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Die Lust auf mehr!

Das Ruhrgebiet verliert an Bevölkerung und Unternehmen. Die Leerstände in den Vierteln der Städte sind unübersehbar. Die Tendenz teilt es mit anderen Regionen auf der Welt, z.B. mit der us-amerikanischen Metropole Detroit. Die Konferenz ‚Recht auf Stadt‘, die am vergangenen Wochenende in Duisburg-Ruhrort stattfand, galt auch diesem Phänomen und dem Anliegen, frei gewordene Raumlichkeiten kulturell zu nutzen.

Die Stadtverwaltungen der Ruhrgebietsstädte reagieren unterschiedlich auf Anfragen von Kulturschaffenden und den damit verbundenen Chancen. Weil es speziell in Duisburg besonders schwer ist, Unterstützung für die Wiederbelebung von Quartieren zu finden, wurde die Situation in besonderer Weise berücksichtigt. Konkret fordert man Verwaltung und Politik auf, dem Verein Mustermensch e.V. das Mercator-Quartier für ein soziokulturelles Zentrum unbürokratisch und wohlwollend zu ermöglichen. Da auch ein Kulturentwicklungsplan für Duisburg fehlt, regen die Teilnehmer des Kongresses an, einen Duisburger Kulturrat zu gründen, der bei der Erarbeitung eines solchen Plans alle Facetten eines regen Kulturlebens berücksichtigt und Vertreter der hiesigen Szene einbezieht.

Jürgen Fischer von der Stabsstelle des Regionalverbandes Ruhr hat auf der abschließenden Podiumsdiskussion versprochen, das regionale Netzwerk der Initiativen in die Kultur-Diskurse der Region einzubeziehen. Auf die Frage, ob es regionale Ansprechparter für Projekte gibt, verwies er auf das european centre for creative oeconomy in Dortmund, das genau dafür geschaffen worden sei. Die weitere Diskussion, in der zwischen kulturwirtschaftlichen und kulturellen Anliegen differenziert wurde, machte deutlich, dass auch der Region geeignete Ansprechpartner fehlen.

Der grundsätzliche Unterschied liegt in den verschiedenen Marktzugängen: Typische Kulturwirtschaftsbetriebe arbeiten primär nachfrageorientiert, während Kunst Angebote schafft, deren wirtschaftliche Relevanz gar nicht abzusehen ist und häufig unbedeutend bleibt. Würden auch Künstler nachfrageorientiert arbeiten, entfiele der künstlerische Anspruch, etwas in Auseinandersetzung mit der Umwelt aus sich heraus zu schaffen. Man könnte allenfalls noch von Kunsthandwerk sprechen. Soziokulturelle Anliegen sind mit ihren Angeboten zwar nachfrageorientiert, preislich jedoch so ausgerichtet, dass die Gemeinnützigkeit im Vordergrund steht, nicht eine Selektion.

Die Kulturstiftung des Bundes weist unter dem Stichwort ‚shrinking cities‚ (schrumpfende Städte) auf die Tendenz zu Leerständen hin und verdeutlicht es anhand einer Reihe von Beispielen, darunter fallen Detroit und einige englische als auch ostdeutsche Kommunen. In besonderer Weise sind Städte und Regionen betroffen, die einst Industriezentren waren und deren Strukturwandel weitaus schwieriger zu bewältigen ist, als zunächst erhofft.

Es reicht nicht aus, wie man es an der Situation im Ruhrgebiet leicht erkennen kann, mit sogenannten Leuchtturmprojekten zu werben und Ansiedlungsstrategien zu entwicklen, um sich als Alternative zu bestehenden Dienstleistungs- und Kulturwirtschaftszentren zu präsentieren. Es fehlt der besondere Anreiz, der Kick. Foster-Architektur, wie man sie sie stadtplanerisch in Duisburg präferiert, ist international nichts Besonderes, überstrahlt auch nicht all die innerstädtischen Kontraste und Brüche. Ein Kick könnte das Abenteuer sein, einer tatsächlich zusammenwachsenden Metropole Ruhr von derzeit über fünf Millionen Menschen anzugehören. Und einer sich entwickelnden Kultur beiwohnen zu können, die noch zu überraschen vermag, auch und gerade wenn sie aus Hinterhoflaboren an die Öffentlichkeit tritt, nicht stets politisch korrekt und modisch adrett ist.

Die Initiativen des Kongresses fordern die Städte und den Regionalverband auf, dem kulturellen Potential der Region ein gedeihendes Leben zu ermöglichen und in unbürokratischer Weise die erforderlichen Räume dazu freizugeben, ja selber Neugierde zu entwickeln und nicht bloß dem Schick und gefragten Klassikern hinterherzulaufen, um doch nur immer wieder abgehetzt und verzweifelt zu spät zu kommen, im weithin belächelten Buhlen um internationale Anerkennung.

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