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Auf der Höhe der Zeit: Wir sind wieder wir! Teil 1: Cicero

Nur mal so unter uns: Kennen Sie den Cicero? Nein, ich meine natürlich nicht diesen alten Römer; ich meine dieses politische Monatsmagazin für die ganz Schlauen. Cicero – das Magazin für politische Kultur. „Dass gebildete Menschen nicht wissen, was Cicero ist, das geht gar nicht“, sagt Christoph Schwennicke. Der 46-Jährige ist seit einem halben Jahr Chefredakteur dieses Blattes. „In seinen Anfängen“, hat er der Berliner Zeitung erzählt, „richtete sich Cicero an neokonservative Salon-Eliten“. Dafür zeichnete Wolfram Weimer verantwortlich, bis dann Michael Naumann das Edelmagazin übernahm. „Unter Naumann klang es nach dem SPD-Sound der Neunzigerjahre“ findet Schwennicke. Der Cicero „roch nach Whisky und Zigarren“.

Der Neue hatte und hat sich folglich an die Aufgabe zu machen, das Intellektuellen-Magazin endlich auf die Höhe der Zeit zu bringen. In der November-Ausgabe schreibt Schwennicke auf der Seite 3 das Geleitwort zum Heft, Andere würden sagen: das Editorial, er nennt es Atticus. Dieser Atticus war nämlich der beste Freund vom Cicero. Also dem alten Römer. Und weil die beiden sich immer so nett geschrieben hatten, also der Atticus und der Cicero, hat sich der Schwennicke jetzt gedacht, er könne das Cicero-Editorial doch auch Atticus nennen. Flott, nicht wahr?! „Die Kraft der Quelle“ hat Christoph Schwennicke sein Geleitwort genannt, also seinen Atticus. Und er beginnt mit dem Satz: „Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen anbiedernd, aber es stimmt“.

 

Das ist doch fetzig! So eine lockere Mischung aus scheinbarem Selbstzweifel und gesundem Selbstbewusstsein hätten der Weimer nicht und der Naumann schon gar nicht hinbekommen. Klasse! Nächster Satz: „Am meisten machen wir uns bei der Produktion unseres Heftes Gedanken um unsere Leser.“ Das ist auf der Höhe der Zeit. Immer an die Leser denken! Fakten, Fakten, Fakten – in diesem Fall, wie gesagt: „Die Kraft der Quelle“. Das Problem bei der ganzen Sache: es kann vorkommen, dass sich die beiden Ansprüche nicht ganz decken. Sprich: dass man es mit einem Widerspruch zwischen dem Leserinteresse und der Quellenkraft zu tun bekommt. Was dann? – Dann ist ein führungsstarker Chefredakteur gefragt, der glasklar die Linie vorgibt. Eigentlich logisch.

Eigentlich fragt sich die Cicero-Redaktion nämlich, wie uns Schwennicke in seinem Atticus darlegt: „Passt das Verhältnis der Themen, des Genres und der Autoren? Ist das nicht zu viel davon und zu wenig hiervon? Denn Magazin heißt vor allem eines: Mischung.“ Ach ja, na klar: „Dass gebildete Menschen nicht wissen, was Cicero ist, das geht gar nicht“. Das wissen wir ja. Aus der Berliner Zeitung, nicht aus dem Editorial zur Cicero-November-Ausgabe. Doch, weiter in diesem Text: „Diesmal kamen Sorgen auf.Heidenei! Der arme Christoph Schwennicke. Denn, nachdem er sich die November-Ausgabe seines Eliteblattes so angesehen hatte, sah er sich mit Fragen konfrontiert wie – abermals aus dem Atticus: „Zu viel vom Gleichen, zu viele Nazis? Wir haben uns dafür entschieden, bei dieser Themenwahl zu bleiben.“

 

Das nenne ich Führungsstärke! Na sicher: das Verhältnis der Themen, des Genres und der Autoren, und völlig klar: Magazin heißt vor allem eines: Mischung. Das streitet ja Alles überhaupt kein Mensch ab; nur: besondere Herausforderungen erfordern besondere Maßnahmen. Und wenn es sein muss: besonders radikale Maßnahmen. Da muss dann auch mal mit aller Rücksichtslosigkeit… – egal: das November-Heft des Cicero hat jedenfalls Chefredakteur Schwennicke vor eine besondere Aufgabe gestellt. Es geht darum, diesen verfluchten deutschen Intellektuellen endlich einmal klar zu machen, warum „Mein Kampf“ freigegeben werden muss. Ein für alle Mal! Denn dieses Buch ist – sehr schön illustriert auf dem Titelbild – „Hitlers letzte Bombe“. Sehr schön gesagt, oder up to date: sehr fetzig!

Dass sich einige Ältere mit so einer – wollen wir mal sagen: revolutionären – Forderung noch ein wenig schwertun, kann den flotten, zeitgemäßen Intellektuellen von heute freilich nicht überraschen. Oder dass diese Knobloch dagegen anstänkert. Egal, Hauptsache Markus Söder ist für die Veröffentlichung. Denn dem, also der bayrischen Staatsregierung, gehören die Rechte am Werk des Führers und nicht dieser älteren jüdischen Dame! Die wird das wohl nicht mehr verstehen, dass zwei oder drei Klicks im Internet ausreichen, um sich mit den grundsätzlichen Überlegungen Adolf Hitlers vertraut machen zu können. Wie albern, unter diesen Umständen eine Buchveröffentlichung verhindern zu wollen! Echt total von gestern. Na ja, was soll´s?! Niemand hält das auf, die Zeit des Erwachens hat begonnen: wir sind wieder wir!

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