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Rede von Innenminister Jäger zum Stand der Umsetzung des Stärkungspaktgesetzes

 

Innenminister Ralf Jäger – Foto: Thomas Rodenbücher

Düsseldorf (ots) – Anrede, der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ ist ein zentrales Vorhaben der rot-grünen Landesregierung seit dem Regierungswechsel 2010. Uns war klar: Land und Kommunen würden einen langen Atem brauchen, um die Haushalte wieder in Ordnung zu bringen. Heute kann ich (olympisch) sagen: Die ersten Schritte des Sanierungsmarathons sind gemacht, alle Teilnehmer sind aus den Startlöchern gekommen, das Feld ist noch eng beisammen. Herrn Oberbürgermeister Jung an meiner Seite kennen Sie: Er war während der Gesetzgebung des Stärkungspaktgesetzes Vorsitzender des NRW-Städtetages – jetzt ist er „Vize“ – und er ist im „Hauptberuf“ nach wie vor Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal. Sie gehört zu den Städten Stärkungspakt-Stufe eins. Alle Räte der Kommunen in der ersten Stufe haben mittlerweile Haushaltssanierungspläne beschlossen. Damit haben alle 34 Städte und Gemeinden die erste Hürde genommen. In acht Fällen wurde die Genehmigung auch bereits ausgesprochen. Es handelt sich um die beiden kreisfreien Städte Hamm und Wuppertal und die kreisangehörigen Städte Hattingen, Menden, Minden, Schwelm, Sprockhövel und Welver. Zu den Einzelheiten unseres zentralen Vorhabens: Seit Dezember 2011 ist das „Stärkungspaktgesetz“ in Kraft. Es sieht für die Zeit von 2011 bis 2020 Unterstützungsleistungen in Höhe von insgesamt 5,85 Milliarden Euro für die Kommunen mit den größten finanziellen Problemen vor. 34 Städte und Gemeinden, die entweder bereits überschuldet sind oder unmittelbar vor der Überschuldung stehen, sind zur Teilnahme am Stärkungspakt verpflichtet. Diesen 34 Kommunen hat das Land noch im Dezember des vergangenen Jahres 350 Millionen Euro an Konsolidierungshilfen überwiesen, ohne dass ein Antrag zu stellen war und ohne dass Voraussetzungen zu erfüllen waren. Für die Zahlungen, die von diesem Jahr an geleistet werden, müssen die Kommunen Bedingungen erfüllen: Voraussetzung dafür, dass zum 1. Oktober 2012 die zweite Rate gezahlt wird, war die Verabschiedung eines Haushaltssanierungsplans durch den Rat bis zum 30. Juni. Das haben alle gemacht. Voraussetzung ist weiter die Genehmigung des Haushaltssanierungsplans durch die Bezirksregierung. Dafür müssen folgende Sanierungsziele eingehalten werden:

   - Haushaltsausgleich unter Einschluss der Konsolidierungshilfen 
     des Landes bis spätestens 2016 und
   - Haushaltsausgleich ohne Konsolidierungshilfen spätestens im 
     Haushaltsjahr 2021.

Derzeit prüfen die Bezirksregierungen die beschlossenen Pläne auf ihre Genehmigungsfähigkeit. In acht Fällen ist die Prüfung abgeschlossen. Wirft man einen ersten Blick auf die übrigen Sanierungspläne, so scheinen die meisten Gemeinden die gesetzlich vorgegebenen Sanierungsziele in der Planung zu erreichen. Diese Kommunen dürfen auf eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde in den nächsten Wochen hoffen. Einige wenige Kommunen scheinen sich nicht in der Lage zu sehen, die Sanierungsziele zu erreichen. Hier werden die Bezirksregierungen in den kommenden Wochen und Monaten das Gespräch mit der jeweiligen Kommune suchen. Klar ist: Jede Haushaltssanierung ist ein Marathon: Beim Marathon kommt nur ins Ziel, wer auch dann durchhält, wenn es weh tut. Geschenkt wird der Haushaltsausgleich trotz der immens hohen Konsolidierungshilfe keiner einzigen der Stärkungspaktkommunen. Ich bin zuversichtlich, dass am Ende dieses Prozesses alle 34 Kommunen der Stufe eins über einen genehmigten Haushaltssanierungsplan verfügen. Mein Eindruck ist: Die Kommunen wollen diese Genehmigung – sie wollen vor allem die mit der Genehmigung verbundene Chance nutzen, wieder zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Haushaltswirtschaft zurückzukehren, und den Budgetberatungen im Stadtrat wieder den Stellwert geben, den er in der kommunalen Selbstverwaltung hat. Einige Hinweise noch zum Stand in der zweiten Stufe: Ende Mai haben wir den Anträgen von insgesamt 27 weiteren Städten und Gemeinden auf Teilnahme am Stärkungspakt stattgegeben. Diese Kommunen der Stufe zwei haben Zeit bis zum 30. September, den Sanierungsplan zu beschließen und der jeweiligen Bezirksregierung vorzulegen. Ein erster Haushaltssanierungsplan konnte bereits genehmigt werden – es handelt sich hier um die Stadt Herten (Kreis Recklinghausen). Auch hier ist mein Eindruck, dass diese 27 Kommunen sehr ernsthaft an einem seriösen und belastbaren Sanierungsplan arbeiten und bis zum Jahresende auch die Kommunen der Stufe zwei wieder eine ordnungsgemäße Haushaltssatzung haben werden. Einige abschließende Anmerkungen noch zur Einordnung: Ende 2011 hatten wir in NRW noch 142 Städte und Gemeinden, die keinen genehmigungsfähigen Haushalt hatten und damit unter dem Nothaushaltrecht standen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis zum Jahresende 2012 die Zahl dieser Nothaushaltskommunen um mehr als die Hälfte verringert haben werden. Das hat zum einen zu tun mit einer Änderung des § 76 der Gemeindeordnung. Sie ermöglicht es den Kommunalaufsichtsbehörden, auch solche Haushaltskonsolidierungskonzepte zu genehmigen, die eine längere Laufzeit als drei Jahre haben. Damit können finanziell notleidende Kommunen auch solche Konsolidierungsprojekte angehen, die sich erst nach mehreren Jahren rechnen, wie zum Beispiel die energetische Sanierung von Gebäuden oder die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik. Das hat zum anderen damit zu tun, dass sich die Einnahmesituation der NRW-Kommunen in den letzten Jahren auch mit Hilfe des Landes deutlich verbessert hat:

   - 2011 haben die NRW-Kommunen gut eine Milliarde Euro Steuern mehr
     eingenommen als 2010.
   - Seit 2010 werden die Kommunen nicht mehr zur Konsolidierung des 
     Landeshaushaltes herangezogen, das GFG wird seither jährlich um 
     über 300 Millionen EUR aufgestockt.
   - Seit 2011 stellt das Land  jährlich 350 Millionen EUR aus dem 
     Landeshaushalt für den Stärkungspakt zur Verfügung.
   - In diesem Jahr beginnt der Bund mit der schrittweisen Übernahme 
     der Kosten der Grundsicherung - ab 2014 werden die NRW-Kommunen 
     dann um rund eine Milliarde Euro jährlich entlastet.

Alles in allem eine erfreuliche Entwicklung auf der Einnahmenseite, aber ihr steht auf der Ausgabenseite eine unveränderte Dynamik der Soziallasten gegenüber. Auch im vergangenen Jahr überstiegen die Ausgaben die Einnahmen – am Ende fehlten in den kommunalen Kassen allein in NRW wiederum mehr als 1,5 Milliarden Euro. Ein wesentlicher Grund für diesen „negativen Finanzierungssaldo“ ist in dem ungebrochenen Zuwachs der Soziallasten zu sehen. Sie sind allein von 2010 auf 2011 trotz der guten konjunkturellen Situation erneut um 3,5 Prozent auf nunmehr 13,6 Milliarden Euro in NRW gestiegen. Die zwangsläufige Folge ist: trotz aller Verbesserungen gelingt es nicht, die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen zu schließen. Die Beteiligung des Bundes an den übrigen Soziallasten bleibt deshalb unverzichtbar. Dazu ein Beispiel: Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen innerhalb und außerhalb von Einrichtungen ist allein in NRW seit 2005 von 2,8 Milliarden Euro auf 3,8 Milliarden Euro in 2011 gestiegen. Das ist ein Zuwachs um fast 35 Prozent innerhalb von nur sieben Jahren. Rechtsgrundlage für die Leistungen der Eingliederungshilfe ist das zwölfte Sozialgesetzbuch (SGB XII) – ein Bundesgesetz. Die finanziellen Auswirkungen dieser Gesetzgebung liegen für den Bundeshaushalt bei null Euro. Das macht Gesetzgebung einfach: Der eine beschließt die Gesetze, der andere ist für die Kostenfolgen verantwortlich. Dabei sagt einem schon der gesunde Menschenverstand: Aufgabenverantwortung und Ausgabenverantwortung gehören in eine Hand! Mir würde eine Mitverantwortung des Bundes bereits reichen – Unverantwortlichkeit reicht mir nicht!

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