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Verbleichende Erinnerungen auf der Leine des Lebens: Hiltrud Lewe #TURM02

Hiltrud Lewe hat den Ausstellungsort umgedreht. Von rechts auf links gezogen wie ein Wäschestück auf der Leine. Der Vergleich, den Claudia Thümler, stellvertretende Direktorin des Lehmbruck-Museums, bei der Ausstellungseröffnung fand passt auf das Werk von Hiltrud Lewe, die sich eingehend mit dem Ausstellungsraum beschäftigt hat. „Erinnerungen sind wie Wäschestücke“ spielt mit den Strukturen des ehemaligen Treppenhauses ebenso wie mit dem Begriff der Erinnerung an sich.

Als Schuhkartons inszeniert werden zuerst die Risse deutlich. Das Außen des Turms, die ins Leere ausstreckenden Kabel der Front, werden in diesem Raum auf den Zeichnungen ins Innere geholt. Nägel halten die Zeichnungen an der Wand fest, verursachen selber Risse in der Wand. Während das Papier selbst fragil und zerbrechlich wirkt, haben die Kabelstränge durch die Dicke und die Intensität der Striche eine kraftvolle Wirkung. Neben diesen Bildern dann Abbildungen des Fußbodenmusters, die sich von Zeichnung zu Zeichnung aufzulösen scheinen. Als ob die Risse der Erinnerung mit der Zeit immer tiefer werden.

Fragile weiße Gebilde hängen eine Etage höher von den Wänden – Mullbinden? Pflaster? „Verletzungen“ ist hier der Oberbegriff. Während am Tag der Raum selbst jede Kontur durch einfallende Sonnenlicht verliert, werden in den Abendstunden die Schatten deutlich. Unterschiedliche Höhen ergeben zudem eine Art von Welle, die den Betrachter umfangen möchte. Auch hier arbeitet die Künstlerin eng mit dem Ort zusammen, die Abmessungen der weißen Gebilde – unwillkürlich taucht auch die Assoziation von Tampons auf – sind auf Bauteile des Turms zurückzuführen.

Zum Schluss dann wird aus dem Alten wieder etwas Neues: Das großformatige Bild nimmt die Bodenmosaik-Zeichnungen wieder auf, Blumen oder Korallen sind im Vordergrund. Wasser? Land? Sind die grünen Farbtupfer auf der einen Seite Zeichen für frisches Gras, dass aus den Ritzen des Bodens springt – so wie außerhalb des Turms auch Gras über die Ruinen wächst? Hiltrud Lewe nimmt sich bei der Ausstellungseröffnung bewußt mit Deutungen zurück. „Wenn Sie oben angekommen sind, dann finden Sie etwas Rosa,“ sagt sie, „das Rosa, das bin ich.“ Man kann die Striche, die die eine Hälfte des Bildes bedecken vielleicht als den Punkt sehen, an dem die Erinnerungswunde sich schließt und neue Haut über der Wunde entsteht. Zum Schluss, so erfährt man es jedenfalls von der Künstlerin selbst, blicke man auf jeden Fall wieder vom Innen ins Außen. Von der Vergangenheit in die Zukunft. Ein schöner Ausblick.

Die Ausstellung #TURM02 ist bis zum 09. Oktober im Garten der Erinnerung zu besichtigen. Geöffnet ist der Turm samstags und sonntags von 15:00 bis 18:00 Uhr sowie nach Vereinbarung: +49 (0)157 77 78 45 23. Der Eintritt ist kostenfrei. Wer die Künstlerin bei der Eröffnung verpaßt haben sollte: Die Sonntagsführung am 11. September beginnt um 11.30 am LehmbruckMuseum mit einem Spaziergang in den Innenhafen und endet mit einer Führung der Künstlerin Hiltrud Lewe durch ihre Ausstellung im TURM. Die Teilnahme ist kostenlos, die gesamte Sonntagsführung dauert etwa eineinhalb Stunden.

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