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Kultur als Blabla-Laut?

Gabriel von Max: Saure Erfahrung (Bitter experience) (Photo credit: Wikipedia)

Die Provokation lässt sich fortsetzen. Ist Kultur kein allgemein menschliches Unterfangen, sondern abhängig von besonderen geschichtlichen Entstehungsbedingungen, sind die Begriffe historische, die unabhängig davon ausgebildet werden, ob es in Gesellschaften z.B. Künste und Wissenschaften wie im griechischischen Altertum gab oder in manchen Gesellschaften gibt, wäre dann nicht die aktuelle Kultur einer Gesellschaft ein Fall für die empirischen Sozialwissenschaften, inklusive der Psychologie, eventuell sogar der experimentellen?

Es kann schwer zu begreifen sein, wie Kultur, die seit der Neuzeit in der westlichen Welt mit allerhand behaftet zu sein scheint, davon, allgemein betrachtet, völlig unabhängig ist. Würde es sich nicht um einen Widerspruch handeln, um einen solchen handeln müssen?

‘Kultur’ ist ein Klassen- bzw. Sammelbegriff geworden, ein Begriff, der sich nur über Umwege überhaupt auf etwas bezieht. Ohne Begriffe wie lesen, schreiben, musizieren, um Beispiele von Kant anzuführen, sieht man mal von der weiter zurückreichenden Geschichte ab, hinge ‘Kultur’ wie ein unverständlicher Blabla-Laut in der Luft. Würde man auf den Begriff verzichten, ginge nichts verloren, das Lesen nicht, das Schreiben, auch das Musizieren nicht. ‘Kultur’ fasst zeitbezogen zusammen. Nur auf diese Weise konnte der gleichsam zum Blabla-Laut erweiterte Begriff eine Grundlage zur Selbstbespiegelung werden, auch und gerade nach der gesellschaftlichen Relativierung des Bürgertums: ebenso zu einer Selbstbespiegelung der Massen.

Wenn ‘Kultur’ seit der europäischen Frühaufklärung ein zusammenfassender Begriff, ein Sammelbegriff ist, dessen Ausprägungen gesellschaftlich geformt werden, bleibt als wissenschaftliche Methode zu Erfassung von Kultur nur die empirische Sozialforschung übrig. Was hingegen ein Matern über ‘Kultur’ sagt, wäre mehr als belanglos, überflüssig. Die geeignete Maßnahme wäre: Schnauze halten! – Und sich der Mehrheit ergeben? Die Möglichkeit, Kritik zu üben und Alternativen anzubieten, bleibt durchaus, man sollte solche Möglichkeiten jedoch nicht überschätzen. Zum ersten Mal gewinne ich innerhalb der essayistischen Notizen so etwas wie festen Boden unter den Füßen, auch dann, falls sich niemand für die Notizen interessiert.

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Die essayistische Notiz “Kultur als Blabla-Laut?” steht im Kontext eines Projektes über Kultur. Der erste Text der Reihe lautet: Der Award, der vorgängige Kultur als Massengrab?, der nächste Kultur und Zivilisation.

Drei weitere Texte sind bereits veröffentlicht aber noch nicht eingereiht: Musik ist eine Hure, Das Ende einer Ära und Wenn Träume wahr werden, ist der Alptraum nicht weit.

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