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Duisburg: „Wir müssen den Stahl in Deutschland zukunftsfähig halten“

Duisburg ist das Herz der Stahlerzeugung Europas und somit der bedeutendste Stahlstandort der EU. Etwa die Hälfte des erzeugten Roheisens und ein Drittel des Rohstahls in Deutschland werden in Duisburg produziert. Er ist Basis und Grundlage für einige der wichtigsten Wertschöpfungsketten in Deutschland. Die Duisburger Stahlindustrie ist mit rund 18.5000 direkt Beschäftigten mit Abstand der größte Arbeitgeber.

Die Stahlindustrie und der Stahlstandort Duisburg, insbesondere die Werke im Duisburger Süden, befinden sich momentan, und dass nicht nur Corona – bedingt, in einer Krise. Die Zukunft von Thyssenkrupp ist hier besonders hervorzuheben und die damit einhergehenden Sorgen um die Erhaltung der Standorte in Duisburg sowie der Arbeitsplätze.

Im Rahmen seiner Sommertour besucht der Fraktionsvorsitzende der SPD – NRW Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty, gemeinsam mit den Duisburger Landtagsabgeordneten Sarah Philipp, Rainer Bischoff, Frank Börner und Ralf Jäger sowie dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Duisburg, Dieter Lieske, Thyssenkrupp Steel in Duisburg –  Hüttenheim.

Zum Pressegespräch waren Thomas Kutschaty, Sören Link, Rainer Bischoff, Dieter Lieske und Mehmet Göktas zugegen. Die restlichen Gäste verabschiedeten sich aus Corona-Grunden. Bei diesem Termin ging es darum allen Beteiligten gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden des Standortes Thyssenkrupp Steel im Duisburger Süden, Mehmet Göktas, die Bedeutung des Stahlstandortes noch einmal vorzustellen.

Dem Pressegespräch ging ein Besuch des Betriebes voraus. Es gab ein Besuch im Stahlwerk. Ein leeres Stahlwerk, bedingt durch Corona, so Rainer Bischoff im Gespräch. Man hoffe, das dies nicht mehr all zu lange so bleiben würde. „Es war ein unnatürlicher Zustand, durch solch leere Hallen zu gehen“, so Bischoff.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD Thomas Kutschaty äußerte sich zu dieser Situation wie folgt:

„Ich befinde mich momentan auf meiner Sommertour. Wir haben mehr als 50 Termine in 35 Städte. Der Einladung der Duisburger Kollegen bin ich sehr gerne gefolgt. Das Thema Stahl beschäftigt uns als Landtags-Fraktion immens. Ich selbst bin Essener und habe mit Stahl und ThyssenKrupp eine gewisse Verbindung. Die Zukunft der Stahlbranche ist schwierig. Für mich ist Duisburg ohne Stahl und Stahl ohne Duisburg nicht vorstellbar. Gerade Corona zeigt uns ganz besonders auf, vieles anders zu sehen, was wir vorher nicht gesehen haben. Es macht nochmal deutlich, wie wichtig die heimische Produktion ist und die dazugehörigen Lieferketten sind. Spätestens nach dem desaströsen Bau der Leverkusener Brücke wissen wir, das es nicht immer schlau ist alles aus China zu importieren, wenn wir im Land eine eigene gute Industrie haben. Die Frage ist nun: Wie kann man diese Industrie wettbewerbsfähiger machen? Vor allem an diesem Standort hier. Dies macht uns schon Sorgen und beschäftigt uns durchaus, das dieses Werk hier veräußert werden soll. Alle, vor allem die Gewerkschaft und der Betriebsrat arbeiten intensiv daran, einen vernünftigen Käufer zu finden, der hier auch Arbeitsplätze erhält. Für die Beschäftigten am Standort gibt es eine Arbeitsplatz-Garantie bis 2026. Das wurde bisher ganz gut vom Betriebsrat und der IG Metall ausgehandelt. Dies ist aber nur ein Stückchen Zukunftsperspektive. Unsere politische Aufgabe ist es nun dafür Sorge zu tragen, das die zukünftige heimische Stahlproduktion in Duisburg, im Ruhrgebiet, in Nordrhein-Westfalen und Deutschland erfolgreich erfolgen kann. Man sollte nicht gucken, wie man sinnvoll Kosten einsparen kann, sondern wie kann man Produktionssicherheit und hohe Qualität gewährleisten. Die Qualität hier steht ja außer Frage. Diese bietet der Standort ThyssenKrupp. Wir sind in der großen Chance in der Energiewende auch ein Vorreiter weltweit sein zu können mit dem Einsatz von Wasserstoff in der Stahlproduktion, Veredelung und Verarbeitung. Dies sind Chancen, die man gemeinsam strukturieren kann. Gemeinsam mit der Politik, den Betriebsräten und der Gewerkschaft um Stahl in Deutschland zukunftsfähig zu halten. Ich halte dies für unabdingbar. Gerade die Stahlproduktion ist in Duisburg von ganz entscheidender Bedeutung. Es sind gute Arbeitsplätze mit guten Tarifen davon abhängig. Deshalb müssen wir auch um alle Arbeitsplätze kämpfen. Wir stehen mit allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag den Mitarbeitern von ThyssenKrupp zur Seite. Wir kämpfen gemeinsam um jeden Arbeitsplatz und für zukunftsfähige Produktionswege.“

Betriebsratsvorsitzende Mehmet Göktas:

„Ich bedanke mich für den Besuch aller Beteiligten aus dem Landtag. Uns ist es wichtig, das man sich unserer Probleme annimmt und uns bei allen Problemen unterstützen will. Gerade jetzt brachen wir die Unterstützung der Politik. ThyssenKrupp steht vor ganz großen Herausforderungen. Vor allem vor wirtschaftlichen Problemen, die sich in den letzten 10-15 Jahren entwickelten. Durch Missmanagement und Fehlinvestitionen und -entscheidungen ist dieser Konzern in eine schwierige Lage gebracht worden. Nun kommt auch noch Corona oben drauf. Dieses bracht dieses Unternehmen in einen komatösen Zustand. Dies kann verheerende Folge für die Belegschaft haben. Grobblech ist bereits seit letzen Jahr im Gespräch. Durch den Tarifvertrag haben wir die Belegschaft schützen können und gleichzeitig mit beschließen können, was mit Grobblech passieren soll. Ein Chaos-Prozess, den wir aktiv mit begleiten. Wir haben starkes Interesse daran die 800 Arbeitsplätze erhalten zu können. Denn auch das Produkt ist zukunftsfähig. Die Mannschaft hat in den letzen 1-2 Jahren mit einer neuen technischen Leitung den Karren selbst aus dem Dreck gezogen. Man hat Zahlen geliefert, die es in den letzten 10 Jahren nicht gab. Das, was den Vorständen der ThyssenKrupp nicht gelang, hat die Mannschaft mit der technischen Leitung bewiesen, das der Bereich zukunftsfähig ist. Das Produkt ist wettbewerbs- und marktfähig und man stehe dahinter. Man habe alles an diesem Standort gegeben und die Zahlen haben sich deutlich verbessert. Doch leider hat ThyssenKrupp das Kapitel für sich abgeschlossen. Wir hoffen auf einen seriösen Erwerber, der mit uns alle notwendigen Vereinbahrungen abschließen wird und die Belegschaft in einen sicheren Hafen führt und eine Perspektive bietet. Es sind 800 für unsere Stadt wichtige Arbeitsplätze. Mit den Kantinen-Mitarbeitern, Reinigungskräften usw. wären mehr als 1.000 Arbeitnehmer von diesem Standort betroffen.Ich danke allen für die Unterstützung und ich bin mir sicher, das wir alle einem erfolgreichen Ende entgegen sehen.“

Oberbürgermeister Sören Link:

„Wir hatten in den letzten Monaten viele Termine bezüglich des Themas „Stahl“. Es waren durchaus viele. Wir hatten auch zahlreiche Betriebsrats-Konferenzen besucht und sind in der Materie auch sehr präsent. Hiermit zeigen wir auch auf, wie sehr uns da Thema auch beschäftigt. Auch ich mache deutlich, Stahl ist Zukunft. Insbesondere in Duisburg. Duisburg ist Industriestandort. Will, soll und muss es auch bleiben. Das ist Zukunft, das ist Hightec und die Grundlage der industriellen Wertschöpfungskette in ganz Nordrhein-Westfalen und auch Deutschland. Wir sind der größte Stahlstandort in Europa und wollen es auch bleiben. Dafür gibt es durchaus auch Chancen. Man muss diese Chancen auch nutzen. Hier, an diesem Standort ist leider über Jahre hinweg nicht investiert worden. Chancen sind nicht genutzt worden. Das Ergebnis ist demnach auch entsprechend ausgefallen. Wer hochwertigen Stahl zu hochwertigen Preisen verkaufen will, der muss auch hochwertige Produkte liefern. Die Mannschaft ist toll, der Standort ist toll, nur die Investitionen sind ausgeblieben – die Anlagen sind es nicht. Ich bin mir ganz sicher, wenn ein guter Käufer gefunden wurde, dann wird auch wieder in den Standort investiert und in Zukunft wird hier auch wieder Stahl produziert. Das ist eine gute und wichtige Nachricht für Duisburg. Man kann an diesem Standort auch wunderbar aufzeigen, wie Moderne und grüne Industrie hier funktionieren kann, Stichwort: Wasserstoff. Wenn es irgendwo auf der Welt gelingen soll Stahl mit Hilfe von Wasserstoff zu produzieren, grünen Stahl somit, dann hier in Duisburg. wir haben eine hervorragende Universität, die eine Forschung zu Wasserstoff hat. Wir haben die gesamte Stahlproduktionskette die man benötigt. Unter anderem haben wir einen starken Logistik-Standort in Duisburg mit einem aktive Hafen und -lieferketten, die den Wasserstoff bestens transportieren können. Was hierfür erforderlich ist, sind massive Investitionen. Es werden Milliarden sein, die es bedarf. Vor allem werden Investionen in die Forschung des grünen Stahls benötigt. Und die kann ein Unternehmen wie ThyssenKrupp nicht alleine stemmen. es muss der Staat, das Land und der Bund und auch Europa mit unterstützen. Ich möchte den heutigen Besuch auch dazu nutzen um daran zu appelieren, nicht nur Arbeitsplätze aus strategischen Gründen zu erhalten, sondern auch nach vorne hin weiter zu entwickeln und dafür die notwendigen Finanzressourcen zur Verfügung zu stellen. Das erwarte ich vom anstehenden Duisburger Stahl-Gipfel, der am Ende des Jahres ansteht.“

1. Bevollmächtigten der IG Metall Duisburg, Dieter Lieske:

„Sören, wir kämpfen nicht seit ein paar Monaten, sondern seit Jahren. Ich bin sehr froh, das wir mit der Politik, vor allem mit der NRW-Landtagsfraktion seit langer Zeit im intensiven Austausch sind. Wir haben es hier bei ThyssenKrupp mit einer hausinternen Krise zu tun, die durch Corona nun verschärft wurde. Das Werk hier ist gerade zu ein Synonym für eine fehlgeleitete Desinvestitions-Politik, die sich aber überall hin fortsetzt. Die Anlagen in Hamborn müssten ebenfalls mal gründlich überholt werden. Natürlich muss, wie bereits erwähnt wird, hochwertig produziert werden, wenn man auf dem Markt bestehen will. ThyssenKrupp kann das. Hätte es immer gekonnt, wenn man die richtigen Schlüsse gezogen hätte. Wir sind in einer Situation, das Corona die Transformations-Themen- so nennen wir sie – treiben. Somit die Frage: Wo ist hier noch Zukunft in der Industrie? Unter anderem haben wir auch das Thema Klimapolitik. Berechtig. – Wir können nicht so weiter wirtschaften. Irgendwann brauchen wir gar nicht mehr wirtschaften. Man muss mit den Themen vernünfig umgehen. Ich denke, man bekommt Umwelt und Industriestandort gut zusammen bringen kann. Wenn wir die Wasserstofftechnologie an diesen Standort bringen wollen, werden wir es mit einem Investitionsvolumen von rund 30-50 Milliarden Euro zu tun haben. Das wird kein Stahlunternehmer in Deutschland alleine stemmen können. Hier setzen wir als IG Metall auf gemeinsame Projekte. Das ist in der Stahlindustrie häufig schwierig, aber auf Dauer kommen wir hier nicht drum herum, wenn wir diesen Standort halten wollen. Über ThyssenKrupp schwebt ein Verkaufs-Szenario. Nicht nur für diesen Standort. Es kann durchaus möglich sein, das der ganze Steel an den Markt geht. Wir warten ab, was da kommen wird. Wir hoffen auf einen vernünftigen Verkaufs-Prozess für den Duisburger Süden. Wir hoffen auf einen „Best Honor“. Es geht ja auch um Mitbestimmung, Tarifverträge und Arbeitsplatzsicherung. Dies sind alles Themen, die uns bewegen. Ich sage hier auch mahnend: Das Geld muss jetzt schnell kommen. ansonst sind wir hier technologisch und vom Know-How her hervorragend aufgestellt. Wir verfügen über hervorragendes Fachpersonal. Wir haben auch Profis für den Bereich der Wasserstofftechnologie vor Ort. Wir sind gut aufgestellt und können das Unternehmen in den nächsten Jahren weit nach vorne bringen.“

Wie es letzten Endes um die Zukunft des Stahls stehen wird, wird die Zeit zeigen.

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