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War der Bescheid in der FDP-Spendenaffäre zu milde? Vorwürfe gegen Bundestagspräsident Lammert

Norbert Lammert

Image via Wikipedia

Mainz (ots) – Der Bescheid, den Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in der Möllemann-Spendenaffäre gegen die FDP verhängt hat, ist nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" deutlich milder als möglich ausgefallen. Lammert hatte eine Strafe von 4,3 Millionen Euro festgesetzt. Denkbar wäre aber auch eine Strafe von über elf Millionen Euro gewesen, wenn der Rechenschaftsbericht der FDP aus dem Jahr 2000 für "wesentlich unrichtig" erklärt worden wäre. Der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim erklärt dazu gegenüber "Report Mainz": "Ich halte den Rechenschaftsbericht der FDP für das Jahr 2000 für wesentlich unrichtig mit der Folge, dass die FDP nicht gut vier Millionen, sondern elf Millionen hätte zahlen müssen."

In Lammerts Bundestagsverwaltung wurde diese Frage zuvor intensiv diskutiert. Der zuständige Referatsleiter Johannes Becher soll nach Recherchen von "Report Mainz" in einem internen Vermerk geschrieben haben, dass die Fehler in dem Bericht so gravierend seien, dass die Voraussetzungen für eine wesentliche Unrichtigkeit erfüllt sein könnten. Zudem soll er auf ein noch ausstehendes Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin gegen die NPD in einem ähnlichen Fall verwiesen haben.

Wenige Monate nachdem sich FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms in einem Schreiben an Lammert um die Fairness des Verfahrens besorgt gezeigt haben soll, wurde Becher im November 2009 auf eine andere Stelle in der Bundestagsverwaltung versetzt. Die FDP dementierte gegenüber "Report Mainz", dass es sich dabei um eine Beschwerde gehandelt habe, es habe sich lediglich um einen "Hinweis auf Verbesserungswürdiges" gehandelt. Lammert soll daraufhin Prüfungen eingeleitet haben. Dazu erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck: "Ich fand die Versetzung nach 17-jähriger Tätigkeit erstaunlich, insbesondere weil sie mitten in einem großen Verfahren über mögliche Rückforderungen gegenüber der FDP stattfanden. Ich habe den Bundestagspräsidenten danach gefragt, ob es Hintergründe eines Disziplinarverfahrens gab und was da der Gegenstand war. Der Bundestagspräsident hat mir mitgeteilt, dass ich diese Fragen nicht beantwortet bekomme."

Lammert lud noch vor Festsetzung des Bescheides gegen die FDP drei renommierte Parteienrechtler zu einem Beratungsgespräch. Daran nahm unter anderem der Wissenschaftler Professor Joachim Wieland von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften teil. Nach seiner Aussage habe Lammert die Frage nach der wesentlichen Unrichtigkeit des FDP-Rechenschaftsberichts gar nicht aufgeworfen. Das Berliner Verwaltungsgericht stellte in seinem Urteil gegen die NPD vom Juni 2009 schließlich die wesentliche Unrichtigkeit eines Rechenschaftsberichts wegen eines viel geringeren Verstoßes fest. Dennoch setzte Lammert in seinem Bescheid vom Juli 2009 die Strafe gegen die FDP nur auf rund vier statt elf Millionen Euro fest.

Dazu erklärte der Rechtsvertreter des Bundestagspräsidenten, Professor Christian Kirchberg, gegenüber "Report Mainz": "Ich bin der Meinung, dass die FDP im wahrsten Sinne des Wortes gut damit bedient ist und dass sie vielleicht auch durchaus froh sein kann, dass es nicht noch zu höheren Sanktionen gekommen ist." Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Berlin, die über die Klage der FDP gegen den Bescheid im Dezember 2009 entschieden hat, soll in der mündlichen Verhandlung angedeutet haben, dass sie sich auch die höhere Strafe von elf Millionen hätte vorstellen können. Dazu Professor Christian Kirchberg: "Die Vorsitzende Richterin und gleichzeitige Präsidentin des Verwaltungsgerichts hat angedeutet, dass der Bundestagspräsident insoweit eine Zurückhaltung gezeigt hat, die nicht unbedingt geboten gewesen wäre."

Dazu erklärte der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim: "Dass eine Vorsitzende Richterin in dem Gerichtsverfahren äußerte, es wäre durchaus auch ein höherer Bescheid über elf Millionen gegen die FDP denkbar gewesen, das war eine schallende Ohrfeige gegen die Bundestagsverwaltung."

Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms wollten sich zu dem Sachverhalt gegenüber "Report Mainz" nicht äußern.

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