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SPD Duisburg: Digitaler Parteitag mit vielen Hürden und Tücken

Die SPD Duisburg schien den grossen Parteitag mit einem kleinen Ortsvereinsfest zu verwechseln. Rund 180 Deligierte verfolgten online technisches Chaos und weitestgehend überforderte Akteuere. Innerhalb der ersten Stunde reihte sich eine technische Panne an die Nächste. Wortbeiträge waren kaum oder auch gar nicht zu verstehen. Gerade bei diesem Parteitag hatten die Delegierten eine professionelle Abwicklung erwartet, wurden aber enttäuscht. Nach 70 Minuten wurde immer noch über die Geschäftsordnung diskutiert. Begonnen hat der digitale Parteitag mit einem Paukenschlag. Das Präsidium um Gisela Walsken wurde mit nur rund 60% bestätigt – das schlechteste Ergebnis, das jemals ein Präsidium in Duisburg erzielt hat. Professionell wurde dieser Umstand jedoch weggelächelt. Und das Präsidium begann seine Aufgabe unter technischen Defiziten zu moderieren. Selbst der Geschäftsführer der Bundes-SPD Lars Klingbeil scheiterte zunächst an den technischen Hürden.

Leider hatte Klingbeil terminbedingt eine verkürzte Rede gehalten. Er lobte die Arbeit auf Bundesebene von Bärbel Bas und Mahmut Özdemir. Ebenso zollte er den hervorragenden erzielten Wahlergebnissen von Oberbürgermeister Sören Link Respekt. Kurz skizzierte er die zentralen Elemente des Wahlprogrammes zur anstehenden Bundestagswahl, welches das grünste Wahlprogramm sei, welches die SPD jemals aufzeigte. Eine klare Absage erteilte er einer CO2-Preiserhöhung ohne begleitende Entlastungsmaßnahmen. Die staatliche Investitionsquote müsse hierbei massiv steigen. 400.000 neue Wohnungen sollen jährlich entstehen, hiervon 100.000 im sozialen Wohnungsbau. Ausbildungsgarantie, Umkehr der Armutsspirale und eine Grundsicherung als Ablösung von Hartz IV sind weitere Kernthemen der SPD im Wahlkampf. Mehrfach betonte Klingbeil, das Olaf Scholz der richtige Mann sei, diese Themen erfolgreich umsetzen zu können. Im Bereich der Flüchtlingspolitik kritisierte Klingbeil massiv eine Abschiebepraxis der CDU, in der Kinder aus Klassenräumen heraus abgeschoben werden (hierbei weisen wir auf den Fall Bivsi hin). Ungewohnt für die Delegierten war es sicher, dass Klingbeil Wahlumfragen analysierte, die ausweisen, dass die SPD 99 Tage vor der Bundestagswahl 3% hinter den Grünen liege und man es schaffen könne, diesen Rückstand aufzuholen. Klingbeil zeichnete ein düsteres Bild einer schwarz-grünen Koalition, da die CDU für einen Rückschritt stehe. Bei den Grünen zweifelte er die Regierungsfähigkeit ein. Warme Worte für eine Duisburger SPD deren Koalitionsverhandlungen mit den Grünen genau aus diesen Gründen gescheitert war.

Große Freude herrschte bei Klingbeil über den Beschluss der Duisburger SPD, dass in allen städtischen Gesellschaften und in der Verwaltung 12 Euro Mindeststundenlohn gezahlt werden soll. Es müsse eine bundeseinheitliche Lösung geben. Jede sozialdemokratische Kommune, die bereits hier jetzt als Vorbild dient, finde seine Unterstützung.

Eine „Testabstimmung“ sollte wohl eine Resolution bieten, die direkt vor dem entscheidenden Wahlpunkt eingefügt wurde. Diese Resolution beinhaltete die Forderung nach einer starken und in sich geschlossenen SPD. Neben vielen Punkten, bei denen jeder Sozialdemokrat bedenkenlos zustimmen könnte, fanden sich zwei kleine Punkte, in denen unter anderem die Resolution forderte, das Sören Link und Sarah Philipp Vorsitzende der Partei werden; weiter beinhaltet diese Resolution die Möglichkeit der Einführung einer Doppelspitze. Genau darüber schienen viele Delegierte gestolpert zu sein und somit wurde der Antrag mit einer Mehrheit von rund 53% abgelehnt. Jürgen Brandt versuchte danach in einer reißenden und herzergreifenden Rede die Delegierten wieder zu vereinen. Markus Mellenthin erinnerte Jürgen C. Brandt umgehend daran, dass er selbst vor einigen Jahren den Beschluss verkündet habe, dass satzungskonform Mitglieder mit gutem Grund nicht über Wahlen und Satzungsänderungen entscheiden sollten. Dies sei ausschließlich die Aufgabe der zuständigen Delegierten. Delegierter Helmut Ploum warf dem Vorstand der SPD Duisburg vor, dass dieser diese Situation selbst und verschuldet herbeigeführt habe. Man habe noch nie über die Vorteile einer Doppelspitze diskutiert, sondern dieses konkret mit zwei Kandidaten verbunden. Weiter wundere er sich, dass genau die Leute, die heute für eine Geschlossenheit plädieren, genau diese Situation heraufbeschworen zu haben. Die finale Entscheidung zur Satzungsänderung erfolgt durch eine Briefwahl. Die Abstimmung spiegelt lediglich ein Stimmungsbild. Warum über das Landtagsprogramm OpenSlides keine rechtsgültige Abstimmung möglich sei, wurde nicht weiter erörtert.

Mit überragender Mehrheit von 56,8 % lehnten die Delegierten die Satzungsänderung ab. Notwendig wäre eine Zustimmung von 66,6 % gewesen. Verwundert zeigten sich später diverse Delegierte, das der über Monate angekündigte Beschluss nun nur ein Stimmungsbild gewesen sein soll, welches in einer Briefwahl bestätigt werden soll. So lautete der Antrag, dass die „Versammlung“ beschließen möge, dass der Unterbezirksparteitag über die Satzungsänderung abstimmen soll. Dies bedeutet, die Delegierten befanden sich urplötzlich nicht mehr auf dem Unterbezirksparteitag, sondern in einer weiter nicht definierten Versammlung, in der sie sich selbst ein Stimmungsbild abzugeben hatten. Fraglich ist, ob hierfür nicht der Unterbezirksparteitag hätte unterbrochen werden müssen, da diese Abstimmung ganz klar keine Abstimmung des Unterbezirksparteitages war. Wenn es denn wirklich plötzlich eine Mitgliederversammlung statt eines Parteitages war, dann hätten gegeben falls rechtlich die ebenfalls anwesenden Mitglieder diesen Tagesordnungspunkt mit abstimmen dürfen. Insgesamt fühlte es sich an, wie ein Zaubertrick, aus dem noch nicht erschienenen Film „Harry Özdemir und die Doppelspitze“.

Die Delegierten erhalten nun Briefwahlunterlagen, mit denen diese nochmal abzustimmen haben. Wann diese herausgehen, wurde nicht thematisiert. Die große Frage ist, ob bis dahin noch interparteiliche Mechanismen beginnen, um die Stimmung zu drehen. Sollte dies geschehen, dass die Deligierten nach einem Parteitag plötzlich anders verhalten als während eines Parteitages, wirft dies erneute Fragen auf.

Pünktlich um 15 Uhr endete die Veranstaltung, nachdem wenige Beschlüsse der Tagesordnung behandelt wurden. Die vielen weiteren Beschlüsse, die gefasst werden sollten, müssen auf einen anderen Termin verschoben werden. Insofern stellt sich die Frage, ob es wirklich klug war den Beschluss den Parteitag auf 17 Uhr zu verlängern, abzulehnen. Mit ein wenig Disziplin hätten in diesen zwei Stunden vielleicht noch rund 20 für die Duisburgerinnen und Duisburger wichtige Beschlüsse gefasst werden können. Leider hat sich wie so oft die Duisburger SPD um Formalitäten gestritten statt Politik für die Menschen dieser Stadt zu machen.

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