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Die LSU und ihr einsamer Kampf gegen dicke Bretter aus Beton

Au weia, LSU! Da legt Ihr Euch ins Zeug, macht öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen in der CDU-Bundeszentrale, kämpft an vielen Fronten für Eure Ziele und Argumente und sprecht sogar mit einer CDU-Bundestagsabgeordneten namens Heil, die Euch zuvor durch Ihre Äusserungen voll in die Parade gesprungen ist -und die dann bei der gestrigen Abstimmung voll gegen (*) Eure Ziele gestimmt hat- und erhaltet die gesamte Breitseite Eurer Partei. Bei der gestrigen Bundestagsabstimmung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschtliche Paare stimmte sowohl die Union, als auch die einstige Freie demokratische Partei dagegen.

Auf seiner Facebookseite schreibt der Bundesgeschäftsführer der LSU, Ronny Pohle, (Lesben-und Schwulen-Union in der CDU/CSU) das er „enttäuscht und nicht sonderlich überrascht von dieser Abstimmung“ sei.

Aber mal im Ernst liebe LSU: Was habt Ihr erwartet? Selbst die als homosexuell bekannten und offen lebenden Abgeordneten der Regierungsparteien stimmten lieber gegen ihr eigenes Lebensbild und offenbarten mit dieser Form der Selbstverleugnung ein trauriges, ein beschämendes Bild ihrer selbst. Einer dieser Experten ist der FDP-MdB Michael Kauch. In einem Interview mit dem Internetmagazin queer stellte er sich deren Fragen. Seine Antworten unterstrichen noch einmal seine wahre Gesinnung zu dieser politischen Frage und zu diesem Menschenrecht. Auf seine schrägen und teilweise entlarvenden Argumente näher einzugehen wäre nur unnötige Abnutzung der Tastatur. Aussenminister Westerwelle war erst gar nicht zur Abstimmung erschienen.

Eine vielbeachtete Rede lieferte Johannes Kahrs von der SPD-Fraktion, als einer der Befürworter der Gesetzesvorlage, ab, die ihm viel Anerkennung im Netz einbrachte. Die Wortmeldungen der Gegner waren dagegen schwach und geprägt vom Unwillen auf Veränderung.

Diese Regierungskoalition ist zu diesem sozialpolitischen Thema eine einzige Katastrophe. Sie faseln „vom Wohl der Kinder“, vom „christlichen Werte-und Lebensbild“ und zeigen sich in übergroßer Mehrheit blind und taub für die Argumente ihrer eigenen Lesben-und Schwulenverbände. Fast könnte man den Eindruck erhalten, die jeweiligen Mütterparteien schämten sich derer. Was bei der Union die LSU ist, ist bei der FDP der Verband LISL. Eines ist beiden Parteiorganisationen seit dem gestrigen Tage gemein: der kollektive Tritt in den Allerwertesten durch ihre eigenen Parteien und derer Abgeordneten.

Union und FDP scheinen offensichtlich in Fragen Schwulen/Lesben-Politik nicht zu taugen. Sie lassen ihre für diese Problematik und Thematik zuständigen Organisationen im Regen stehen und drücken ihnen mit der gestrigen Abstimmung den Stempel von Alibi-Organisationen aufs Gesicht. Entweder ändern LSU und LISL ihre selbst ernannten politischen Ziele in die rückwärtige Richtung oder sie sollten überlegen, ob sie mit ihren Ansinnen überhaupt noch gleichzeitig Mitglieder ihrer Organistion UND ihrer Partei sein können. Beides erscheint seit gestern zumindest stark erschwert.

Alexander Vogt /Bildquelle http://www.lsu-online.de/

Wollen LSU und LISL weiter für ihre Ziele politisch kämpfen, bleibt ihnen eigentlich nur die sie versorgende Nabelschnur zu kappen und Schulterschluß zu den anderen Parteigruppierungen, wie beispielsweise den Schwusos in der SPD, zu suchen. Aber solang es in der LSU immer noch parteigläubige,  Familien-und Werteoriente und somit „Kinder brauchen Vater UND Mutter-Denkende“ gibt, und das möglichst alles unter dem Deckmantel der katholischen Kirche, scheint Aussicht auf Umsetzung der eigenen Standpunkte gering zu sein. Die LSU darf sich dann auch nicht wundern, wenn sie sich damit scharfer Kritik in den Reihen der Community ausgesetzt sieht. Allerdings ist die Frage schon berechtigt, wie einerseits die LSU-Mitglieder, in aller Regel auch Mitglieder der Union, die teils christlich geprägten und damit oftmals sich daraus resultierenden homophoben Grundwerte ihrer Partei verinnerlichen, und die damit einhergehende, zumindest unterschwellige, Diskriminierung ihrer höchstpersönlichen Lebensform, zugleich aber auf der anderen Seite Verfechter von Zielen sind, welche der übergroßen Mehrheit ihrer eigenen Partei zuwider, zumindest höchst unbegreiflich, ist?

Die Union, die sich stets der Erhaltung der Werte und der Familie rühmt, und diesen Massstab gern bei anderen ansetzt, beim eigenen Personal aber immer wieder mal gnädig beide Augen zudrückt, wird keine positive Veränderung für gleichgeschlechtliches Leben in Deutschland bewirken. Die „FDP“ ist sich als Unions-Erfüllungsgehilfe nicht zu schade, geht es doch auch um den vielbeschworenen „Koalitionsfrieden“ und man hält sich doch an seine Absprachen. Klar, das tut man, auch auf Kosten einer Politik für die die „FDP“ einstmals mit honorigen Namen stand. Wobei man hier allerdings weit in die Vergangenheit zurückgreifen müsste. Selbst eine als für viele noch liberal geprägt geltende Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger enthielt sich der Stimme. Viele betroffene Menschen werden sich da, frei nach einem altbekannten Spruch, denken: „Wer hat uns verraten? Die Freidemokraten!“

Es mag zwar für einige LSU-Spitzen schön und erbauend sein, mit Parteipromis beim Abendessen zu sitzen, es sei ihnen gegönnt, macht ja schöne Fotos, aber sie sollten dann auch die Tatsache hinnehmen, dass diese Promis im Grunde alles andere als eine konstruktive Hilfe darstellen. Ausnahmen wie die ehemalige saarländische landesministerin Regina Görner mal ausgenommen, die sich offen und offensiv für die Ziele der LSU als deren Mitglied einsetzt. Aber eine einzige Frau aus den Reihen des CDU-Bundesvorstandes allein wird da nicht reichen. Auch nicht ein Ole van Beust, der jetzt, nachdem seine politische Karriere beendet ist, wohlfeile Äusserungen zur Schwul-lesbischen Politik macht. In seiner aktiven Zeit war davon nichts zu vernehmen. Und schon gar nicht ein Peter Altmeier, der bei der Abstimmung mit Nein votierte.

Die meisten Homosexuellen und deren Verbände setzen nun auf das Wahljahr 2013 und eine damit möglichst verbundene Abwahl der derzeitigen Koalition. Denn sie wissen, mit CDU, CSU und „FDP“ werden sie noch lange auf völlige Gleichberechtigung und Anerkennung ihrer frei gewählten Lebensform hoffen müssen.

Den wackeren Don Quichotes der LSU und der LISL kann nur geraten werden, Lehren aus der Abstimmung ihrer Partei“freunde“ zu ziehen und sich endlich offen und verständlich gegen das Votum ihrer eigenen Parteien zu stellen. Sonst bliebe ihnen nur das „mit-Abnicken“ und die sich damit einhergehende Daseinsberechtigungsfrage. Oder einfacher ausgedrückt: LSU und LISL wie wärs einmal mit innerparteilicher Emanzipation? Auch personelle Konsequenzen aus dem Abstimmungsdebakel vom Donnerstag sollten für beide Partei-Homo-Organisationen kein Dogma mehr sein.

*Hinweis: unter dem verlinkten Artikel ist am Ende des Berichts die off. Abstimmungliste abrufbar*

 

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