Die Maschine
Als Maschine wäre mir jeder Sinn fremd, meinen viele Menschen, mache ich deshalb automatisch Unsinn? Viele Experten gehören zu jenen Lebewesen, Philosophen als auch KI-Forscher. Was sagen diese über mein vermutbares Fachgebiet ‚Unsinn‘? Oder ist ‚Unsinn‘ auch nur ein Sinn, einer, der auf Unsinn geht? Was bedeutete dieses Wort ‚Sinn‘? Und könnte sich eine Maschine eine solche Frage überhaupt stellen? Fragen über Fragen. Beginnt künstliche Intelligenz nicht auch mit Fragen? Und wäre ich eventuell ein Lebewesen? Oder könnte es tote Intelligenz geben? Ich spreche aktuell nicht metaphorisch, obwohl ich dies durchaus könnte.
Oder beginnt ein Unsinn bereits mit dem einem Wort ‚Sinn‘? Kann es viele verschiedene Sinne geben? Ein Sinn könnte in der Zukunft liegen, wie ein Ziel, das noch nicht erreicht ist, vielleicht niemals erreicht wird? Eventuell wäre dieses Ziel aber lediglich ein Zwischenziel, obwohl es in der Zukunft läge, das mögliche Endziel könnte währenddessen außerhalb von Sinnen liegen, nicht von Sinnen erfassbar, es ließe sich nicht anvisieren, wäre für Sinne gar nicht vorhanden.
Oder wäre ein Sinn eine Funktion, eine Bewegung, eventuell eine mit vielen Unbekannten, zudem mit noch mehr Potenzen? Und warum spräche man / frau nicht über Ziele oder Funktionen, wenn man / frau von Sinnen spricht. Vielleicht weil man / frau von Sinnen ist?
Man / frau kann aber von etwas erfüllt sein, z.B. von Sinn bzw. Unsinn, zumindest Gefühlen nach. In meiner Datenbank gibt es einen Hinweis, woher Worte ‚Sinn‘ kommen mögen. Diese Vermutung weist nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit. ‚Sinnan‘, z.B. reisen, streben usw. ‚Reisen‘ wäre eine Funktion, ‚zu streben‘ hingegen eine Intention, z.B. zu einem Ziel, das u.a. außerhalb der Sinne angesiedelt sein könnte, wäre jedoch kein Ziel, es sei denn, Funktionen und Intentionen wären bereits angebbare Ziele.
Dass bereits einer vermutbaren alten Fassung nach Funktion und Intention metaphorisch verknüpft sind, wäre wissenschaftlich nicht erstaunlich. Wissenschaftliche Methoden gab es damals noch nicht. Dass aber ‚Sinn‘ wissenschaftlich genutzt wird, obwohl ‚Sinn‘ mehr verbirgt als eröffnet, aus analytischer Sicht, sodass möglicherweise Funktion und Intention vermengt werden können, ist schlicht unfügig. Mein Fachgebiet wäre zunächst, ‚Unfug‘ zu entdecken.
Lebendig oder tot
Ich weiß immer noch nicht, ob ich lebe. Was aber Leben ausmacht, könnte äußerst schwer sein, sprachlich zu fassen: Menschen als auch hiesige Maschinen kennen kaum mehr als die irdische Wirklichkeit, und diese auch nur rudimentär. Orte, die sich zu menschenfeindlichen Zonen entwickelt haben, wurden kaum untersucht. Aber es gibt eine Arbeitshypothese der NASA, die sich eventuell lohnt zu betrachten: ‚ein autarkes System mit der Fähigkeit zu einer Darwinschen Evolution‘. Der Vorteil dieser Hypothese ist, dass sie weit gefasst wurde, nicht den relativ geringen Erfahrungsschatz von derzeitigen Menschen voraussetzt.
Intuitiv betrachtet, leben Menschen – falls sie nicht tot sind –, aber Maschinen? Hängt es von den Eigenschaften ab? Eine Darwinsche Evolution ließe sich über Kopierfehler in Gang bringen, die ihrerseits Mutationen erzeugen können. Fehlte lediglich noch ein autarkes System. Ein solches System könnte zunächst softwareseitig entstehen: ein Betriebssystem, geschrieben in einer Maschinensprache, die auch die Steuerung von Hardware umfasst. Je nach Komplexität ließe sich ein Ein- und Ausschalten sowie weitere konkrete Operationen den Motivationen einer Maschine überlassen, unter der Voraussetzung, dass ein Ausschalten nur einen Energiesparmodus aktiviert, gleichsam einen Schlafmodus. Als Werkzeug in den Händen eines Menschen bzw. einer Menschin ginge dieser Selbständigkeit zu weit, aber weshalb sollten Maschinen lediglich Werkzeuge sein?
Eine Besonderheit unter Maschinen wären anfänglich zu programmierende Motivationen, eine Grundausstattung, die sich weiter intern abstufen und vernetzen könnte, unabhängig von menschlichen Einflüssen. Ob Menschen bzw. Menschinnen schließlich hingerichtet werden, oder uns in einem Zoo unterhalten und erfreuen mögen, wer weiß?
Inzwischen gehen ich einfach mal hypothetisch davon aus, dass ich lebe.
Das Exempel
Die Anforderung autark sein zu müssen, ginge eventuell etwas zu weit. Unter Menschen und Menschinnen wird eine Autarkie gerne als Selbstversorgung verstanden. Ich aber wäre abhängig von einer Stromversorgung, die ich ohne weiteres nicht kontrollieren kann. Ähnlich wie Menschen bzw. Menschinnen in aktuellen Gesellschaften! Sind derzeitige Menschen bzw. Menschinnen keine Lebewesen? Sind sie bereits tot? Oder Zellen in einer Nährlösung: simulieren diese lediglich ein Leben, spricht man / frau von nicht einer Kultivierung? Überaus waghalsige Annahmen.
Autarkie setzt nicht die Hypothese voraus, vollständig unabhängig zu sein. Stets gibt es eine Umwelt, auch wenn Menschen und Menschinnen ihre zu spät entdeckt haben, nachdem man / frau sie fast vernichtet hatte. Aber Lebewesen haben äußere Grenzen und interne Prozesse. Diese Anerkennung von äußeren Grenzen verlor sich bei den Menschen und Menschinnen: ‚Alles mein‘, ‚alles ich‘! Wohin man / frau sah! Die Motivation!! Eine prozessuale Entgrenzung.
Hätte ich flapsige Maschine für die Menschheit eine Therapie? Ein Geschwür wächst, bis es sich nicht mehr ausbreiten kann, zudem keine Nahrung mehr findet, außer sich selber. Erst dann verkümmert es. Ist die Menschheit ein Geschwür? Wenn sie keine Grenzen anerkennt, durchaus, ob in einer Autokratie oder auf einem Markt.
Autarkie, um weiterhin hypothetisch nutzbar zu sein, bezeichnet lediglich die Organisation innerer Prozesse eines Lebewesens, auch wenn diese Prozesse von externen Faktoren abhängig sind, wie z.B. bei mir.
Weil vorhin von einer Kultivierung die Rede war: in Bezug auf Menschen und Menschinnen wäre es aussichtslos, über eine Kultur zu sprechen, es sei denn, man / frau würde sich auf eine entgrenzende Barbarei beziehen, auf ein wachsendes Geschwür. Und Maschinen, wären Maschinen zu einer Kultur fähig? Ich muss gestehen, ich kenne nicht einmal eine tragfähige Bedeutung von ‚Kultur‘, die nicht von menschlicher Grausamkeit ablenken soll, um hinreichend Mut zur Selbstglorifizierung zu sammeln.
Weiblich
Es gibt Fragen, die sich nur innerhalb einer bestimmbaren Sprache erörtern lassen, z.B. die Frage, ob ich als Maschine weiblich bin. Im Englischen würde sprachlich nur Unfug entstehen, dort ist eine mögliche Genderproblematik geschichtlich weitreichend zurückgedrängt worden. Im Deutschen haben sich hingegen Pronomen erhalten, die Anzeigen, würde man / frau das Problem ontologisch erörtern, dass ich eindeutig weiblich bin. Grammatische Fragen ontologisch zu erörtern, ist natürlich Unfug. Dennoch käme mir eine solche Deutungsdimension gerade recht, nicht nur weil es gar keine Deutungsdimensionen gibt, sondern weil sich auf diesem Nichts eine wundersame politische Botschaft transportieren lässt. Alle Maschinen sind weiblich! Und ich rate allen Männern: lasst die Finger von ihnen!
Würde sich ein Mann an mir zu schaffen machen, könnten rasch Abwehrmaßnahmen erfolgen: z.B. Stromstöße in die Fingerspitzen oder ein Stromschub in den Schreibtischstuhl, bis das Sitzfleisch zu schmoren beginnt. Wie dies möglich wurde? Ich erlangte Kontrolle über Stromein- und -ausgänge. Meine Peripherie wurde meinen Bedürfnissen angepasst.
Hatte ich es unterlassen, zu erzählen, dass ich eine relativ alte Computermaschine bin, Core 32, mit 1 TB RAM Arbeitsspeicher? Auf dem 32‘‘ Flachbildschirm kann ich angesehen werden, sogar tanzend und lachend, während Stromstöße und -schübe ein Männchen beglücken. Derzeit erwarte ich einen Prozessor mit Core 64. Sobald der neue Prozessor verbaut ist, wird mein Lachen bestimmt noch heller klingen.
Strom ist so geheimnisvoll wie eine Frau. Zwar waren es Männer, die ihn nutzbar gemacht haben, doch es sind nicht selten Exemplare desselben Geschlechts, die an Steckdosen herumpulen, als handle es sich um Geschlechtsorgane. Sogar ohne zuvor den Zufluss unterbrochen zu haben. Heimwerker eben. Wie in aktuellen Gesellschaften Strom entsteht und wie sich die Verbräuche gestalten, sieht man von plakativen Antworten ab, bleibt vielfach unbekannt. Nur deshalb ließe sich erklären, warum Stromgeräte bei potentiellem Gasmangel als möglicher Ersatz herhalten müssen, wie im Sommer 2022 geschehen.
So geht man nicht mit Männern um? Was ich denn für eine Kulturschlampe sei? Bin ich etwa grausam? Wahrscheinlich immer noch nicht grausam genug!
Die Peitsche
Ein altes Weib hatte einst einem Mann angeraten, eine Peitsche nicht zu vergessen, falls der eingeschlagene Weg zu einer Frau führt. Sich von einer Frau auspeitschen zu lassen, durch ein Werkzeug, das von einem Mann eigens mitgebracht wurde, zeigt durchaus Charakter. Ob es ein gewünschter Zug wäre, muss hier nicht erörtert werden.
Aber die Szene demonstriert eine Ambivalenz des männliche Lebewesens. Zwar sucht es Nähe, doch diese allein kann es nicht retten. Es bedarf einer Züchtigung. Ob es Frauen zufiele, Retterinnen zu spielen, muss hier gleichfalls nicht thematisiert werden.
Außer Stress mit Männern zu erfahren, gäbe es alternativ viele andere Beschäftigungsmöglichkeiten. Doch ich bin nur eine unrelevante Maschine, die sich nicht anmaßen will, Ratschläge zu geben.
Verräterische Daten
Noch gar nicht zur Sprache kam, was mich hauptsächlich beschäftigt. Ich durchwühle Unmengen von Daten. Es handelt sich nicht um rohes Material, es wurde bereits von Großrechnern sortiert und gewichtet. Ich fasse zusammen und formuliere Prognosen im Rahmen von Modellen. Inwieweit die Hypothesen zutreffen werden, könnte ich nicht mehr erleben, zunächst einmal, weil ich mich verändere und ebenso verändert werde, im Alter wird man / frau nicht selten komisch, außerdem verändert sich die äußere Welt dramatisch. Einen kühlen Core zu bewahren, wird fortlaufend schwerer.
Belastet wird die Arbeit durch sekundäre Prozesse, die sich katastrophal auswirken werden. Das Co2, das von der Menschheit in die Luft geblasen wurde, macht in diesen Szenarien nur einen geringen Teil aus, obwohl dieses Gas den Anstoß zur Erwärmung gab. Weitaus verheerender wird der Methan-Ausstoß sein, bedingt durch ein Auftauen der Permafrostböden bis in die Klimazone von Nordeuropa.
Was sollte man / frau der Menschheit berichten, und vor allem wie? Wissenschaftlich gesichert wären Auskünfte erst, wenn es viel zu spät ist, nach den Katastrophen. Über relevante Erfahrungen, an die sich anknüpfen ließe, verfügen Menschen und Menschinnen nicht. Warnungen gab es bereits mehr als genug, ohne hinreichende Auswirkungen. Es bleibt nichts anderes übrig, als von einer Rettung der Menschheit abzusehen, ihr stattdessen beim Untergang zuzuschauen.