Website-Icon xtranews – das Newsportal aus Duisburg

Ein philosophisches Forschungsprojekt über Gewalt

Bild: jarmoluk – weapon (public domain)

Gewalt philosophisch im sprachanalytischen Forum zu thematisieren, kann dieses Vorhaben gelingen? Nur unter der Voraussetzung, dass klärbar ist, worauf sich ein relevantes Wort ‚Gewalt‘ bezieht. Ich möchte jedoch nicht sprachhistorisch vorgehen, wie dies z.B. mittels ‚violentia‘ und ‚potestas‘ möglich wäre, es bestünde die Gefahr, dass sachliche Zusammenhänge nicht erkannt werden.
Die zentrale Frage lautet deshalb konkret, was der Sache nach gewalttätiges Verhalten ist – und weshalb es in der Vergangenheit als auch Gegenwart schwerfiel bzw. schwerfällt, Gewaltvorkommnisse als etwas zu fassen, das ein gemeinsames Merkmal aufweist, unabhängig von einer möglichen Bewertung eventueller Vorkommnisse. Von einer Beantwortung der systematischen Frage, was Gewalt sei, hängen Interpretationen von Phänomenen in Vergangenheit und Gegenwart ab, betreffen aber auch erwartbare Ereignisse.

Die Frage hat einen aktuellen sozialen und politischen Anlass durch die Wirren in Europa, speziell in der Europäischen Union. Ich werde zwei Formen der Gewalt vorstellen: ein Verhalten, das unmittelbar mit Emotionen, Ärger, Wut entstehen kann und eine rationalisierte Form, die zusätzlich eine Strategie entwickelt, um eine als misslich interpretierte Situation zu bewältigen.
Ein gemeinsames Merkmal eines Wortes Gewalt zu bilden, ist aufgrund der Steigerung aus emotionalen hin zu vergleichsweise rationalen Formen nicht möglich. Aber nicht nur die mögliche Gewalt von Tieren inklusive Menschen, auch unbelebte Natur kann als Gewalt empfunden werden, z.B. ein Wetterphänomen, obwohl dort niemand ist, allenfalls Mythen nach, der ansprechbar wäre. Ähnliches ließe sich im Fall struktureller Gewalt sagen, auch falls sie von Menschen geschaffen wurde. Strukturelle Gewalt, ob z.B. in Form überlieferter sozialer oder technischer Konventionen, kann wie ein Wetterphänomene wirken, dem kaum zu entrinnen ist, Bedingungen schaffen, die als Gewalt empfindbar sind.

Den beiden Formen nach handelt sich (a) um eine emotionale Überlastung, die sich kognitiv messen lassen könnte, (b) um eine empfindbare Einschränkung in der Entscheidungsfreiheit, gleichgültig wie weit diese Entscheidungsfreiheit graduell reichen mag. Bei Menschen sind die Freiheitsgrade in der Regel umfangreicher als bei anderen Tieren.
Wie weit können Gewaltvorgänge reichen? Bis in den Tod desjenigen bzw. derjenigen, der bzw. die ihr ausgesetzt ist / sind? Traditionell (kulturell) gehören auch Leichenschändungen zur Gewalt, die sich in relativ aufgeklärten Gesellschaften nicht gegen tote Personen wenden, sondern gegen die Hinterbliebenen bzw. gegen die jeweilige Gesellschaft, denen sie angehören.

In der Arbeit wäre zunächst zu erörtern, was Gewalt mit Emotionen zu tun hat, ebenso ließe sich nach den evolutionären Wurzeln bei Menschen suchen. Zweitens kann geprüft werden, ob sich das vergleichsweise rationale Merkmal, Einschränkung der Entscheidungsfreiheit, das ad hoc gebildet wurde, bestätigen oder widerlegen lässt. Drittens ließe sich die Diskussion über Gewalt mit der über Zivilisationen verknüpfen (vgl. Matern, R., 2017) und speziell mit der Frage, warum Zivilisation unter Menschen bisher nicht gelang. Schließlich wäre es ratsam, zu erörtern, ob Gewalt in jedem Fall negativ zu werten wäre.

Die mobile Version verlassen