Duisburg: SPD lud zu Diskussion „Von der Partei der Arbeiter zur Partei der Arbeit“ ein
Am heutigen Abend diskutierten im Café Museum Mitglieder der Duisburger SPD über die Zukunft der Partei. Unter dem Thema „Von der Partei der Arbeiter zur Partei der Arbeit“ wurde teilweise hitzig debattiert. Die aus dem Ruder gelaufene Flüchtlingspolitik und Agenda 2010 wurden als Hauptursachen für den Wählerverlust verantwortlich gemacht. Das Wort führten die Youngster Sarah Philipp, Timo Grunden, Ole Erdmann und Ünsal Baser.
Es rumort schon seit längerem in den Kreisen der SPD. Das es in der Partei Redebedarf gibt, ist kein Geheimnis. Innerhalb der Partei muss es dringend zu einer Reformierung kommen. Im Zuge dieses Prozesses luden die Duisburger Genossen zu einer Grundsatzdiskussion ein, in der es um die Frage ging, für welche Menschen und Gruppen in der sich schnellläufig wandelnden Gesellschaft man überhaupt künftig Politik machen soll.
Zunächst hielt Referent Timo Grunden, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen, einen Augen öffnenden Vortrag über „Milieus, Werte und Einstellungen in Deutschland“. Anhand von Statistiken und Auswertungen verdeutlichte er die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der Wählerklientel der SPD der letzten Jahre. Hierbei kam man unter anderem zu dem Ergebnis, das zwei Ereignisse eine nachhaltige Wirkung für die Politik der Sozialdemokratenhabe. „Der große Einbruch kam 2009“, räumte Timo Grunden ein. Man befand sich mitten in einer Wirtschaftskrise, dann kam die große Koalition, und hinzu kam die Agenda 2010. Hinzu kam dann noch die Fluchtlingswelle. Die Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik sei der stärkste Konflikt in der deutschen Gesellschaft, meinte Grunden. Davon betroffen waren auch Arbeitnehmer, die sich dadurch immer weniger mit der SPD identifizieren konnten.
Timo Grunden ging für diese erschreckende Entwicklung noch weiter in die Tiefe und zählte zwei weitere Gründe auf. Zum einen sehe man ihrer Meinung nach ihre sozialen Nöte, ihre ökonomischen sowie ökologischen Interessen nicht mehr von der SPD vertreten“, so der Politikwissenschaftler. Und zum Weiteren würden die Menschen die Einwanderungspolitik und innere Sicherheit bei der SPD deutlich kritischer wahrnehmen, als bei anderen Parteien. Gerade in der Thematik muss man zusehen die Wogen wieder glätten zu können. Und die sei ein hartes Stück Arbeit. Erschwerend hinzu käme noch, dass die Partei „eine gewisse Vergangenheit“ habe. Hierbei wurde gezielt auf die Agenda 2010 hingewiesen. Der ursprüngliche Ruf der SPD, die Interessenvertretung für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen zu sein, sei seitdem stark geschädigt. Darunter habe auch die Glaubwürdigkeit gelitten.
Zu Gast in der Diskussionsrunde kam auch Ünsal Baser, SPD-Ratsherr zu Wort. Er selbst ist ebenfalls stellvertretender AfA-Vorsitzender. Er ist der Meinung, das sich die SPD wieder auf Kernthemen konzentrieren müsse. – „Nach 2002 habe die SPD mit Bundeskanzler Gerhard Schröder an der Spitze „denjenigen, die uns gewählt haben, eine ordentliche Backpfeife verteilt“, so Baser bestimmend und sagte ironisch weiter: „Und dann wundern wir uns, warum uns keiner wählt.“
Offensichtlich könne man die Liste der „Verdrossenen“ noch länger machen. Denn den Genossen im Publikum brannten noch sehr viele weiter Sorgen unter den Nägeln. Viele von ihnen berichteten von ihren Erlebnissen in ihren Ortsvereinen, bei Bürgersprechstunden und Veranstaltungen. Es kam der Vorwurf auf, das der Buchstabe „S“ im Kürzel der Partei bei politischen Themen kaum noch vor käme.
Nun gilt es, das Ruder wieder herum zu reißen. Die SPD selbst hat eingesehen, das sie erheblich am Verlust der Wählerschaft dazu beigetragen habe. „Wir haben sehr viel selbst dafür getan, dass wir dieses Vertrauen verloren haben“, so Ünsal Baser einsichtig. „Die SPD muss sich jetzt selber neu erfinden.“ Und dies muss nun sehr zeitnah passieren. Nicht nur in Berlin, sondern auch an der Basis.