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Der Urknall – und die Entstehung von Sprache

Urkall (Public Domain)

Ich hatte bereits damit begonnen, einzelne Abschnitte aus Kathrina Talmis philosophischem Essay „Über Natur“ vorzustellen, der am 01.10. im AutorenVerlag Matern erscheinen wird. Der 8. Abschnitt könnte gleichfalls interessieren, deshalb setze ich ihn in diesen Blog:

 

Die Gravitationstheorie kann zwar das Verhalten von Massen in der Raumzeit mathematisch formulieren, aber nicht den Urspung dieser Massen und den der Raumzeit selber. Erforderlich wäre dazu eine weitere Überbrückung von Relativitätstheorie und Quantenmechanik, eine Theorie der Quantengravitation, die es bislang nicht gibt. Der Grund, weshalb Gravitation und Quanten in den Blick zu fallen hätten, gewinnt mit der physikalischen Hypothese vom Urknall an Relevanz, mit der erforderlichen Entwicklung der Raumzeit und von Massen in ihr aus einem physikalischen Ur-Ereignis. Neue Hoffnung auf eine Theorie der Quantengravitation hat kürzlich Hossenfelder verbreitet (vgl. Hossenfelder, S., 2018).

Eine andere kausale Frage betrifft die Entstehung von menschlicher Sprache. Es ließe sich auch über die Entstehung von (menschlicher) Kultur sprechen, falls klar wäre, auf was sich das Wort ‚Kultur‘ bezöge. Leider verhält es sich anders.
Den Anfang bildete in der historischen Überlieferung eine Metapher, die aus einem landwirtschaftlich als auch religiös geprägtem Wort ein Sprachbild durch Cicero besonders für pädagogische Zwecke formte (vgl. Matern, R., 2013, Kap. 2). Metaphern haben den Vor- als auch Nachteil, häufig schlecht bzw. gar nicht hinsichtlich ihre Bezugs abgegrenzt zu sein. Dies änderte sich auch nicht im deutschsprachigen Raum, in dem ein Wort Kultur durch von Pufendorf in lateinisch neu eingeführt wurde (vgl. ebd., Kap. 11). Bereits Kant gab alle Bemühungen auf, die Vokabel theoretisch zu fassen (vgl. ebd. Kap. 14). Nicht nur von Matern gab es Kritik, sondern auch im künstlerischen Kontext von Ammern (vgl. Ammern, M., 2016, Kap. 3). Als ‚Kultur‘ bleibt, außer eines politischen Kontextes, von Pufendorf nutzte die Vokabel moralisch aufrüttelnd mit Bezug auf den Dreißigjährigen Krieg, lediglich die Selbsterhebung der Menschen über die irdische Tier- und Pflanzenwelt übrig, unter Umständen auch über Mitmenschen nach jeweils eigenem Gutdünken, sei es mit auch Verweis auf eine Vernunft.
Dass die Menschheit insgesamt keine Sonderfunktion innerhalb der irdischen Flora und Fauna hat, ist nicht nur durch die Beobachtung von Menschenaffen und Walen aufgefallen, sondern gleichfalls durch die von Rabenvögeln wie z.B. Krähen. Sie können Werkzeuge speziell für einen spezifischen Zweck bearbeiten bzw. anfertigen (vgl. Bird, C.D., Ermery, N.J., 2009, S. 103701-10375). Eine Lösung von praktischen Problemen, die sogar die Herstellung von Werkzeugen einbezieht, hätte man den Tieren gar nicht zugetraut.
Und wie z.B. Schimpansen untereinander kommunizieren, wenn sie eine Gruppe von Pavianen im Busch für ein Mahl einkreisen, weiß man bis heute nicht. Aus Unwissenheit jedoch auf einen Mangel an Sprache zu schließen, ist nicht wissenschaftlich, allenfalls menschliche Tradition bzw. Kultur.
Dass den Schimpansen die physiologischen Voraussetzungen für eine typisch menschliche Artikulation fehlen, sagt nichts über das Fehlen einer sprachlichen Kommunikation unter den Tieren aus. Sie wäre lediglich unbekannt. Aber abzuschlachten, was nicht näher bekannt ist, und als Buschfleisch zu tauschen, ist wiederum menschliche Tradition, Kultur, die einen Vergleich mit dem beschriebenen Verhalten der Schimpansen eröffnen könnte.
Dediu und Levinson vermuteten 2013, dass die Entwicklung von menschlicher Sprache sehr weit zurückreicht, auf die gemeinsamen Ahnen von Neandertalern und modernen Menschen (vgl. Dediu, D., Levinson, S. C., 2013), auf die Familie des Homo erectus. Genaueres können sie freilich nicht angeben, lediglich dass aller Wahrscheinlichkeit nach Sprache auch unter Neandertalern bekannt war, weil sie ebenfalls über die physiologischen Voraussetzungen verfügten. Doch genetische Veränderungen bei der Familie des Homo erectus zu veranschlagen, geht mir zu weit, erinnert mich zu sehr an die Theorie der generativen Grammatik von Noam Chomsky, die, wie Ammern anführte (vgl. Ammern, M., 2017, Kap. IX), Anfang 2017 endgültig empirisch widerlegt war.
Als aktuelles Forschungsfeld geben Dediu und Levinson die Suche nach alten Sprachresten an, die eventuell von früheren Menschenarten stammen könnten (vgl. Dediu, D., Levinson, S. C., 2013).

Literatur

Ammern, M., 2016, Das digitale Blütenland, eBook, Duisburg.
Ammern, M., 2017, Das literarische Konzeptbüchlein, eBook, Duisburg.
Bird, C.D., Emery, N.J., 2009, Insightful problem solving and creative tool modification by captive nontool-using rooks,
Proceedings of the National Academy of Sciences 106 (25), S.10370-10375.
Dediu, D., Levinson, S. C., 2013, Konnten Neandertaler sprechen? Max-Planck-Gesellschaft (https://www.mpg.de/7450884/neandertaler-sprache).
Hossenfelder, S., 2018, Neues Leben für eine alte Theorie von Allem, Spektrum der Wissenschaften (https://www.spektrum.de/news/neues-leben-fuer-eine-alte-theorie-von-allem/1568388).
Matern, R., 2013, Zweifel an der Kultur, eBook, Duisburg.

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