Verzerrte Wahrnehmung
Je länger die Freiheitsbeschränkungen in der Corona-Epidemie andauern, um so schwerer sind die Beschränkungen von nicht wenigen Menschen zu ertragen. Warum jedoch gehören Entscheidungen, die das Überleben aller betreffen, nicht auch in alle Hände aller, zumal in einer Demokratie? Anzuführen wären mögliche Wahrnehmungsverzerrungen, die auf Unkenntnis oder mangelnder Sorgfalt beruhen. Die politische Verantwortung ließe sich nicht von allen tragen. Demokratie bietet keine Garantie gegen einen Missbrauch.
Würde man z.B. die Ausbreitung des Virus in Deutschland mit der in Schweden vergleichen, und die umfänglichere Freiheit der Bürger in Schweden als Modell für Deutschland anvisieren, übersehe man, dass die Bevölkerungsdichte in Schweden viel geringer ist. Zudem könnte angezweifelt werden, dass die zugänglichen Daten überhaupt vergleichbar seien. Eventuell unterscheiden sich die Erhebungsmethoden.
Und würde man eine vorsichtige Öffnung von Baumärkten nutzen, um sich für die Genehmigung kleiner ‚Kulturveranstaltungen‘ auszusprechen, übersehe man einen ähnlichen Fall. Baumärkte sind riesig, kleine Kulturveranstaltungen finden in engen Räumlichkeiten statt. Die Besucherdichte könnte sehr unterschiedlich sein, ebenso die Ansteckungsgefahr.
Solange Politiker auf Ratgeber hören, die die jeweilige Sachlage einschätzen können, besonders in Zeiten einer Epidemie, sind für eine begrenzte Zeit diese gegebenen Einschätzungen wichtiger als demokratische Grundrechte. Menschen sind nicht von Natur aus klug, sondern leicht fehlbar. Dass eine freie Presse die Entscheidungen begleitet, kann dafür Sorge tragen, dass Experten und Politiker angemessen agieren.