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„Spenden ist kein Geschäftsmodell“ Frank Bsirske zu Besuch bei Karstadt in Duisburg

IMG_1140Er ist einer der einflussreichsten Menschen der Republik und unumstrittener Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Frank Bsirske genieß sichtlich den Kontakt zu den Beschäftigten bei Karstadt, er begrüßt jeden mit Handschlag, geht auf Verkäuferinnen zu, hört ihnen zu, macht sich Notizen. Für ihn ist es kein Pflichttermin, das merkt man schnell.

Wir hatten die Möglichkeit Frank Bsirske zwei Stunden lang bei Karstadt zu begleiten und ihm einige Fragen zu stellen. Hier nun der erste Teil unseres Interviews

XN: Werden die Gewerkschaften jetzt ihre Zurückhaltung der letzten 10 Jahre gegenüber einer SPD-Regierungsbeteiligung aufgeben, oder anders: Werden Gewerkschaften unter Schwarz-Gelb wieder ihre gesellschaftspolitische Aufgabe wahrnehmen?

Frank Bsirske: Als die Pläne zur Agenda 2010 bekannt wurden, hat ver.di bundesweit 90.000 Menschen mobilisiert. 2004 haben wir es geschafft 640.000 Menschen gegen die Pläne der Bundesregierung zu aktivieren. Genauso haben wir gegen die Rente mit 67 Jahren mobilisiert. Dass wir uns also übermäßige Zurückhaltung auferlegt hätten, kann ich so nicht sehen. Bei der IG BCE ist das was anderes (lächelt).

XN: In der Online-Ausgabe der Thüringische Landeszeitung vom 29.9 steht als Überschrift: „Bsirske will Annäherung an Arbeitnehmerflügel der Union“, wie soll diese Annäherung aussehen?

Frank Bsirske: Da wo die CDA gute Vorschläge macht, ist es doch vernünftig sie zu unterstützen. Das Problem ist ja nur, das der CDA in der CDU nix durchsetzen kann.

XN: Wir sind hier bei Karstadt in Duisburg. Der Betriebsrat hat immer darauf hingewiesen, wie wichtig der Erhalt der Arbeitsplätze ist, doch vor allem, dass diese tarifgebunden sind.

Frank Bsirske: Ich gebe mal zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit. Schlecker hat festgestellt, dass die kleinen Schleckermärkte nicht mehr attraktiv sind. Die Märkte sollen also geschlossen werden und in eine neue Linie die sogenannten XL-Märkte übergehen. Vorgaben für die neue Linie ist, dass kein altes Personal übernommen wird, sondern auf dem Arbeitsmarkt akquiriert wird. Des weiteren sollen die Arbeitsplätze

bei XL nicht tarifgebunden sein. Das heißt, dass der Stundenlohn von 14,20 Euro auf 6,50 Euro fällt. Man entledigt sich hier also der alten Belegschaft und natürlich auch der Betriebsräte. Etwa 40 Prozent der Schleckerfilialen haben einen Betriebsrat. Uns sind XL-Arbeitsverträge bekannt, die bis zum 1.5.2010 befristet sind, die eine bundesweite Versetzbarkeit verlangen und einen Monatslohn von 555 Euro beinhalten.
Oder das Uni-Klinikum in Essen: Hier werden alle Neueinstellungen über die Klinik eigene Leiharbeitstochter eingestellt. Dies bedeutet zwischen 200 und 300 Euro weniger Lohn, kein Urlaubsgeld, nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch und keine betrieblichen Sozialleistungen.

XN: Die Beschäftigten bei Karstadt haben in den letzten Jahren finanziell einiges abgeben müssen. Ob nur tarifvertragliche Leistungen wie Sonderzahlungen, Weihnachtsgeld und sogar Lohneinbußen, alles unter dem Decknamen „Zukunftspakt“. Vor ein paar Wochen hat der Arcandor Insolvenzverwalter sogar eine nochmalige Lohnkürzung von 20 Prozent vorgeschlagen. Ist das eine Chance Arbeitsplätze zu erhalten?

Frank Bsirske: Nein, Spenden ist kein Geschäftsmodel. Solange nicht bekannt ist, wer der neue Investor ist, oder ob die Metro die Warenhausgruppe übernimmt, macht es keinen Sinn Zugeständnisse zu machen. Es wäre fatal, mit unterschiedlichen Lohnniveaus in die Verhandlungen mit dem Kaufhof gehen würde.

XN: Die alte Bundesregierung hat ja finanzielle Hilfen für Arcandor ausgeschlossen, können die Beschäftigten hier auf die neue Regierung hoffen?

Frank Bsirske: Nein, weder die FDP noch die CDU werden sich hier reinhängen. Die FDP wird naturgemäß mit dem „Markt“ argumentieren und der CDU sind unter dem Strich die Frauenarbeitsplätze egal.

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