Goodbye Hochkultur – Goodbye Duisburg
Eine Online-Petition und ein Vorwort in der Kundenzeitung der Duisburger Philharmoniker haben nicht gereicht: Gerade tickert die Nachricht rein, die Opernehe Duisburg-Düsseldorf würde zerschnitten werden. Das würde – anders als Herr Janssen es in der WDR-Lokalzeit darstellt – die Duisburger Philharmoniker de facto abschaffen. Und erneut zeigt sich die Unfähigkeit des Kulturdezernenten, der übrigens in der Vergangenheit lautstark verkündete, an der Opernehe dürfe nicht gerüttelt werden.
Zorn und Wut erfüllt dem Verfasser dieser Kolumne und vor allem das Gefühl, dass egal was man auch für Kunst und Kultur in Duisburg tut dies von der Stadt regelrecht abgewürgt und abgestellt wird. Die freien Künstler können da schon länger ein Lied von singen – immer wieder hört man Klagen über die Schwerfälligkeit der Stadt, hört man die Unzufriedenheit mit deren Vertretern deutlich heraus. Und kaum scheint es, dass die Stadt sich von den Auswirkungen der Loveparade ein wenig erholt hat und aufatmen kann, da kommt schon die nächste Hiobsbotschaft – das Aus für die Hochkultur in Duisburg. Auch wenn Herr Janssen das ein wenig anders zu sehen scheint: Die Duisburger Philharmoniker sind Geschichte.
Man sichere damit die Festivals, die in der Diskussion sind, so Janssen, man sichere auch das Filmforum. Festivalsicherung? Da hat die Stadt aber eine merkwürdige Definition von dem Begriff Sicherheit – Sicherheit hätte bedeutet, dass man das Traumzeitfestival in diesem Jahr hätte stattfinden lassen. Welche anderen Festivals gibt es denn hier noch, die in der Diskussion sind? Kann man annehmen, dass intern auch die Duisburger Akzente – nach dem Weggang des Koordinators Reifegerste wird es eh spannend zu sehen, was passieren wird – durchdiskutiert wurden? Nachdem man sie schon auf einem zweijährigen Rhythmus umstellte? Sicherheit von Seiten der Stadt Duisburg scheint in kulturellen Dingen eine Orwellsche Umdeutung erhalten zu haben. Und wie billig ist es, die eine Instititution gegen die andere auszuspielen.
Es kommt aber noch besser – denn natürlich ist die Stadt auf die hervorragende Idee gekommen fünf Stadtteilbibliotheken zu schließen. Das ist insofern pikant, als sich ja jetzt herausgestellt hat, dass die neue Zentralbibliothek womit das Argument, man könne ja auch in die Stadt fahren zum Ausleihen — sage man das mal einem Hartz-IVer, Kultur ist im Budget des jobcenters nicht vorgesehen ebensowenig wie irgendwelche Fahrtkosten – ja jetzt erstmal 50.000 Medien abbauen muss damit die in das geplante schicke neue Gebäude einziehen kann. Das wäre in etwa der Bestand einer Zweigstelle. Natürlich sondern Bibliotheken immer wieder Medien aus, die kaputt sind oder nicht mehr aktuelle, sie kaufen andererseits aber auch immer wieder aktuelle Bestseller und Fachbücher ein um attraktiv für die Menschen zu bleiben. Ebenfalls etwas, was die Stadt ja grandioserweise nicht auf die Reihe bekommt, in den letzten Jahren war es ja so, dass die Mittel für die Stadtbibliothek gerne sehr verspätet freigegeben wurden.
Was vor allem ja gerne übersehen wird bei der Debatte ist die Tatsache, dass das Fehlen von Kultur jetzt erstmal kurzfristig und mittelfristig nicht besondres bemerkt werden wird. Ob eine Stadtteilbücherei, die ja weitaus mehr Funktionen hat als nur das Verleihen von Büchern – eine Bibliothek ist immer auch ein Kommunikationszentrum, wo man Hausaufgaben macht, sich aufhalten kann, wo es Angebote gibt die man eventuell sonst nicht hat – schließt und ich wette, es wird auf jeden Fall auch die sogenannten Problemstadtteile treffen, gerade die haben aber Bildung nötig – kurz: Erstmal merkt man das Fehlen nicht. Doch die bildungslosen Kinder von heute sind die Krawallmacher von morgen, sind diejenigen, die in Hilfsarbeiterjobs rumhängen müssen weil deren Qualifikationen nicht gefördert wurden, sind diejenigen, denen der Zutritt zur Gesellschaft verwehrt bleiben wird. Die Slumisierung von Duisburg, die jetzt in den einzelnen Stadtteilen schon beginnt, wird rasant zunehmen. Und damit die Probleme, für die wiederum dann die Stadt Geld ausgeben muss um diese im Zaum zu halten.
Ob sich dann neue Bürger in einer Stadt ansiedeln werden, die kaum noch attraktive Angebote hat oder ob die nicht doch gleich Richtung Düsseldorf ziehen ist noch so eine Frage. Karl Janssen jedenfalls sollte nachträglich der Titel des Kulturmanagers für 2010 aberkannt werden – denn das ist kein Managen von Kultur was die Stadt hier betreibt. Das ist das aktive Niedertrampeln der regionalen Kulturszene.