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Meinung: Die Partei der Sofaisten – Wenn keine Alternative in Sicht ist

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Sie ist die größte Partei Deutschlands. Sie wächst unablässig. Sie ist eine Ein-Punkt-Partei und ihr Wahlspruch lautet: „Wir bleiben auf dem Sofa“. Es ist die Partei der Nichtwähler, die in dieser Wahl mal wieder die Schreckensblässe auf alle Politikergesichter treibt. Ja, im Vorfeld beschwor man sogar, dass jede Nichtstimme doppelt bei den Extremisten-Parteien zählen würde. Mit – mehr oder weniger gelungenen – Spots und Aufrufen hat man versucht für die Wahl zu werben. Das Ergebnis: Bei dieser Bundestagswahl sind die Nichtwähler wieder ein Stück gewachsen. Die Demokratie ist in Gefahr, wird man jetzt allerorten hören. Ja, man wird vernehmen, dass man unbedingt alle Bürger per Gesetz verpflichten müsse wählen zu gehen oder die Nichtwähler mit einer Steuer zu belegen, weil die Demokratie ja sonst nicht mehr funktionieren würde. BRD in Gefahr!

Nach dieser Logik müsste man sich ja über jede Stimme die DVU, Republikaner oder andere extremistische Parteien bekommen riesig freuen: Denn da ging der Bürger zur Urne und hat seinen demokratischen Willen kundgetan. Gut, er hat zwar nicht die „richtigen“ Parteien gewählt, aber immerhin hat er doch den beschwerlichen Weg auf sich genommen, ist vom Sofa auferstanden und hat seinen demokratischen Willen verkündet. Dass der dann im allerhöchsten Maße fragwürdig ist, dass der sogar Anlaß zu erneutem Stirnrunzeln gibt – das ist dann wieder ein anderes Blatt. Aber nach der seltsamen obskuren Logik, dass jede Nichtstimme eine für die Extremisten wäre müssten diese ja bei dieser Bundestagswahl enorm abgeschnitten haben. Glücklicherweise ist dem nicht so.

Merkwürdig vor allem, dass den Parteien das erst jetzt auffällt. Das mit dem Nichtwählen. Denn vermehrt haben die Deutschen bekundet, dass die Demokratie zwar die beste aller Staatsformen ist, doch funktionieren – nun – irgendwie tut sie das für eine Mehrheit der Deutschen nicht so richtig. Im April des Jahres 2008 war das schon ein Thema in den Medien. So meldete die WELT:

Der Bundesregierung vertrauen nur 38 Prozent und den Bundestags-Parteien gar nur 22 Prozent.

Man hätte also gewarnt sein können, denn schon 2006 gab es ähnliche Ergebnisse, die damals immerhin noch ein klein wenig schockierten – als die Meldung der Forschungsgruppe Wahlen in diesem Mai veröffentlicht wurde, dass die Deutschen immer noch die Demokratie mögen, aber einiges an ihr auszusetzen haben war das allenfalls nur eine Randbemerkung. Wer jetzt also mit sorgenvoller Stimme meint, man müsse ja unbedingt etwas gegen die Nichtwähler tun muss sich fragen lassen warum nach den Ursachen für diese Stimmung im Volk nicht geforscht und gegengesteuert wurde. Demokratie – ja. Unsere Demokratie – eher nicht.

Doch was ist besser wenn man seine Probleme mit dieser Demokratie hat: Seine Stimme einer Partei zu geben, die extreme Ansichten hat oder seinen Unwillen dadurch auszudrücken, dass man überhaupt nicht wählen geht? Anders gefragt: Hat man denn eine Alternative wenn man nicht im Geringsten mit den Parteien einverstanden ist, die da zur Wahl stehen? Ja, sicher, man kann seinen Wahlzettel als ungültig deklarieren – das wäre natürlich die beste Option, aber auch das ist doch irgendwie eine Nichtwahl. Man hat ja auch noch nie gehört: „So und so viele Stimmen sind bei dieser Wahl ungültig gewesen.“ Die scheinen allesamt den Nichtwählern zugeschlagen zu werden. Insofern also auch keine richtige Option wenn man nicht mit den Parteien – und zwar mit allen – einverstanden ist. Oder der Demokratie an sich. Was bleibt also einem anderes übrig als den Sofaisten beizutreten und einfach seinen Willen dadurch kundzutun, das man eben NICHT wählen geht?

Wer angstschlotternd verkündet, die Demokratie sei in Gefahr weil nicht gewählt wird, der sollte sich die Umfragen der vergangenen Jahren anschauen um festzustellen, dass wir Deutschen keine andere Form der Regierung haben möchten. In dieser Hinsicht kann man also beruhigt sein. Das heißt aber nicht, dass man sich jetzt nicht um die Partei der Sofaisten kümmern sollte und fragen sollte, was ihnen an unserer Demokratie nicht passt. Zu wünschen wäre das bevor der deutsche Michel in ein Neo-Biedermeier entschlummert…

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