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Anmerkungen zu Musiktheorien

music (public domain)

Erinnert sich noch jemand an Musik-Traditionen vor der großen Pop-Schwemme? Die weithin geträllerten Pop-Lieder resultieren allesamt aus Volkslied-Traditionen, welcher Couleur auch immer. In westlichen Gesellschaften unterlagen die alten Traditionen im Laufe der Zeit der wohltemperierten Stimmung, die speziell für Tasteninstrumente und für bundierte Instrumente angefertigt wurde, um alle Tonarten des Quintenzirkels uneingeschränkt spielen zu können. Und um miteinander spielen zu können, veränderte dieses Vorgehen die gesamte westliche Musikwelt. Vormals gab es andere Stimmungen, z.B. die mitteltönige, die nur das Spielen einer begrenzten Anzahl von Tonarten des Quintenzirkels erlaubte. Die wohltemperierte Stimmung verhalf dem Quintenzirkel als musikalisches Organisationsmaß zum Durchbruch. Die früheste schriftliche Erläuterung des Zirkels geht auf Johann David Heinichen zurück (1711).

Inzwischen gehört der Quintenzirkel auf den Trümmerhaufen der Geschichte. Arnold Schönberg zerlegte erstmals die Tonarten der wohltemperierten Stimmung in zwölf Halbtöne und fügte eine Reihe von Normen an, wie diese musikalisch zu gebrauchen seien. Ein Problem war dafür relevant: Die alten Tonarten enthielten in ihren Skalen auch Halbtonschritte, die nicht anders als Ganztonschritte behandelt wurden. C-Dur weist z.B. zwei Halbtonschritte auf, von e auf f und von h auf c. Und weil musikalisch nichts mehr an die vorherigen Traditionen erinnern sollte, wurden die Kompositionsnormen darauf ausgerichtet, mit der Tradition zu brechen.

Die Willkürlichkeit, die im Laufe der Musikgeschichte zum Tragen kam, mag beeindrucken. Sie begann freilich nicht mit der Erfindung des Quintenzirkels und der wohltemperierten Stimmung. Bereits die alten Kirchentonarten, die ihrerseits auf altgriechischen Skalen beruhten, waren ihr unterlegen. Lydische, dorische, phrygische … Skalen wurden im frühen Mittelalter importiert und dienten als Modi. Viel später, im 20. Jhd. tauchten sie im modalen Jazz wieder auf, doch auch in der modernen Klassik fanden sie Verwendung, bei Olivier Messiaen. Doch weil Messiaen an der überkommenen Tradition von Tonarten festhielt, waren die Skalen als auch mögliche neue nur begrenzt transponierbar. Sein Skalen-System hatte einen fundamentalen Fehler. Die musikgeschichtliche Willkürlichkeit fand keinen Eingang.

Nimmt man hingegen die Zwölftonreihen als Basis und wählt aus diesen beliebige Skalen aus, lassen sie sich auch beliebig transponieren. Nur sie passen nicht mehr in das verstaubte Konzept der Tonarten. In dieser Weise konzeptionierte der Komponist Helge Bol zwei Skalen für seinen Gebrauch. Wer sich an eine der alten Musiktheorien bindet, ist selber schuld. Mehr als beliebige soziale Vorgaben haben sie nicht zu bieten.

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