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SPD-Chef Gabriel im stern: "Die Linke muss sich ändern. Mehr Bartsch und Brie. Weniger Lafontaine und Wagenknecht"

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Image by xtranews.de via Flickr

 

Hamburg (ots) – In der Diskussion um Bündnisse mit der Linkspartei im Bund hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel davor gewarnt, rechnerische Mehrheiten automatisch mit politischen Mehrheiten gleichzusetzen. "Wichtig ist die gemeinsame inhaltliche Substanz", sagte Gabriel dem Hamburger Magazin stern. Bevor sie Koalitionen eingehe, müsse die SPD deshalb "immer prüfen, ob es inhaltliche Gemeinsamkeiten und Verlässlichkeit gibt. Wenn nicht, dann kann man vielleicht gerade noch eine Regierung bilden, aber sie wird nach kurzer Zeit an ihren inneren Widersprüchen ersticken oder sogar platzen." Wer ein aktuelles Beispiel brauche, müsse sich nur CDU und FDP ansehen. Damit rot-rot-grüne Bündnisse künftig nicht diskreditiert werden können, müsse die Linke sich entscheiden, ob sie "Reformpartei, meinetwegen auch eine sozialistische Reformpartei" sein wolle oder "eine Oppositionspartei mit einem im Kern kommunistischen und ziemlich antiparlamentarischen Programm", so Gabriel. "Die Linke muss sich ändern. Mehr Bartsch und Brie. Und weniger Lafontaine und Wagenknecht."

Nach dem unerwartet guten Ergebnis bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen warnte Gabriel seine Parteifreunde vor zu großer Euphorie. Die Sozialdemokraten hätten "einen Vertrauensvorschuss bekommen", den sie nun mit ihrer Arbeit rechtfertigen müssten. "Die SPD hat eine Trendwende geschafft. Aber unser Erneuerungs- und Öffnungsprozess hat gerade erst angefangen", sagte Gabriel dem stern. "Natürlich sind wir längst nicht fertig mit dem Umbau der SPD." Die Partei müsse "wieder anschlussfähig werden an das aufgeklärte Bürgertum", das moderne Themen wie Umweltschutz ebenso interessierten wie soziale Gerechtigkeit. Die SPD werde nun Schritt für Schritt ihre Vorstellungen von einem "fairen Zusammenleben" entwickeln. In diesem Zusammenhang kündigte Gabriel für kommendes Jahr ein Konzept zur Finanz- und Steuerpolitik an. Die SPD wolle dabei vor allem Städte und Kommunen finanziell absichern und entlasten.

Gabriel will die neue Macht seiner Partei im Bundesrat nicht zu einer reinen Blockade-Strategie nutzen. "Die SPD darf keine Neinsagerpartei sein", sagte Gabriel dem stern. "Dieser Platz im Parteienspektrum ist besetzt." Die SPD werde ihre "Alternativen benennen". So müssten "mutige kleine und mittlere Unternehmen, die in der Krise investieren, dringend entlastet werden". Andererseits werde es in der Länderkammer künftig "weder eine heimliche noch eine unheimliche große Koalition geben". Seine Partei werde "klar sagen, was wir ablehnen, weil es den Menschen in Deutschland schadet", so der SPD-Vorsitzende. Als Beispiele nannte er die Verlängerung der Laufzeiten von Atommeilern und die Einführung einer Kopfpauschale bei der Krankenversicherung.

Im Blick auf die Kanzlerkandidatur 2013 sagte Gabriel, er habe es "früher schon für Unsinn gehalten", dass der Parteivorsitzende den ersten Zugriff habe. Antreten solle, wer die besten Chancen besitze, so Gabriel. "Die besten Chancen muss nicht der Vorsitzende haben. Das kann sein, muss aber nicht sein." Allerdings ließ der SPD-Chef auch Zweifel durchblicken, ob der Job des Kanzlers überhaupt erstrebenswert sei. "Das private Glück steigert das Amt sicher nicht. Und zu Hause hält sich die Begeisterung bei mir mit Sicherheit in Grenzen."

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