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Bankenabgabe mit Schafskäse nach schwäbischer Hausfrauenart

Wie hoch ist eigentlich der Marktzins, wenn es gar keinen Markt mehr gibt? Nicht verstanden? Okay, dann frage ich einmal anders: wenn Sie echt nirgendwo mehr einen Penny bekommen, weil Sie sowas von Pleite sind – welchen Zinssatz müssen Sie dann zahlen? Zu absurd? Gut, sagen wir: ein guter Freund ist bereit, Ihnen doch etwas Geld zu leihen. Nicht zu schenken, nur zu leihen – aber nur soviel, wie unbedingt erforderlich, und: zum Marktzins.

Wie bitte? Das ist Ihnen immer noch zu absurd, weil es ja gar nicht den Marktzins gibt? Na, Sie halten sich wohl für sehr schlau. Natürlich: der Dispozins ist höher als der Zins für eine Hypothek. Ein Konsumentenkredit wird höher verzinst als der Kredit für eine Investition im Unternehmen. Es kommt auf die Bonität des Schuldners mindestens ebenso an wie auf die Laufzeit des Darlehens. Nur: so schlau sind wir auch.

Trotzdem: Sie zahlen den Marktzins. Fertig aus! Ob sie das nun absurd finden oder nicht: so jedenfalls ist man mit Griechenland verblieben, auf dem EU-Krisengipfel vor gut einer Woche. Für Deutschland hatten sich nämlich bereits im Vorfeld schon Kanzlerin Merkel und mit ihr – etwas widerwillig – Finanzminister Schäuble auf die Linie festgelegt, eher die Griechen im Regen stehen zu lassen als die vermeintliche deutsche „Scheckbuch-Politik“ fortzusetzen.

Eine in jeder Hinsicht äußerst risikobehaftete Linie: allein gegen alle begannen Merkel und Schäuble damit, den Euro zur Disposition zu stellen. Ich schrieb. „Sollten die beiden den EU-Gipfel am Donnerstag platzen lassen, könnten sie damit eine Eigendynamik in Gang setzen, aus der es kein Zurück mehr gibt.“ Sie wissen: der Gipfel letzte Woche ist nicht geplatzt. Merkel und Sarkozy einigten sich auf den absurden Formelkompromiss mit dem Marktzins ohne Markt.

Wenn man tatsächlich gehofft haben sollte, damit die Spekulation gegen die griechischen Staatsanleihen – und damit letztlich gegen den Euro – stoppen zu können, ist die ganze Sache gründlich daneben gegangen, wie ein Blick in die Presse von gestern, also eine Woche später – zeigt. Die „Finanznachrichten“ titeln: „Nothilfe für Griechenland wird offenbar immer wahrscheinlicher“, und die „Welt“ schreibt unter der Überschrift „Die Griechen-Pleite ist wohl kaum mehr aufzuhalten“:

„Der Merkel-Sarkozy-Bluff ist daneben gegangen: Die Finanzmärkte glauben nicht an den Rettungsplan für die Griechen. Die Folge: Die Finanzierungskosten Griechenlands bleiben auf gefährlich hohem Niveau – und die Pleite ist nicht mehr abzuwenden. Doch wie im Fall Lehman ist das Ende erst der Anfang.“

Wie gesagt, so schreibt es die „Welt“, bekanntlich kein sozialistisches Blatt im engeren Sinne. Doch anscheinend reicht es, zu vernünftigen Einsichten zu kommen, wenn man sich einfach nur vor Augen hält, bei wem sich der griechische Staat so stark verschuldet hat. Die griechischen Staatsanleihen werden nämlich zu einem großen Teil gehalten von deutschen Banken.

Und das bedeutet: sollte Merkel bei ihrer von monetaristischen Ideologen und der vom Wahlkampf geprägten Linie bleiben, wird diese Politik, wie die ebenfalls sozialistischer Tendenzen unverdächtige Financial Times Deutschland (FTD) schreibt, für Deutschland „nach hinten losgehen, denn wenn Deutschland erst dann Notkredite gewährt, wenn Griechenland keinen Zugang zum Kapitalmarkt hat, und dann zu Marktzinsen, dann wird Griechenland innerhalb der nächsten zwei Jahre unweigerlich Zahlungsverzug anmelden und damit Deutschland und vor allem deutsche Banken in den Abgrund reißen.“

Und was macht die Bundesregierung? Sie bringt eine Bankenabgabe auf den Weg, die schon allein ob ihrer Größenordnung an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Ein „populistisches Ablenkungsmanöver“, wie der „Spiegel“ schreibt, um zu vertuschen, dass „die Position der Bundesregierung deutsche Interessen verletzt“ (FTD).

Die deutsche Wirtschaftspolitik steht vor der Weichenstellung: weiter Exportorientierung oder eine Wende zur Wachstumsorientierung. Die Merkel-Regierung hat sich für ein Weiter-so entschieden: gegen eine Stärkung der Inlandsnachfrage und damit gegen eine nachhaltige Wachstumspolitik, weiter rein in die Sackgasse der Exportökonomie. Es wird bald niemand mehr da sein, der die tollen deutschen Maschinen kaufen kann und will. Der Crash-Kurs der schwäbischen Hausfrau bewegt sich auf einen Punkt zu, an dem nur noch die Schafszucht bleibt. Es dürfte sehr schwer werden, den Griechen Marktanteile beim Schafskäse abzunehmen.

Werner Jurga, 02.04.2010

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