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„Wir haben fertig“ – Die SPD und DIE LINKE in Duisburg und anderswo

linksbusGestern um genau 18 Uhr begann der Albtraum für die Sozialdemokraten. Die Duisburger Anhängerschaft hatte sich im Café Museum um die Videoleinwand geschart und verharrte in einer Schockstarre. In der Prognose von ARD wurde der SPD das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl präsentiert, über 11 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl 2005. In Schleswig-Holstein kein besseres Bild, auch hier mussten die Sozialdemokraten Verluste einstecken. Einzig die Prognose für Brandenburg war ein kleiner Trost. Die Fassungslosigkeit drückte sich in betretendes Schweigen aus, so hatten sich die Duisburger SPD-Mitglieder den Wahlsonntag nicht vorgestellt. Nach und nach versuchte man erste Bestandsaufnahmen, doch mit jeder weiteren Hochrechnung, versagte nach und nach die Fähigkeit der Selbstkritik. „Schröder hat mit 2010 alles richtig gemacht, der hatte Mut“, sagte ein Mitglied, an dem die Volksstimmung der letzten Wochen und Monate in riesen Schritten vorbei gegangen ist. Auch zum Wahlerfolg der LINKEN, konnte er seine fundierte Meinung, die bar jeglicher Realität war, kundtun: „Das sind doch alles Stasi-Spitzel, mit denen können wir doch nicht zusammenarbeiten“. Zum Glück kamen nach und nach die Spitzen der örtlichen SPD, sodass es Wichtigeres gab, als einem verzweifelten Mitglied zu lauschen.
SPD-Chef Jäger bedankte sich bei den Wahlhelfern für die das große Engagement, natürlich mit Hinweis auf das desaströse Abschneiden der SPD. Jetzt könne man, so Jäger, den Wahlerfolg bei der letzten Kommunalwahl erst richtig einordnen. Johannes Pflug, der seinen Wahlkreis im Duisburger Norden souverän verteidigt hat, sprach dagegen von einer dicken Packung. DIE LINKE und die Grünen hätten gegen ihn Wahlkampf gemacht, so Pflug in der Erklärung, weshalb er 13 Prozent abgeben musste. Doch Pflug war der Erste an diesem Abend, der das aussprach, was alle Anwesenden ins Geheimen dachten. „Was jetzt kommen muss, ist eine grundlegende Erneuerung der Partei“, sagte Pflug und fügte hinzu, dass „der Anfang auf dem Bundesparteitag in Dresden“ gemacht werden müsse. Er betonte explizit, dass er mit grundlegender Erneuerung vor allem eine personelle Erneuerung meine. Dies ist natürlich umso erstaunlicher, da Pflug bekennender Anhänger

des Seeheimer-Kreises ist und damit auch für die Abkehr der Sozialdemokratie vom Sozialen mit verantwortlich zeichnet. Man „müsse mit jungen Leuten die Partei neu aufstellen und vor allem die ritualisierten Veranstaltungen, die nur auf die Medien schielen“ beenden, so Pflug weiter. Die Verjüngung der Partei war auch gleichzeitig die Überleitung zum Bundestagseinzug von Bärbel Bas, die ihren Wahlkreis gewonnen hatte. Sie bedankte sich besonders bei den Jusos, die noch in der Nacht Wahlkampf für sie gemacht hatten. Aufgrund der Kommunalwahlergebnisse sei sie in den letzten Tagen sehr angespannt gewesen berichtete Bas. Zur Thema Bundes-SPD bemerkte sie, dass es der SPD vielleicht ganz gut tue, in die Opposition zu gehen.

Ortswechsel: Ein paar Hundert Meter weiter Richtung Westen feierten die Anhänger der LINKEN ausgelassen, aber nicht übermütig. Gerne hätte man dort, mit Blick auf die zukünftige Regierung in Berlin, Schwarz-Gelb verhindert. Die Grünen und auch die LINKE haben ihren Teil zu diesem Vorhaben beigetragen, einzig die SPD fehlten die Stimmen. Die Sozialdemokraten können sich auch nicht damit rausreden, dass sie erheblich Stimmen an DIE LINKE verloren hätte, denn die größten Verluste für die SPD ist Wählerwanderung hin zur CDU und FDP. Nicht zu vergessen die Millionen enttäuschten Stammwähler, die sich diesmal total verweigert haben und erst gar nicht wählen gegangen sind.
Gegen 22 Uhr konnte man dem Duisburger Bundestagskandidaten Marc Mulia ansehen, wie die Anspannung langsam wich und er gelöst seinen Einzug über die Landesliste NRW feierte. Mit über 8 Prozent hat die LINKE in NRW ihre Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen fast verdoppeln können. Für Duisburg ist das Ergebnis noch deutlicher ausfallen, mit 10,75 Prozent der Erst- und 12,45 Prozent der Zweitstimmen ist sie drittstärkste Kraft geworden.

Mit Spannung wird man die nächsten Monate abwarten müssen, um zu sehen, wie sich die SPD neu ordnet, sich ihrer Wurzeln besinnt und eine Näherung an die Linke herbeiführt. Sollte es in Dresden nicht zu der angekündigten personellen Erneuerung kommen, wird sich die SPD selbst marginalisieren und bei den Landtagswahlen im Kernland der Sozialdemokratie Mitte 2010 ein weiteres Fiasko erleben. Dies schien auch Thema des Duisburger Landtagsdreigestirn Bischoff, Link und Jäger gewesen zu sein, die abseits der SPD-Wahlparty hektisch diskutierten.

Spannend auch, wie sich die Wahlniederlage der SPD sich nun auf die Koalitionsverhandlungen im Saarland, Thüringen und nicht zuletzt auch in Brandenburg auswirkt. In diesen drei Ländern hat die SPD nun die Chance, ein wieder gefundenes linkes Profil zu präsentieren.

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