam ich auf die spontane Idee, eine Seite zum Erhalt der alten Alleebäume auf Facebook aufzubauen.
„Occupy Mercator“ dient dazu, den Protest gegen die geplanten Baumfällungen kundzutun und zeitnah möglichst viele Menschen zu den aktuellen Entwicklungen und unterschiedlichen Aktionen zu informieren. Denn es muss schnell gehen – eine Mehrheit im Stadtrat hatte vor, die Maßnahmen quasi bei Nacht und Nebel durchzuwinken. Die verantwortlichen Politiker müssen rechtzeitig den Protest möglichst vieler zu spüren bekommen, die sie „auf frischer Tat ertappt“ haben und die nicht zulassen wollen, dass im 21. Jahrhundert Straßen so planiert werden wie damals in der Nachkriegszeit. Die ihnen auf die Füße treten und verlangen, dass der Bürger mit einbezogen wird. Es kann doch wohl nicht angehen, dass erst im Charrette-Verfahren der Bürger die „Bahnhofsplatte“ (den Portsmouthplatz) in mühevoller Fleißarbeit plant und er wenige Monate später „nebenan“ vor vollendete Tatsachen gestellt wird!
xn: Bäume fällen gegen den Bürgerwillen erinnert ein wenig an die jüngsten Geschehnisse auf den Taksim-Platz in Instanbul. Gibt es einen Zusammenhang?
Jens Schmidt: Auch in Istanbul sollte ein Grünstreifen, der Gezi-Park auf einem zentralen Platz im Zusammenhang mit kurzfristigen Investoren-Plänen zum Opfer fallen. Die dortigen Proteste eroberten unter dem so genannten Hashtag #occupygezi die sozialen Netzwerke.
Nun muss man natürlich sehen, dass in der Türkei auch gegen Menschenrechtsverletzungen wie die Festnahme kritischer Journalisten vorgegangen wird. Aber sollen unsere Freiheiten ein Hinderungsgrund sein, in Deutschland vehement gegen eine Stadtplanung zu demonstrieren, die den öffentlichen Raum zur politischen oder privaten Beute degradiert? Meine Meinung ist: Im Gegenteil, wir sollten unsere Freiheit gerade nutzen, um politisch etwas zu bewegen! Auch unser immer stärker werdender Lobbyismus ist meiner Meinung nach nicht ungefährlich für unsere Demokratie. Und gerade das Ruhrgebiet ist aufgrund seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten sehr anfällig dafür, dass Funktionäre meinen, alles so nehmen zu müssen, wie man es vorserviert kriegt. Und dann ist die Gefahr groß, dass Investoren die Stadt ebenso ohne Rücksicht auf Verluste kurzfristig für sich vereinnahmen wie früher die Stahlbarone.
xn: Wie groß ist die Resonanz auf die „Occupy Mercator“ Bewegung?
Jens Schmidt: Wir haben in zwei Wochen weit über 500 Unterstützer gewonnen. Setzt man das ins Verhältnis dazu, wie klein die politisch aktive Netzgemeinde ist und dass die Aktion im Wesentlichen auf die Stadt Duisburg begrenzt ist, ist das ein enormer Erfolg! Wie viele Menschen wir inzwischen mobilisieren können, hat sich daran gezeigt, dass die von mir ins Leben gerufene Online-Petition gegen die Baumfällungen binnen Lesen Sie weiter in unserem Magazin