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Ruhrort als Marke – Eine Anmerkung

Deutsch: Kalvinistenkirche im Duisburger Stadtteil Ruhrort (Dr.-Hammacher-Straße 6, 47119 Duisburg)] (Photo credit: Wikipedia)

Deutsch: Kalvinistenkirche im Duisburger Stadtteil Ruhrort (Dr.-Hammacher-Straße 6, 47119 Duisburg)] (Photo credit: Wikipedia)

Seit einigen Jahren versuchen engagierte Ruhrorter Bürger und Firmen den Niedergang des Stadtteils aufzuhalten. Der Kreativkreis ist zu einem Sammelbecken von Interessen geworden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Ausweisung des Stadtteils als Kreativquartier hatte 2010 einen neuen Schub gebracht, und der Haniel-Konzern erkärte sich bereit, sein Entwicklungskonzept, das ursprünglich auf Medizintechnik ausgerichtet war, gemeinsam mit den Bürgern und Firmen anzupassen. Auch die Stadt Duisburg war und ist beteiligt: der Leerstand wurde für z.B. für Festivalveranstaltungen (Akzente) genutzt, die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung beteiligt sich an der ruhrgebietsweit eröffneten “Creative Stage” … Und doch hat sich im Stadtteil kaum etwas verändert.

Eine Illusion war es, zu glauben, dass es ausreichen würde, “Kreativquartier” zu rufen und schon kämen Leute und Firmen. Das Konzept baut auf einem ‘Cluster-Gedanken’ auf, der in NRW seit den 80er/90er Jahren verbreitet wird. Schon die ersten Kulturwirtschaftberichte forderten Clusterbildungen in den Städten ein, unter der fachlich fragwürdigen Annahme, dass man auf diese Weise Wertschöpfungsprozesse fördern würde.

Schaut man sich die Prozesse im Detail an, dann treffen solche Annahmen bis zu einem gewissen Grad zwar auf die Industrie und ihre Zulieferer zu, jedoch kaum auf die Kultur. Lokale Cluster, in denen Wertschöpfungsketten gebildet werden, setzen Spezialisierungen und Abhängigkeiten voraus, die es innerhalb der Kreativwirtschaft im weitaus geringerem Maße gibt. Rowohlt ließ lange Jahre in der ehemaligen Tschecho-Slowakei drucken, nicht in der Nachbarschaft, und mein eigener Verlag nutzte den Service in Norderstedt, nicht in Duisburg oder Umgebung. Dies hat jeweils konkrete Gründe. Mir garantierte der Druck in Norderstedt z.B. eine Vertriebsanbindung und Auslieferung, die auch Großhändler umfasste, ein Service, der Kleinverlagen i.d.R. verschlossen bleibt. Und heute, bei der Umstellung auf eBooks, vertraue ich auf eine Hamburger New-Media-Agentur, um Shops zu beliefern und Abrechnungen zu erstellen. Ruhrort? Im Hinblick auf eine Wertschöpfungskette völlig uninteressant!

Wenn aber mögliche Wertschöpfungsketten nicht die Motivation sind, Immobilien in einem ‘Kreativquartier’ zu beziehen, worum geht es dann? Ganz einfach: Die Frage wird zu einer des Immobilienmarktes! Es geht um Renommieradressen – oder um verdammt günstige Preise. Um Präsentation – oder um Kosten, die nicht existenzgefährdend sind. Und um ein Flair, ob durch Eleganz – oder durch künstlerische Anarchie geprägt. Ruhrort hat nichts davon und kümmert sich auch nicht um eine Profilierung, sehe ich mal von Aktionen wie “Singet dem Herrn”  ab, der letzten Bitte vor dem Untergang!

Das Motto der Reihe zeigt überdeutlich, woran es mangelt! Es gibt keine Kommunikation nach außen. “Wir in Ruhrort – Gemeinsam nach vorn” richtet sich nach innen, kann lediglich dazu dienen, die eigenen Leute vor einer Resignation oder dem Einschlafen abzuhalten. Mehr aber auch nicht. Vielleicht sollte man die Engagierten mal ins Bewerbungstraining schicken!

Dabei gibt durchaus Duisburger, Ruhrgebietler, ja sogar Düsseldorfer, die Räume suchen, sogar ein freies Kulturzentrum gründen würden: junge Kulturschaffende, freilich ohne Geld, aber mit viel Engagment, Kreativität und Biss. Doch dafür scheint sich das piefige Ruhrort viel zu fein zu sein. Man holt sich lieber eine Absage bei einer renommierten Düsseldorfer Agentur, die international tätig ist, und vertraut auf den “Herrn”.

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