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Hartz-IV-Regelsätze: Ja Kinder, da müsst Ihr mal sehen!

 Bild: Konstantin Wecker

Kinder – wollen wir doch einmal ehrlich sein! – nerven. Eigentlich alle Kinder, abgesehen von den eigenen. Obwohl: auch und gerade die können ganz schön nerven. Und, was noch schlimmer ist: sie rechnen sich nicht. Da braucht mir niemand irgendetwas erzählen: Kindergeld, Baukindergeld, Steuerfreibetrag, Ortszuschlag und was weiß ich nicht noch alles: die ganze Angelegenheit rechnet sich nicht. Vielleicht ist Ihnen das auch schon so gegangen: die Leibesfrucht hat wieder einmal unglaublich genervt. Sie haben geschluckt, tief eingeatmet, die Augen geschlossen, und vor Ihrem geistigen Auge erschien der nagelneue Ferrari (für Niedrigverdiener hilfsweise: Porsche), den Sie Ihr Eigen nennen könnten, wenn Sie nicht seit Jahren das ganze schöne Geld für diese undankbare Brut verbraten müssten.

Zum Beispiel mein Kind, 13 Jahre alt. Ich kann Ihnen sagen. Dann geht das auch noch mit der Pubertät so richtig los. Und dann nerven die aber richtig. Was die dann für Ansprüche stellen! Das geht richtig ins Geld, kann ich Ihnen sagen. Allein dieser Mode-Firlefanz. Und was die dann essen! Wie ein Scheunendrescher. Gut, dafür können sie nichts. Wahrscheinlich waren wir früher auch so. Aber egal: alles von meinem Geld! Ich musste auch nicht hungern, auch wenn dies seinerzeit häufig vermutet wurde. Ich meine: man kann sich auch mal zusammenreißen. Und was die heutzutage für Klamotten ausgeben! Mit sowas hätte ich gar nicht ankommen müssen. Wir hatten damals mit Kuli ein Peace-Zeichen auf den Parka gekritzelt, dann noch „Deep Purple“ druntergeschrieben, und fertig war die Lauge.

Jetzt kommen Sie nur nicht und sagen, ich hätte ja auch eine schwere Kindheit gehabt. Na sicher, das war damals alles kein Zuckerschlecken. Aber ich war, weiß Gott, nicht der einzige. Da hatte man den Alten die Billiglösung in Sachen Mode sozusagen auf dem Silbertablett serviert, und bekam dann auch noch mächtig Ärger. Auch dass wir damals bei den Friseurkosten auf Teufel komm raus gespart hatten, fand in den Augen der Generation, der angeblich Sparen über alles ging, nicht die rechte Anerkennung. Und heute beobachtet diese Wirtschaftswunder-Generation mit klammheimlicher Freude, dass die Enkel wieder richtig schön ordentlich werden. Karriere im Kopf, Nobelfummel am Arsch, noch ist Deutschland nicht verloren. 

Mir wäre es ja egal, ich bin ja auch sonst ziemlich liberal. Wenn der ganze Killefitt nicht solche Unsummen kosten würde! Und deshalb- ja deshalb! – bin ich froh und dankbar darüber, dass in diesen Zeiten hedonistischer Zügellosigkeit wenigstens die Bundesregierung mit klaren, wissenschaftlich belegten Fakten nicht nur ökonomische Vernunft beweist, sondern auch geistig-moralische Orientierung vermittelt. Stichwort: Hartz IV. Ganz richtig: man kann nicht mit der Wundertüte unters Volk gehen und bedenkenlos irgendwelche sozialen Wohltaten verteilen. Irgendwo muss das Geld ja schließlich herkommen. So weit zur Vernunft. Und was die Orientierung betrifft: es kann nun einmal keinen anstrengungslosen Wohlstand geben (Guido Westerwelle). Ein Volk, das aufhörte zu arbeiten, müsste unweigerlich verhungern (Karl Marx). 

So, und was dies betrifft, ich muss es zugeben, habe ich als Vater versagt. Nennen Sie es Bequemlichkeit, nennen Sie es Feigheit: so eine klare Ansage, wie gestern die Bundesregierung bei den Hartz-IV-Sätzen habe ich einfach nicht hinbekommen. Es gibt keinen einzigen Cent mehr, fertig! Die Alten bekommen fünf Euro mehr, Verfassungsgericht und so weiter. Aber die Kinder erhalten die Gelegenheit zu lernen, wie man mit dem Geld auskommt. Eigentlich – rein wissenschaftlich betrachtet – hätte Ursula von der Leyen – die Regelsätze noch ein wenig kürzen müssen. Aber, die Frau hat Herz; denn sie ist ja selbst vielfache Mutter. Mein Gott, es sind Kinder! Da guckt man nicht auf jeden Euro. 

Wenn es mal etwas extra gibt, da hat doch niemand was dagegen. Wenn man es hat, versteht sich. Aber die Grundausrichtung, die muss wieder in Ordnung gebracht werden. Nicht, dass das alles so weiter verlottert! Und was mein Kind betrifft, wie gesagt: 13 Jahre alt, da müssen jetzt auch ganz andere Saiten aufgezogen werden. Das wird ein großes Staunen geben; aber egal: ich habe jetzt die Argumente auf meiner Seite. Da wird es sich noch umgucken! 96 Euro 55 für Essen und Trinken, davon 74 Euro 92 allein für Nahrungsmittel. Das sind pro Tag …, aber so kann man nicht rechnen. Man kann auch mal etwas kochen, und das dann am folgenden Tag nochmal aufwärmen. Und wenn man immer schön spart, sitzt vielleicht auch einmal monatlich eine Mini-Pizza drin. Da hat ja niemand etwas dagegen. Und wenn nicht: glauben Sie etwa im Ernst, ich hätte mit 13 Jahren eine Mini-Pizza bekommen?! Aha. 

Der Sarrazin zum Beispiel, der hatte das einmal zusammen mit seiner Frau im Selbstversuch getestet. Also, das geht alles! 33 Euro 46 jeden Monat allein für Klamotten und Schuhe. So viel ist nicht einmal für die Erwachsenen vorgesehen. Klar, die wachsen auch nicht mehr. Sehen Sie! Die Regierung denkt an alles. Es müssen nämlich nicht immer Markenklamotten sein. Das sage ich meinem Kind auch immer: alles kapitalistische Konsumscheiße. Und dem Spott dieser verblödeten Klassenkameraden standzuhalten, stärkt den Charakter. Da geht man einfach hin und sagt: „Ich mache diesen kapitalistischen Modezirkus nicht mit!“ Möglicherweise kann man sich mit einer solcherart gestärkten Persönlichkeit sogar zu einem Vorbild in der Klassengemeinschaft entwickeln. Nur wie man mit den sieben Euro, die monatlich für die Schulsachen vorgesehen sind, hinkommen soll … – gut, man wird sehen. Fest steht nur eins: geht dieser Zirkel auch wieder kaputt, setzt es aber wirklich was!

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