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Drei Romademos in Rheinhausen: Gegen Nazis – „Motherfuckers, Stronzi“

Drei Demonstrationen zum Einwanderergeschehen von Rumänen und Bulgaren in Duisburg-Rheinhausen am gestrigen Samstag zeigten: Die Lage wird unübersichtlich. Wutbürger demonstrierten gegen die Obrigkeit. Christen, Linke und jugendliche Antifas brüllten die rechtsextremistische Kleinpartei Pro NRW nieder. Und der Nachwuchs der Satudarah-Rocker versuchte gegen diese Demokraten und die Roma-Neubürger aufzumucken.

Der Peschen-Hitler: Pro NRW-Volksgenosse zeigte Hitlergruss

 

Rheinhauser Markt. Samstag nachmittag. Die Mutter brüllt. Sie brüllt verdächtig rechts. Sie brüllt ins Mikrofon. Alleinerziehend wäre sie, frisch aus dem Krankenhaus gekommen. Sie wäre angepisst: Gefährdet würde die Zukunft ihrer Kinder in Rheinhausen, zugezogene Roma und Sinti gefährdeten deren Zukunft.

Der alte Reim von Müll und Dreck und von der Angst vor Fremden. Er bricht sich hier mit Schmackes Bahn vor 400 Rheinhauser Empörten aus drei Lautsprechern.

Im Publikum steht Theo Steegmann, einst Arbeiterkampfheld aus ruhmreichen Rheinhauser Tagen, mit Kollege Theo stand Rheinhausen wie ein Mann gegen die Hüttenschliessung.

Theo Steegmann, immer noch SPD, schüttelt seinen grauen Kopf mit neuen Zähnen: „Die kenn‘ ich nicht vonne Hütte. Das ist wohl das Rheinhausen, das Angst vor Armut hat. Das seine Angst auf Sündenböcke verlagert.“

Ich guck mich um. Auf dem Hochemmericher Markt. Ich bin im Kaff geboren. Ähnlich wie Theo kenne ich auch kaum jemanden. Wobei man wissen muss, dass die Kaste der Rheinhauser Politicos streng verbandelt ist.

Das politische Establishment mag mit den Wütbürgern nicht reden.

Erst gestern sagte Pfarrer Heiner Augustin, er repräsentiert einen runden Tisch von Anwohnern und Institutionenvertretern rund um das als ‚Problemhaus‘ in Bergheim, den mittlerweile europaweit bekannten Einwanderungskern Rheinhausens:

„Wir halten es für einen falschen Weg, mit öffentlichen Schuldzuweisungen gegenüber der Stadt oder einzelnen Bevölkerungsgruppen Stimmungen aufzuzeizen und Fronten aufzubauen.“

Udo Chodura wird wohl nicht ganz zufrieden machen. Der Hüne ist Vertrauensmann auf der Hütte Thyssen Krupp Stahl, er hat die Hochemmericher Demo mit angemeldet.

Ob infolge der hilfslosen Emotionalität der ganze hilflose Appell an die Obrigkeit aus dem Ruder gelaufen wäre?

Denn auf der Demo auf dem Markt, da schaukelte sich kurzzeitig die Stimmung hoch. Aggro mit Posen. Und mit ganz vielen Hassworten.

Metaller Chodura, der ganz bestimmt kein Rechter ist, auf Nachfrage: „Immerhin alles friedlich.“

Udo, es war nicht so. Udo, Du hast mit dem Feuer gespielt. Du hast Aggro-Rednern ein Forum gegeben. Ich verstehe, dass Du und Deine Leute im operativen politischen Geschäft unerfahren seit. Ich verstehe, dass Ihr den Kaffee auf habt.

Etwa brüllte das Publikum, dass Du zusammengekobert hast, den Sozialaktivisten Rolf Karling nieder. Als er anhub, Euch zu erklären, dass sich das Romaproblem, Eure Chimäre der subjektiven Bedrohungslage, verkleinere.

Was ja auch der Fall ist.

Rolf Karling wurde ausgebuht vom ungerechten Volkszorn.

Udo, darf man Volkes Stimme Raum geben? Ohne sie im Zaum zu halten?

Dann traf ich Uwe. Alter Kumpel. Von Krupp-Gymnasium seinerzeit im Kaff.

Uwe ist gelernter Lehrer und war Ordner auf Udos Demo.

Er berichtete mir von diesem kulturellen Unterschied. Auch er habe mal mit den Neubürgern in einem Haus gewohnt, Sonntagnachmittag hättense oft mit der Hilti rumgebohrt, dann noch ewiges Trampeln im Flur. Vielleicht bißchen osseliger die ganze Sippschaft.

Uwe, der Lehrer, früher harter Punk: „Natürlich muss da ein Machtwort gesprochen werden und Grenzen gesetzt, aber unter Neubürgern.“

Willkommene Neubürger. Ganz sicher. Die Einwanderungsgrenzen fallen in drei Monaten.

Der zuständige EU-Kommissar spricht von einem Durchlaufproblem, alles würde sich begradigen.

Warum schifft sich Rheinhausen so an?

Ich sattel‘ die Fiets und verfüge mich nach den nächsten drei Demos, In den Peschen.

Pro NRW, die rechtsextremistische Splitterpartei würde sich dartun, wie schon im März, praktisch ständig also.

Zunächst mal heisst das Warten auf Godot.

Gegenüber der Strasse stehen die Indianer vom Duisburger Netzwerk gegen Rechts, ihr Häuptling ist der verdiente Sozialanwalt Jürgen Aust, am letzten Wochenende war er noch wg Frieden gegen Krieg auf Kalkars niederrheinisch lauschigem Marktplatz. Kommunisten gesellen sich jetzt drumherum. Die Linksparteiratsfrauen Ammann, Laakmann. Der Ratsherr und Verdimann Keuer.

Ob sie wissen, dass es in der Peschensiedlung bei der Bundestagswahl für die NPD ein Wahlergebnis von mehr als 10 vH gab – und nach Wählerwanderungsanalysen, wiewohl: in kleinster Stichgruppe, die von den Linken kamen?

Gegenüber schwarzbekleidete junge Leute. Guter Hoffnung.

Demo-O-Ton-Splitter:

„Die Linken halten sich ja nie an das Fahnenverbot. Deswegen haben wir auch mal eine mitgebracht.“ Sagt Heiner Leiße, Chef des kommunal einflussreichen Grünen-Ortsverbandes Duisburg-West. Ingenieur Leisse hält ein Transpi schmunzelnd, professionell besiebdruckt, auf dem ist die Brücke der Solidarität abgelichtet.

Warten auf Godot.

Plötzlich Wieselei bei der eingesetzten Bochumer Bereitschaftspolizei. Züge verändern ihre Anordnung.

Zwei Dutzend junge Türken, mit Labels, die nur der kennt, der diese kennt, klamauken sich in Macho-Pose durch die guten Demonstranten durch. Spürbar auf der Gegenseite, gegen Roma.

Polizeifunk? Flurfunk? Demofunk?

Es soll sich um den Nachwuchs der Satudarah-Rocker handeln, sie waren auch schon auf der ersten Demo auf dem Hochemmericher Markt.

Ich frage nachträglich Kundige, Häuptlinge.

Jenseits von Verteilungskämpfen in Geschäften solle eine Flurmarke gesetzt werden.

Nu reitet Pro NRW ein, um 18:34 Uhr bauen die Vögel ihre Boxen auf, zweimal umgittert, um die üblichen Reden zu schwingen.

Übrigens die selben wie schon das letzte Mal.

Ein Typ von denen zeigt den Gegendemonstranten den Nazigruss, das ist der in dem Foto oben, da müsste mal ermittelt werden.

Dieser Hitlergruss-Junge, unser Coverboy, der Peschenhitler, ist einschlägig im Revier von Pro NRW, er nahm beispielweise an deren Parteitag am 10. September 2013 teil.

Wie dieses Bild beweist.

Ich gehe zu den Roma, längs der Strasse etwas hinten weiter aussen.

Wie erklärt man den Jungs und Mädels, den Familien vom Peschenhaus, was eine Kreuzung weiter vorn vonstatten geht?

Dass Hasser von zwei Seiten sie bedrohen?

Ein Gegendemonstrant versucht es. Radebrecht in Englisch. Do you understand Fascist? You know: Gangs?

Ich kürze das ab, sage: „Motherfuckers. Stronzi.“

Die Fremden, unsere neuen Nachbarn: Lächeln. Grienen. Lachen. Handshake. Einigkeit.

Wir haben einander verstanden.

Veranstaltungsempfehlung:

Der Runde Tisch zu Duisburg-Hochfeld empfängt am Dienstag, also am achten Oktober, von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr, den nordrhein-westfälischen Innenminster, Ralf Jäger (SPD). Er sagte zu, zu referieren über Politik und zukünftige Progamme des Landes zur Zuwanderungsproblematik. AWO-Altenheim, Karl-Jarres-Strasse.

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