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Arbeitskreis der Wissenschaftler für Frieden im Nahmen Osten (SPME) veröffentlicht Stellungnahme zum Thema Missbrauch von universeller Gerichtsbarkeit

New York, April 6, 2010 (ots/PRNewswire) – Der Arbeitskreis Scholars for Peace in the Middle East veröffentlichte heute seine erste und wichtigste Stellungnahme und verurteilte den Missbrauch von universeller Gerichtsbarkeit (in Großbritannien und anderswo) und beharrte auf Reform. Angesichts der jüngsten Schikanen, denen israelische Beamte ausgesetzt wurden, mahnte der aus internationalen Rechtswissenschaftlern bestehende Arbeitskreis die Weltmächte, dass "selektive Vollstreckung, Vernachlässigung von Vollstreckungen sowie übermäßige Vollstreckungen rechtliche Risiken beinhalten, die gesetzliche Unsicherheit, Unvorhersehbarkeit, Verwirrung, Ungleichheit und Ungerechtigkeit verschärfen würden." Darüber hinaus führte die Gruppe weiter an, dass "missbräuchliche Praktiken die friedlichen Beziehungen unter den Völkern gefährden können, wie die Eindämmung des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs von höheren Regierungsbeamten und dass die Gegenmaßnahmen durch die Staaten provoziert werden könnten, deren Beamte dieser extraterritorialen Gerichtsbarkeit unterworfen wurden." Nach detaillierten Angaben über die Gefahren des Missbrauchs, stellte der Arbeitskreis spezifische Empfehlungen für die Reform zur Verfügung, um "politisch motivierte Gerichtsverfahren in dieser Hinsicht zu verhindern…"

Die Gruppe unterstützt voll und ganz die März-Erklärung der britischen Regierung: "…Der Crown Prosecution Service [britische Staatsanwaltschaft] übernimmt die Verantwortung für die Rechtsverfolgung von Kriegsverbrechen und anderen Völkerrechtsverletzungen und das beendet das derzeitige System, indem Richter verpflichtet sind, einen von jeder Person eingereichten Fall für die Herausgabe eines Haftbefehls zu überprüfen."

Als Beweis der Ernsthaftigkeit dieses Problems, übernahm der Vorstand von Scholars for Peace in the Middle East einheitlich die Erklärung und Empfehlungen ihres Arbeitskreises.

Scholars for Peace in the Middle East (SPME) wird von Akademikern geregelt und geleitet und ist eine bürgernahe Gemeinschaft, an der mehr als 30 000 Universitäten und Hochschulen, Professoren, Wissenschaftlern, Administratoren, Lehrern, Bibliothekaren und Studenten in mehr als 3500 weltweiten Campussen teilnehmen. Wie unser Name bereits sagt, streben wir nach Frieden im Nahen Osten: wir wünschen einer Welt, in der Israel als souveräner jüdischer Staat in sicheren Grenzen existiert und seine Nachbarn ihre legitimen friedlichen Bestrebungen verwirklichen können. Als Wissenschaftler verpflichten wir uns, die Forschung, Ausbildung und Dienste zur Erreichung dieses gerechten Friedens zu fördern. Wir stellen uns auch eine Region vor, in der Menschenrechte, Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung wachsen können, die alle Völkern in der Region nutzen können und bemühen uns diese Ziele zu erreichen.

Zu unserer Mission gehört seit einiger Zeit die Besorgnis über den Missbrauch der universellen Gerichtsbarkeit, die als Erweiterung von "Lawfare" [Benutzung des Gesetzes als Kriegswaffe] gegen Israel und andere demokratische Nationen benutzt wird. Legal Task Force of the Scholars for Peace in the Middle East besteht aus Rechtsprofessoren aus den USA, Kanada, Europa und Israel und hat eine Stellungnahme über den Missbrauch von universeller Gerichtsbarkeit veröffentlicht.

Professor Kenneth L. Marcus, Vorsitzender der Legal Task Force kommentierte: "Es ist absurd, dass Tzipi Livni und Condoleezza Rice Zielscheiben für die Strafverfolgung sind, während Leute wie Mahmoud Ahmadinedschad und Kim Jong-il völlige Straffreiheit geniessen. Es ist ganz offensichtlich Zeit für Reformen."

Professor Peter Haas, Präsident der SPME stellte fest: "Die neue ‚Lawfare‘ steht im Weg des Nahost-Friedensprozesses. Der Missbrauch der Justiz als Kriegswaffe verstärkt nur den aktuellen Konflikt und vermindert die Wahrscheinlichkeit der diplomatischen Auflösung."

Emeritierter Professor Samuel Edelman, der leitende Direktor von SPME sagte: "SPMEs Legal Task Force ist ein Blue-Ribbon-Ausschuss mit Juristen aus aller Welt. In Bezug auf was die britische Regierung nun schliesslich beschloss, konnten ihre Empfehlungen zu keiner geeigneten Zeit geäussert werden. Aber die Probleme sind nicht auf Grossbritannien oder Spanien beschränkt und müssen von allen Regierungen auf der ganzen Welt angesprochen werden."

Die Stellungnahme des Legal Task Force of the Scholars for Peace in the Middle East über den Missbrauch der universellen Gerichtsbarkeit:

In den letzten Jahren hat das Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit kontinuierliche Kontroversen hervorgerufen. Kritiker haben die Ausübung der Gerichtsbarkeit in Fällen angefochten, in denen sie ungerechtfertigt erschien (wie der in Grossbritannien ausgestellte Haftbefehl gegen Tzipi Livni und die angedrohte Strafverfolgung von George W. Bush und Condoleezza Rice) und sich auch gegen das Versagen gerichtet, sie auszuüben, wo sie angemessen erscheint (wie in den Fällen von Mahmud Ahmadinedschad und Kim Jong-il). Inhärent in der universellen Gerichtsbarkeit sind die Risiken der politisch motivierten Verfolgung, der Verlust des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs, Aufgabe von rechtlichen Standarten und die Aufhebung der staatlichen Souveränität. Selektive Vollstreckung, Vernachlässigung und übermäßig betriebene Vollstreckungen verschärfen die Risiken, die rechtliche Unsicherheit, Unvorhersehbarkeit, Verwirrung, Disparität und Ungerechtigkeit. Selektive Ausübung kann auch die Erscheinung von Politisierung, Paternalismus, Neokolonialismus, Aggression oder Voreingenommenheit erwecken. Darüber hinaus können missbräuchliche Praktiken friedliche Beziehungen zwischen den Nationen gefährden, indem der grenzüberschreitende Reiseverkehr von höheren Regierungsbeamten eingedämmt wird und Vergeltungsmaßnahmen durch die Staaten provoziert werden, deren Beamte extraterritorialer Gerichtsbarkeit unterzogen sind.

In den meisten Fällen sollten Gerichtsverfahren von den Justizeinrichtungen des Staates durchgeführt werden, in dessen Hoheitsgebiet das mutmassliche Vergehen begangen wurde, um das Interesse an voller Beweissicherung zu unterstützen, um die abschreckende Wirkung des Verfahrens zu erhöhen und um sicherzustellen, dass der Angeklagte unter den Gesetzen zur Rechenschaft gezogen wird über die er oder sie ordnungsgemäß informiert ist. Weiter sollten Gerichtsverfahren auch im Rahmen einer Gerichtsbarkeit durchgeführt werden, zu der oder die Angeklagte wenigstens stillschweigend zugestimmt hat. Es bestehen mehrere legitime Ausnahmen zu dieser Regel, aber jede muss genau beschrieben sein, um das Potenzial für Missbrauch einzudämmen.

Universelle Gerichtsbarkeit eines inländischen Gerichts ist immer noch eine Ausnahme im geltenden Völkerrecht und kann unter einigen Umständen einen schwerwiegenden gerichtlichen Missbrauchs darstellen. Aus diesem Grund muss universelle Gerichtsbarkeit als außerordentliche Maßnahme betrachtet werden, die der strengsten Sorgfalt, Vorsorge und Kontrolle unterliegt. Staaten, die der universellen Gerichtsbarkeit unterliegen haben eine Verpflichtung, sicherstellen, dass angemessene Garantien vorgesehen werden, die die Integrität von gerichtlichen Verfahren erhalten, um Missbrauch der Strafjustiz und die Destabilisierung friedlicher Beziehungen mit anderen Staaten zu verhindern.

Insbesondere sollten alle Staaten das Potenzial für Missbrauch der universellen Gerichtsbarkeit beschränken, indem sie vier grundlegende Sicherheitsklauseln etablieren: (i) erfordert besondere Umstände, wie etwa die Beschränkung der Straftaten, die Anlass zu ihrer Invozierung oder Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen dem Staat und des angeblichen Vergehens geben;(ii) Bereitstellung von Mechanismen zur Verhütung von entweder Politisierung oder gerichtlicher Übervorteilung, (iii) Anerkennung qualifizierter Befreiungen für bestimmte Regierungsvertreter; und (iv) eine vorherige Ausschöpfung der angemessenen und zur Verfügung stehenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe. Einige dieser Einschränkungen sind in den wichtigsten gemeinsamen gesonderten Rechtsauffassungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) im Haftbefehl-Fall (11. April 2000) enthalten.

Nach Ansicht der gemeinsamen gesonderten Rechtsauffassung der Richter Higgins, Kooijmans und Buergenthal sind "besondere Umstände" notwendig, um Verfahren unter der universellen Gerichtsbarkeit einzuleiten. Dies könnte ein Antrag einer Quelle außerhalb der Staatsanwaltschaft sein, wie die Familie des Opfers. Damit soll die Aussicht auf politisch motivierte Strafverfolgungsmaßnahmen geschmälert werden. Eine alternative Begrenzung auf Ämter erfordert einen Zusammenhang zwischen dem Staat und Ausübung der Gerichtsbarkeit und dem angeblichen Verbrechen. Diese Anforderung kann die Zuständigkeit auf Fälle beschränken, in denen ein Angehöriger des Staates, der Gerichtsbarkeit ausübt, ein Opfer oder Beschuldigter ist oder wenn der Staat durch ein Abkommen verpflichtet ist, die Gerichtsbarkeit auszuüben.

Verschiedene Einschränkungen sind entstanden, um die Aussichten auf Politisierung oder der gerichtlichen Übervorteilung zu minimieren. Eines dieser Mechanismen ist die Notwendigkeit einer vorherigen Genehmigung durch einen entsprechenden Regierungsbeamten, wie dem Justizminister, bevor so ein Gerichtsverfahren eingeleitet kann. Eine weitere durch den IGH vorgeschlagene Einschränkung beruht darauf, dass eine strafrechtliche Verfolgung durch einen Staatsanwalt geführt werden muss, der unabhängig von jedem staatlichen Organ fungiert, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass die Anklagepunkte aus politischen Gründen erbracht werden. Bisher litten eingeleitete Fälle unter Politisierung auf Grundlage der universellen Gerichtsbarkeit durch staatliche, aber auch durch private Sektoren. Nichts davon dient der internationalen Gerechtigkeit. Die Initiative für die Strafverfolgung muss in den Händen eines souveränen Strafjustizsystems liegen und muss die Zustimmung des Justizministers für jede Anklageverfahren oder Verfolgungsverfahren vorweisen können, damit die rechtliche Agitation des Privatsektors daran gehindert wird, eine staatsanwaltliche Agenda zu ergreifen für die Regierungsbeamte zuständig sein müssen. Auf der anderen Seite aber muss die Strafverfolgung selbst von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden, die unter keinem Druck von politischen Stellen stehen, also von ihnen unabhängig sind. Damit wird verhindert, dass die Justiz für aussenpolitische Ziele missbraucht wird.

Die Voraussetzung der "Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe" ist eine wichtige Begrenzung des unnötigen Einsatzes der universellen Gerichtsbarkeit. Wie vom IGH erläutert, bedeutet dies, dass jeder Staat, der universelle Gerichtsbarkeit in absentia geltend machen will "zunächst dem nationalen Staat des voraussichtlichen Angeklagten eine Möglichkeit anbieten muss, auf die Anklagepunkte gebührend zu handeln." Diese Einschränkung schützt sowohl das Einverständnis zwischen den Nationen und befindet sich auch im Einklang mit den übergeordneten Zuständigkeitsfragen des Staates, in dessen Hoheitsgebiet das angebliche Fehlverhalten aufgetreten ist. Einige Kommentatoren haben darauf hingewiesen, dass internationale Untersuchungen von inländischen Gerichtsverfahren mit der Aussicht auf spätere Verfahren im Ausland (Gegenstand der Einschränkung von Doppelbestrafung) die Wahrscheinlichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung unter dem Prinzip von Treu und Glauben verstärken würde. Diese Voraussetzung muss jedoch auf die Fälle beschränkt werden, in denen innerstaatliche Rechtsbehelfe angemessenen und zugänglich sind, um zu gewährleisten, dass der Zweck der universellen Gerichtsbarkeit nicht in Frustrierung endet.

Der IGH hat erkannt, dass "keine Ausübung der Strafgerichtsbarkeit stattfinden darf, wenn sie die Unverletzlichkeit nicht respektiert oder gegen die Immunitäten der betreffenden Person verstösst, [aber] die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens auf einer Basis auf der später ein Haftbefehl ausgestellt wird, verletzt an sich nicht die Grundsätze." Mit anderen Worten, Staaten, die universelle Gerichtsbarkeit ausüben, müssen die Vorrechte und Immunitäten, die die Beamten der anderen Mitgliedstaaten ausüben, respektieren, aber sie können dennoch Untersuchungen durchführen. Die Ausübung der universellen Gerichtsbarkeit unterliegt zwangsläufig verschiedenen Privilegien, einschließlich einer qualifizierten Immunität für Staatsoberhäupter. Dieses Privileg sollte für ehemalige sowie gegenwärtige Staatsoberhäupter anerkannt werden. Es sollte auch für bestimmte untergeordnete Regierungsbeamte anerkannt werden. Universelle Gerichtsbarkeit sollte nicht in einer Weise angewandt werden, die das Grundrecht der Selbstverteidigung von allen souveränen Staaten untergräbt.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Appellieren wir an alle Staaten angemessene rechtliche Garantien zur Verfügung zu stellen, um politisch motivierte Gerichtsverfahren zu verhindern, die Gesetze missbrauchen und universelle Gerichtsbarkeit erlauben. Falls erforderlich, sollten innerstaatliche Gesetze entsprechen verfasst oder geändert werden.

Wir begrüssen und unterstützen die Erklärung der britischen Regierung vom 4. März 2010, dass "… der Crown Prosecution Service die Verantwortung für die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen und anderer Verletzungen des Völkerrechts übernimmt und damit das derzeitige System endet, in dem Richter verpflichtet sind, einen Antrag für einen Haftbefehl einer jeden einzelnen Person in Betracht zu ziehen."

Wir ermutigen die britische Regierung und jede andere Regierung schnell und zeitnah zu handeln, um gerichtliche Integrität zu sichern und Reibungen zwischen den Nationen zu vermeiden und gutes Einvernehmen unter freundlichen Nationen wieder herzustellen.

Mitglieder des SPME Legal Task Force

Kenneth L. Marcus (Vorsitzender)

Lillie & Nathan Ackerman, Vorsitzende von Equality & Justice in America [Gleichheit & Gerechtigkeit in Amerika], CUNY/Baruch College & Direktor, Initiative on Anti-Semitism & Anti-Israelism [Initiative über Antisemitismus & Anti-Israelismus], Institute for Jewish & Community Research, USA [Institut für jüdische Forschung & Gemeindeforschung, USA]

Marc Cogen Professor für Internationales Recht Universität von Gent, Belgien Karen Eltis Ausserordentlicher Rechtsprofessor Universität von Ottawa, Kanada Ed Morgan Professor für Recht Universität von Toronto, Kanada Mohammed Saif-Alden Wattad Dozent für Recht Zefat Law School,[Juristische Fakultät] Israel

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