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Duisburgs neue Wahlalternative: Rubinsteins Bürgerschaft

Heute Nachmittag wird der einst unabhängige Oberbürgermeisterkandidat Michael Rubinstein eine neue Wählervereinigung vorstellen. Wir sprachen mit ihm darüber.

OB-Kandidat Michael Rubinstein – Foto: Thomas Rodenbücher

Herr Rubinstein, als Alternative zur in Duisburg, der sterbenden
Eisenhüttenstadt, ewig gewählten SPD traten sie als
Oberbürgermeisterkandidat an.
Jetzt versuchen sie offensichtlich, mit einer neuen Initiative der Unzufriedenheit der Stadt Ausdruck zu geben. Sie nennen diese Bürgerschaft. Was ist dran an ihrer neuen Duisburger Bürgerschaft?

Wir nennen uns Duisburgerschaft. Und wir sind nicht die Initiative der
Unzufriedenheit, sondern die Initiative von Duisburgerinnen und Duisburgern,
die trotz aller Probleme daran glauben, dass man in Duisburg etwas Positives
bewegen kann. Innerhalb und außerhalb der politischen Gremien. Unser Name
ist dabei Programm: uns geht es um Menschen und Inhalte, nicht um Positionen
und Pöstchen. Das Nahziel ist die Verstärkung und Vernetzung des
bürgerschaftlichen Engagements. Fernziel ist klar die Kommunalwahl 2014,
denn ganz ohne Stimme im Rat der Stadt werden wir nicht das bewegen können,
was bewegt werden muss. Oder um es ganz klar zu formulieren: was sich in
unserer Kommunalpolitik ändern muss!

Duisburg gilt als sterbende Eisenhüttenstadt. Und nun kommen Sie aus
dem Dunstkreis Düsseldorf. Der Werbehauptstadt. Welche Ideen haben sie
zu Duisburg auf der Pfanne?

Ich bin in Düsseldorf geboren worden, das stimmt. Aber das spielt für meine
Ideen für Duisburg keine Rolle. Fakt ist: wir Duisburger neigen dazu, stets
das zu betonen, was schlecht läuft. Wir haben in der Tat auch reichlich
Grund zum Klagen, aber für das Image der Stadt nach außen hin müssen wir uns
daran orientieren, was positiv ist. Ob Naherholung im Landschaftspark oder
an der Sechs-Seen-Platte oder die optimale Anbindung ans Autobahnnetz wie an
die Bahn, die zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten und den Uni-Standort. Mir
ist klar, wir können und dürfen uns die Duisburger Welt nicht rosarot malen,
aber wer meint, diese Stadt sei schon verloren, kann sich ja auch eher
schlecht für das Wohl der Stadt einsetzen. Es heißt jetzt, Ärmel hochkrempeln
und anpacken.

Politisch lässt sich unsere Idee ganz simpel zusammenfassen: nicht
Connections oder Parteibuch entscheiden über Besetzung einer Position,
sondern Fachwissen und Qualifikation. Wir wollen den in Duisburg
zweifelsohne vorhandenen Sachverstand dazu nutzen, ein breites
kommunalpolitisch relevantes Aufgabengebiet abzudecken. Und dabei bin ich
ein Teil des ganzen Systems. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es geht
uns um die Sache, nicht um den einzelnen Kopf.

Loveparadekatastrophe 2010. Wie will ihre Bürgerschaft das aufarbeiten?

Auch nach der OB-Wahl habe ich mich mit Teilen der Betroffenen in einem
ständigen Dialog befunden. Es gibt Dinge, die müssen und dürfen nicht an die
große Glocke gehangen werden. Ich persönlich glaube, dass mehr geschafft
wurde, als viele für möglich gehalten haben. Ich will aber auch die
Spannungen der einzelnen Gruppierungen untereinander nicht klein reden. Das
ist bitter und für viele unverständlich. Ich hoffe, die rechtliche
Aufarbeitung wird bald in Form eines Prozesses öffentlich werden. Aber die
Aufarbeitung ist neben dem juristischen vor allem auch ein
gesellschaftlicher Prozess. Mir fehlt in der gesamten Diskussion über die
Gestaltung der Gedenkstätte die inhaltliche Diskussion darüber. Es drängt
sich mir der Eindruck auf, als ob von städtischer Seite es damit getan sein
soll, einmal im Jahr dort einen Kranz abzulegen. So hatte ich zumindest OB
Link verstanden. Sollte es aber anders sein, was ich hoffe, werden wir gerne
bereit sein, uns in entsprechende inhaltliche Gespräche einzubringen – aber
nur, wenn es gewünscht wird seitens der Betroffenen. Wir brauchen insbesondere
bei diesem Thema Besonnenheit – alles andere liefe diesem Thema zuwider.

Noch was. Die Stimmung in der Stadt ist hysterisch angesichts der Zuzugsprobleme von Sinti
und Roma. Wie lässig sehen Sie das?

Wir wissen, dass Migration immer eine Querschnittszuwanderung der Bevölkerung
eines Landes ist. Es ist keine reine Armutswanderung aus den osteuropäischen
Ländern wie Rumänien und Bulgarien! Und wir wissen auch, dass die in den Medien
genannten Zahlen nicht ganz zutreffend sind. Ende 2012 lebten in Duisburg 6172 Rumänen
und Bulgaren. Bei knapp 490.000 Einwohnern also eine relativ geringe Zahl, die eine Stadt
wie Duisburg, die eine weitgehend gelungene Integration auszeichnet und in der Bürger
aus über 140 Nationen ihr zuhause haben, leisten kann und auch können muss, Finanziell
allerdings kann die Stadt das angesichts ihrer hohen Verschuldung nicht alleine leisten.
Hier ist die Einforderung finanzieller Unterstützung vom Bund und von der EU vollkommen
gerechtfertigt. Gleichwohl haben wir hier in Duisburg bisweilen eine punktuelle Verdichtung
von Migranten, die aus Armut und mit der Hoffnung auf ein besseres Leben, insbesondere
für ihre Kinder, hier nach Duisburg gekommen sind. Das bundesweit in die Schlagzeilen
geratene Haus im Stadtteil Bergheim ist ein Beispiel dafür, dass sich die Problematik sachlich
betrachtet räumlich sehr stark eingrenzen lässt. Die Durchlässigkeit in die Stadtgesellschaft
ist deshalb für eine gelingende Integration sehr wichtig. Und dazu gehört auch die Möglichkeit
für die Migranten, eine Arbeit aufzunehmen.

Eines ist mir aber ganz wichtig zu betonen: wir sprechen überwiegend von
Menschen, die aus reiner Not hierhin kommen. Wir müssen uns davor hüten, sie
pauschal zu kriminalisieren. Da finde ich manche Aussage unserer Politiker
zu populistisch – vor allem, weil sie es besser wissen müssten. Ich mahne
zur Besonnenheit. Was Unrecht ist, muss natürlich so benannt und geahndet
werden, keine Frage. Aber ein Generalverdacht ist gefährlich.

 

Herr Rubinstein, der Chef im Rathaus, das ist Sören Link, SPD. Was
würden Sie ihm mitgeben, wenn sie wollten?

Ich würde ihm sagen wollen: Schade, dass viele Ankündigungen, die für seinen
propagierten neuen Stil gestanden hätten, reine Ankündigungen geblieben
sind. Da wurde viel versprochen und wenig gehalten. Ich würde mir wünschen,
dass er sich als OB stärker von seiner Partei emanzipiert als es jetzt den
Eindruck hat und den Mut aufbringt, seine Positionen durchzusetzen, auch
wenn diese an der einen oder anderen Stelle nicht parteikonform sind.

Er müsste der Stadt stärker seinen Stempel aufdrücken. Ob er das schaffen kann,
wird sich zeigen. Bisher ist ihm das meiner Meinung noch nicht gelungen.
Ich sehe darin aber durchaus Chancen in kommunalpolitischer Hinsicht für
uns als Duisburgerschaft.

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