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Journalistentag NRW 2014: Das Digitale geht halt einfach nicht weg

Programm des Journalistentages NRW

Vom Ruhrgebiet über das U bis zum Boulevard reichte die Programmpalette des DJV-Journalistentages-NRW-2014.

Hier die Jungen Wilden  – dort die Alteingesessenen: Diese Zweiteilung galt beim Journalistentag NRW des DJV wohl nur beim Panel zum Thema „Zukunft des Fernsehens“. Und selbst dort ging es recht zahm und friedlich zu. Nur beim Thema wie das Ruhrgebiet sich besser darstellen könnte gab es ab und an einen Hauch von reger Diskussion. Und die Frage, ob und wie man mit Youtube und Blogs sein Geld verdient ist im Jahr 2014 eine, die man stellen kann. Aber eigentlich nicht mehr müsste.

Doch sag, wie hältst du es mit dem Rückkanal?

Diese Frage schwang bei zahlreichen Diskussionen zum Thema des Digitalen im Journalismus mit. Schon beim ersten Programmpunkt im View kam die Frage auf, wie man denn das mit dem Rückkanal handhaben würde und auch bei den Diskussionen rund um die Boulevardisierung des Journalismus – die Namen Buzzfeed oder HuffPo schwangen hier im Raum mit. Ein Panel beschäftigte sich explizit mit der Frage der Kommentarfunktion bei Digitalen Angeboten, allerdings konnte ich mich leider nicht zweiteilen. Dabei kristallisierte sich rasch beim Auftakt heraus, dass man lernen muss Kritik aushalten zu können – allerdings hat nicht jeder wie das Deutschlandradio den Vorteil eine 24/7-Nachrichtendienstschicht für das Internet zu haben. Dass die Community eine wichtige Inspirationsquelle ist, das scheint allmählich angekommen zu sein. Wie man allerdings genau mit dieser Quelle umgeht blieb beim Impuls im View offen, deutlich wurde nur dass man sich natürlich mit dem Leser beschäftigen muss. Das allerdings hat sich seit den Zeiten in denen Postkarten mit Sütterlin-Handschrift in den Redaktionen kamen nicht geändert – es war damals nur einfacher halt nicht zu reagieren.

Duckmauser Ruhrgebiet?

„Die Essener Redaktion der WAZ hat sich in den Jahren vergrößert“, wischte Frank Stenglein von ebendieser WAZ Lokalredaktion mal locker das Problem des Zeitungssterbens in der Region des Ruhrgebietes beiseite; dass zu Pressekonferenzen im Ruhrgebiet nur noch wenige Journalisten kommen würden läge wohl an den falschen Themen. Verwunderlich ist, dass die Diskussion an dieser Stelle nicht aus dem Gleis geriet, schließlich gibt es in Dortmund tatsächlich ja nur noch die Ruhrnachrichten und die Verluste im Privatbereich sind eher ansteigend als fallend. Doch letztendlich ging es um die Frage, warum das Ruhrgebiet teilweise immer noch mit einem Imageproblem zu kämpfen hat. Karola Geiß-Netthöfel vom Regionalverband Ruhr war dafür Innen- und Aussenansicht zu trennen: „Wir haben Delegationen aus China, die sich sehr für die Technik interessieren. Man schaut generell sehr interessiert auf das Ruhrgebiet um zu lernen wie man mit einem Industriewandel umgeht.“ Allerdings: Die Industrieromantik und die Vergangenheit sind eine Geschichte die auserzählt ist, so Stefan Laurin, der für eine neue Erzählung für das Ruhrgebiet plädierte. Also komplett weg mit Bergbaukumpelzechenhaldenschmalz? Zwischen den Zeilen ließ an allerdings auch durchblicken dass man als Unternehmen und als Verband gerne auch mehr Begleitung durch die Presse hätte wenn es um Ruhrgebietsthemen geht. Interessanterweise wurde die Frage, wie nachhaltig eigentlich Veranstaltungen wie RUHR2010 waren oder sind nicht angeschnitten. Es wäre zu viel verlangt am Ende der Diskussionsrunde den Stein der Weisen präsentiert haben zu können, richtig lebhaft wurde es stellenweise auch nur dann wenn Stefan Laurin sprach. So warf er provokant mehr Selbstvertrauen und mehr die Besinnung auf wirtschaftliche, treibende Themen als Punkte in die Diskussion; ebenso wie er zu bedenken gab, dass sich zwei Zeitungen in Gebieten, in denen die Menschen eher mit der Sorge um das tägliche Brot beschäftigt sind wohl kaum halten können. Eine Zeitung ist entbehrlich. Essen eher weniger. Wobei es Journalisten in Essen ja wohl super geht. So schliesst sich dann auch ein Kreis.

Die sind nur eine Spielart des Journalismus! Echt jetzt!

Heftig mit der Raumakustik kämpfte anschließend die Diskussionsrunde um die Boulevardisierung des Journalismus. Stellenweise war es arg schwer zu verstehen, was gesagt wurde und nach der Diskussion war ich zumindest auch nicht klüger als vorher. Heftig und Buzzfeed wurden zwar angesprochen, aber die Frage warum es denen so gut gelingt Leser mit ihrem Klickbaiting zu kriegen – auch wenn Facebook da wohl den Algorithmus geändert hat so dass Heftig nicht mehr ganz so oft im Stream auftaucht – tauchte gar nicht auf. Dabei ist der Einfluss von Heftig und Co nicht zu verleugnen. Mehrfach wurde der Focus als aktuelles Beispiel im Online-Bereich herangezogen. Während das ZDF mit heute.de da eher weniger mit am Hut hat – höchstens mache man mal ein Boulevardthema am Tag zum Ausstieg, so Martin Giesler – sind generell die Klickzahlen als Messwert im Journalismus angekommen. Allerdings ist die Frage, wie man misst ob ein Artikel auch komplett gelesen wird im Jahr 2014 im Journalismus offenbar eine, die seltsamerweise nicht mit der Antwort des Nachvollziehen der Lesezeit oder des Scrollings der Maus beantwortet wird. Jedenfalls nicht in der Diskussionsrunde an sich. Schlagzeilenoptimierung wie es die Huffington-Post macht ist offenbar kein Thema für Tanja Gabler von Internet World Business, als Fachmagazin könne man allerdings nur eine endliche Steigerung von den Knickzahlen her erreichen. Juliane Gunardono von Golem.de warf dann ein, dass man natürlich auch für die Leser schreiben würde – es wäre hoffärtig wenn der Journalist behaupten würde, er tue das nicht – aber eine Optimierung nach der Lesermeinungsmasse lehnte sie ab. Es ginge nicht an, dass man die nicht so schlagkräftigen Themen nicht bringen würde nur weil das die Leser nicht wollten. Verwunderlich, dass sich offenbar keiner in der Diskussionsrunde genauer mit der Definition, was denn jetzt eine Social Media Optimierung für die Inhalte sein soll herumschlagen wollte – ebenso hätte man beim Thema Buzzfeed zumindest genauer hinschauen können. Dass das US-Buzzfeed eine eigene Redaktion hat, die sich durchaus auch mit Themen jenseits von Listicles beschäftigt scheint den Diskutanten nicht geläufig gewesen zu sein. Ja, so Martin Giesler vom ZDF, diese noch relativ jungen Anbieter wären halt eine Form des Journalismus, sie wären aber nicht der Journalismus. Dem konnte man zustimmen – aber die Frage, was man von diesen Angeboten nun lernen könne blieb offen. Und ob Heftig nicht mehr funktioniert? Fraglich, bei den 10000flies jedenfalls tauchten in der letzten Woche noch einige Artikel unter den Top10 auf. Schade, dass man die Chance verpasste hier in die Tiefe zu gehen.

Junge wilde Youtuber moderieren in Boxershorts! Oder so

Konstruktiv, freundlich aber auch mit gelegentlichen Spitzen lief dann das Panel zum Thema Fernsehen und Zukunft ab. Tenor: Die Grenzen verschwimmen allmählich – der Youtube-Style sei aber nicht unbedingt fürs Fernsehen geeignet, so der freie Journalist Daniel Bröckerhoff da man einen gewissen Gestus und eine gewisse Technik vom Fernsehen erwarte. Zudem sei bei den Anstalten auch stets ein ganzer Apparat dahinter, der das „Einfach machen“ nicht unbedingt ermögliche. Philipp Walulis, Macher von „Walulis sieht fern“ gab sich provokant: Wenn vier Millionen Leute den Musikantenstadel sehen wollen würden, wer sei er zu verhindern dass diese vier Millionen ihren Spaß haben würden. Andererseits wäre dann aber die Frage ob man nicht vielleicht mal Gebührengelder so umschichten könnte, dass man auch für die Jüngeren gute Inhalte produziere. Und: Das was ihn persönlich interessieren würde fände er im linearen Fernsehen meistens gar nicht. „Dabei haben die Öffentlich-Rechtlichen aber auch ein Imageproblem,“ klagte Bröckerhoff. Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk gelte als altmodisch, muffig und abgestanden. Youtuber also die neuen Wilden? Zumindest könnte man bei Youtube Dinge ausprobieren und auch mal scheitern, so Philipp Steuer, Macher von „Was geht ab“; man hätte zudem mehr Zeit und Geduld um Dinge zu verfeinern hakte Marie Meimberg vom Verein 301+ ein. Grunsätzlich hätte jeder das Equipment zum Machen in der Hosentasche. Allerdings müsse man sich auch trauen. Jedoch ist Youtube nicht das Allheilmittel, so Walulis. Zudem wünschte er sich, dass es einen Empfehlungsalgorithmus für die Mediatheken gäbe. Da kommt dann auf Alina Fichte vom BR wohl in Zukunft noch eine Menge Arbeit zu, momentan ist sie allerdings neu in ihrem Job und konnte daher leider nicht tiefergehend in die Strategie des BRs was das Social Web und Video anbelangt einführen.

Redaktionsalltag mit Social Media und Blogger nach vorne

Furchtbarere Erkenntnisse dann im nächsten Panel: Zwei Studien der lfm wurden vorgestellt. Einerseits: Wie arbeiten Redaktionen im Internet mit Social Media? Andererseits war es interessant zu sehen wie politische Journalisten – also die, die bei der Bundespressekonferenz akkreditiert sind – Twitter nutzen. Zwar gibt es auch beide Studien zum Download, allerdings zeigte sich mal wieder der digitale Graben in diesem Panel auf. Links zu nennen auf Powerpointfolien sollte doch eigentlich keine Kunst sein. Ich könnte an dieser Stelle einige Zahlen und Ergebnisse runterschreiben – so haben sich Facebook und Twitter in den Redaktionen etabliert, Google+ dagegen kaum, bei Liveberichterstattungen hat Twitter die Nase vorn und durch alle Altersgruppen meint man noch Defizite im Umgang mit Social Media zu haben. Allerdings – wer sich wirklich dafür interessiert, der hat ja oben den Link. Zudem: Die Akustik war halt so wie sie war. Und wenn man hinten saß konnte man die Folien auch nicht unbedingt so gut erkennen.

Nicht so ganz klug war vielleicht die Idee das Panel zum Thema „Blogger nach vorne“ direkt noch mal abzuhalten nachdem man gerade im anderen Raum damit fertig war. Zwar ist es lobreich, Panel mit diversen Themen nochmal zu wiederholen da viele interessante Vorträge parallel laufen bei solchen Veranstaltungen. Ein wenig mehr Abstand zwischen den Panels hätte dem Thema aber gut getan. So hatte ich den Eindruck, dass man im Grunde schon vorher alle Meinungen ausgetauscht hatte und so richtig in Schwung kam die Diskussion dann nicht. Georg Watzlawek vom Bürgerportal Bergisch Gladbach legte jedenfalls großen Wert darauf, dass er kein Blogger sondern Lokaljournalist sein, der nur eine Blogplattform benutze. Spannend hätte das Thema Bloggerrelations mit Deichmann werden können – Ulrich Effing repetierte aber nur, was man schon ahnte: Deichmann sei halt interessant für Modeblogger, die aber genauso wertgeschätzt würden wie normale Journalisten und es gibt halt verschiedene Formate und Aktionen. Und ein Affiliate-Programm. Immerhin: Gegen eingekaufte Beiträge die nicht als Werbung gekennzeichnet seien verwehrte er sich, damit sei keinem gedient. Die Frage wie kritikfähig man denn noch sein kann wenn ein Unternehmen einen unterstütze hätte einige Würze in die Diskussion bringen können – hätte. Thomas Ebeling von mercedes-fans.de gab zu bedenken, dass man zwar Fan sei, aber auch als Fan nicht unkritische Berichterstattung sein lassen könne. Dazu würde man die Marke dann doch zu sehr lieben, dazu hätte man „Benzin im Blut“. Dass der Blog auch zum Printprodukt führen kann zeigte Eva Gieselberg, die Gründerin des Brautmagazins marryMAG, das jetzt in der fünften Auflage erscheint. Das Magazin, das ähnlich wie die BRAVO immer neu eine Zielgruppe erschließen muss, würde dabei den Tonfall der Blogs aufnehmen.  Die Mahnung von Ulrich Effing, man dürfe sich als Unternehmen nicht zurücklehnen und dieses Social Web aus den Augen lassen, Pinterest und Instagram könnten die Blogs ablösen, Text sei vielleicht bald nicht so sehr mehr gefragt war dann ein passendes Schlusswort – auch wenns nicht zum Schluss fiel. Und ob man wirklich noch nach zwei Jahren alle im Internet veröffentlichen Texte wiederfindet wie Thomas Ebeling behauptete? Selbst bei Archive.org hat man nicht unbedingt immer Erfolg was das anbelangt.

Was fehlte? Ein Abschluss! Raummanagement! Längere Mittagspause!

Warum es dem deutschen Journalistentag NRW nicht möglich ist nach der letzten Diskussionsrunde wenigstens noch eine Abschlussrunde zu einem Thema zu organisieren, die dann allgemein vielleicht übergreifend noch mal einige Themen reflektiert? Ebenfalls war nach den letzten Panels am Tag kein richtiger Ort gegeben um sich auszutauschen – und abgesehen davon sollte man beim Planen einer Veranstaltung wissen, dass es eine gewisse Verordnung gibt nach der auf eine Etage halt nur 200 Leute sich gleichzeitig aufhalten dürfen. Da könnte man vielleicht auf die Idee kommen nicht gerade zwei Panels auf einer Etage zu organisieren, die dann auch noch mit Abstand die publikumsträchtigsten sind. Ebenfalls nicht geschickt: Knapp 600 Leute nur für eine halbe Stunde ins Foyer für die Mittagspause zu schicken.

Und das Fazit? So richtige Impulse, über die man jetzt noch nachträglich online oder offline diskutieren könnte gab es nicht in den Diskussionen die ich mitbekam. Das mag in anderen Panels anders gewesen sein. Dass man heutzutage in einer Welt der weiteren Möglichkeiten für die journalistische Arbeit lebt dürfte einleuchtend sein – dass man dann seine Inhalte auf den jeweiligen Kanal zuschneidet wie das auch die lfm-Studien zeigten sollte im Jahr 2014 aber keinen mehr überraschen. Daher ist es auch merkwürdig, von Social Media Optimierung zu sprechen wenn man noch nicht mal definiert hat was das eigentlich sein soll – nur halt bloß nicht Buzzfeed und HuffPo! Gerade von denen könnte man aber genau das im Digitalen Bereiche lernen: Das Hören auf die Zielgruppe, diese ominöse Rückkanal von dem ja alle irgendwie redeten. Das Verpacken von Inhalten in ansprechende Formate, auch wenn das vielleicht nicht unbedingt „hochqualitativ“ ist. Und gleichzeitig auch das Setzen von exklusiven Themen. Manchmal kommt dann sogar ein Pulitzerpreis heraus. Oder zumindest könnte einer rauskommen, denn Buzzfeed in den US hat im Team einen Journalisten, der einen Pulitzer hat. 

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