Song of the Week: „Ja, der Papa…“
Ich hatte diese Woche tausende Ideen für den „Song of the Week“, habe mich dann dazu entschieden, diesem allen liebevollen und engagierten Papas auf dieser Welt zu widmen. Den Song, den ich für diese Woche ausgewählt habe bedeutet mir in der Tat eine ganze Menge. Denn dieses Lied habe ich in meiner Kindheit sehr oft mitgesungen, weil er in meiner Familie der Wahrheit entsprach. Denn der Papa war immer da, wenn es Probleme gab und es eine Lösung zu finden galt.
Mein Vater war ein sehr engagierter, fleißiger und beliebter Mensch. Wir wohnten in der Werkswohnung der Firma Boco. Noch gab es die Niederlassung in Duisburg-Neudorf. Morgens, bevor wir Kinder aufstehen mussten, saß er immer alleine in der Küche, las die Tageszeitung und trank seinen Kaffee. Jeden Morgen um 6:30 Uhr lief er die Treppen herunter, ging zur Hoftür hinaus und war schon auf der Arbeit. Manchmal lief ich zum Küchenfenster, sah ihm hinterher über den Hof laufen und flüsterte ihm hinterher „Ich wünsche dir einen schönen Tag. Wir sehen uns heute Mittag“. Die Industrie-Wäscherei lag ihm sehr am Herzen. Seine Arbeit war ihm immer sehr wichtig. Er hatte auch eine mächtige Verantwortung zu tragen. Sonntags am Abend musste er den Heizkessel für die kommende Woche in Betrieb setzen. So ein Heizkessel ist auch nicht gerade ungefährlich, wie er mir mal erklärte. Mein Vater war im ganzen Betrieb beliebt. Ob es nun die Kolleginnen aus dem Waschhaus waren, die Fahrer der Transporter oder die Kollegen aus der Werkstatt. Alle mochten ihn. Denn er hatte für alle ein offenes Ohr und einen Rat oder die passende Lösung parat.
Wenn ich zu meinem Papa zwischendurch wollte, musste ich schon durch den ganzen Betrieb flitzen um ihn zu finden. Aber irgendwer der zahlreichen Mitarbeiter konnte mir immer sagen, wo er sich gerade aufhielt. Sein (und auch mein) Lieblingplatz war seine Werkstatt, die im hinteren Bereich des Betriebes lag. Ich kann mich noch daran erinnern, das sein ganzer Stolz ein Ast des nebenan wachsenden Kastanienbaumes war, der sich über Jahre hinweg durch das alte Mauerwerk in seine Werkstatt bohrte. Dieser Ast trug in den Wintermonaten hin grüne Blätter und Blüten, während der Rest des Baumes außen kahl war. Hier findet Ihr Fotos vom ehemaligen Betrieb, unser zu Hause und was daraus wurde.
Die Mahlzeiten nahm er immer mit uns zusammen ein. Sobald wir aus der Schule kamen, stand das Mittagessen auf dem Tisch. Meine Mama brauchte einem Kollegen auf dem Hof nur zurufen, das er meinem Papa Bescheid geben kann, das das Essen auf dem Tisch stehe. Wir vier Kinder saßen immer brav am Tisch mit den Eltern beisammen. Jeder hatte seinen festen Platz. Meiner war auf der Eckbank. Links von mir saß meine Mama, rechts mein ältester Bruder. Mir gegenüber mein zweitältester Bruder und links von ihm meine kleine Schwester. Papa ganz links von mir, am Kopf des Tisches.
An den Wochenenden unternahm mein Papa viel mit meiner kleinen Schwester und mir. Ihn war es wichtig, da er unter der Woche viel arbeitete. Die beiden großen Brüder hatten ja schon eigene Interessen und hatten keine Lust auf den „Kinderkram“ mit den beiden kleinen Schwestern. Mein Papa fuhr mit meiner Schwester und mir oft in Richtung Remscheid und Solingen. Entweder besuchten wir meine Oma, meine Uroma oder seine Onkel und Tanten. Am Ende unserer Ausflüge ging er oft mit uns Essen. Aber nie zu McDonalds, obwohl die Kette zu dieser Zeit boomte. Mein Lieblings-Lokal war immer der „Wienerwald“ am Averdunk-Zentrum. Heute ist dort leider eine Spielhalle drin, aber der „Wienerwald“ war das Highlight für mich und meine Vorliebe zu Geflügel war bereits in meiner Kindheit ausgeprägt.
Zu Hause werkelte mein Vater sehr gerne. Er war handwerklich sehr begabt und auch geschickt. Ich habe ihm sehr oft dabei zugesehen und mir auch eine Menge angeeignet. Ich bin zwar eine Frau, aber ich kann durchaus mit Werkzeug umgehen und kann einen Schraubendreher von einem Hammer unterscheiden. Er renovierte oft in der Altbauwohnung in der wir früher lebten. Und immer wenn es Probleme gab oder man keine Lösung Daheim fand, wurde immer gesagt: „Da müssen wir dann den Papa fragen“. – Aus diesem Grunde habe ich diesen Song für diese Woche auserwählt. Denn die Väter von heute sind nicht mehr so präsent oder engagiert wie früher. Zumindest ein großer Teil.
Und dann kam der Tag im November 1991, der unser aller Leben verändern sollte. Mein Vater verließ morgens um 6:30 Uhr das Haus und sollte nie wieder Heim kommen. Doch dazu komme ich ein anderes Mal. Für diese Woche soll es das gewesen sein.