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FDP erkennt Zeichen der Zeit: Wahlkampagne ohne Parteichef

High Noon. Zwölf Uhr mittags. Spiegel Online hat wieder einmal eine Top-Meldung zuerst, und zwar diese hier über die FDP: „Wahlkampagne ohne Parteichef“. In der Tat: das ist sensationell! Immer wieder wird diese liberale Traditionspartei – im Grunde schon abgeschrieben, so auch heute wieder. Da bringt die Bild am Sonntag eine neue Emnid-Umfrage, die die FDP unter fünf Prozent sieht. Sorgenvoll runzelt man die Stirn, und in einem Anfall von Fatalismus sagt man sich: „Tja, das war´s ja dann wohl!“ Doch, um es an dieser Stelle einmal klipp und klar zu sagen: wer so schnell die Flinte ins Korn wirft, der kennt die FDP schlecht.

“Die FDP hat – wie die Kirche – Erfahrung mit der Auferstehung“, sagte vor anderthalb Jahren ein gewisser Daniel Bahr, den die Liberalen daraufhin konsequenterweise zum Gesundheitsminister gemacht haben. Und warum? Antwort: weil es diese altehrwürdige Partei immer wieder schafft, mit der Zeit zu gehen. Immer wieder kriegt sie, wenn auch zugegebenermaßen häufig genug im allerletzten Moment, noch die Kurve. Immer wieder, immer wieder. Immer wieder FDP. Und heute war es dann mal wieder so weit: High Noon. Zwölf Uhr mittags. Endlich! Die Liberalen kommen mit der Meldung rüber „Wahlkampagne ohne Parteichef“. Das wurde aber auch Zeit!

 

Wir leben schließlich nicht mehr im Mittelalter. Eine Wahlkampagne und überall wird das Konterfei des Parteivorsitzenden geklebt… – Leute, Leute! Wir leben im 21. Jahrhundert. Der Kommunismus ist überwunden. Die hatten damals drüben zwar keine richtigen Wahlen, dafür aber so richtig alberne Wahlkampagnen. An jeder Straßenecke guckt einen der Genosse Vorsitzende an. Jetzt Syrien, dieser Assad – kein Kommunismus im engeren Sinne, aber die gleichen Methoden. Bevor wir hier allzu überheblich werden, machen wir uns nichts vor! Sehen wir unserer eigenen Geschichte schonungslos ins Auge! Brutalstmögliche Aufklärung: in den Gründerjahren unserer Republik ging es nicht viel anders zu.

Ja, das war die Zeit des Paternalismus. Auch hier sahen einen zu Wahlkampfzeiten die Parteivorsitzenden auf ihre unnachahmliche Weise an. Zweckmäßigerweise gab es derer nur drei. Also drei Parteien mit je einem Vorsitzenden. Das war damals halt diese Zeit. Die Einen wählten die CDU, die Anderen – meist etwas weniger – die SPD, und drittens – so als Zünglein an der Waage – gab es noch die FDP. Und deren Vorsitzender hatte dann zu bestimmen, ob die CDU oder die SPD künftig den Kanzler stellen dürfen und auf diese Weise die herrschende FDP-Politik ein wenig modifizieren dürfen. Ja, es war übersichtlicher damals. Und schöner für die FDP. Kein Wunder, dass sich die Liberalen so schlecht von diesem Modell trennen konnten.

 

Heute Mittag dann endlich die Auferstehung. Wieder einmal, wenn auch zugegebenermaßen im allerletzten Moment, die Kurve gekriegt. Wahlkampagne mit Parteichef – unter uns: wer macht denn heutzutage noch so einen total veralteten Mief. Der Vorsitzende tritt zur Wahl an, und die Partei wirbt auch noch damit. Zum Schütteln komisch! So etwas kann man heutzutage einfach nicht mehr bringen. Macht auch kein Mensch mehr, also ich meine: keine Partei. So etwas Bescheuertes: ein Wahlkampf mit dem Parteivorsitzenden. Im Wohnzimmer steht ein kleines Schwarzweiß-Fernsehgerät. Im Flur hängt an der Wand das Telefon mit der Wählscheibe. Junge, Junge – das waren Zeiten!

Wissen Sie eigentlich, wer der Parteichef der Grünen ist? Nein, falsch! Der Trittin ist es nicht. Sondern der Özdemir. Beziehungsweise die Frau an seiner Seite. Das geht bei denen nicht anders. Richtig: die Claudia Roth. Und die möchte auch eine Wahlkampagne mit Parteichef, also klar: mit Parteichefin. Ja okay, die Claudia kommt ganz offensichtlich aus einer anderen Zeit. Bei den Linken kämen die gar nicht auf so eine Idee. Doch, die haben einen Parteichef. Müssen Sie nur mal googeln. Oder diese junge Frau mit den roten Haaren. Aber auch die ist nicht auf so einem Yesterday-Trip wie die grüne Roth. Oder die Piraten: bei denen ist dieser Hallo Spencer der Parteichef. Den würden die aber doch im Leben nicht im Wahlkampf plakatieren, die Piraten.

 

Gut, den Parteivorsitzenden der SPD, den kennt man aber. Das ist der Sigmar Gabriel. Ob der jedoch für die SPD-Wahlkampagne genommen wird? Er möchte dies wohl. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Bleibt nur noch the one and only CDU. Und, wissen Sie, wer bei denen der Parteivorsitzende ist? Das spielt aber auch keine Rolle; die müssen sowieso ihre Wahlkampagne mit der Merkel machen. Titelverteidigerin – das geht gar nicht anders. Und ja, die Bundeskanzlerin ist gleichzeitig auch der CDU-Parteichef bzw. die CDU- Parteichefin. Das ist aber etwas ganz Anderes! Vielleicht hatte sich die FDP auch bislang durch diesen Sondereffekt blenden lassen. Wer weiß?

Egal. Heute haben sie ja den Dreh gekriegt, die Liberalen. „Wahlkampagne ohne Parteichef“. Und, laut Spiegel Online, wird sogar noch ein Vorwand mitgeliefert: „FDP fürchtet Röslers Image“. Nun ja. „FDP ist aufgefallen, unzeitgemäßem Personenkult anzuhängen“ konnte man ja schlecht schreiben. Das wäre nun wirklich sehr unhöflich gewesen. Also wird „Röslers Image“ vorgeschoben, vor dem sich die FDP fürchte. Ziemlich clever: Parteivorsitzende haben heutzutage wirklich ein furchterregendes Image. Das war damals im Grunde nicht viel anders; nur: man durfte es nicht sagen. Das ist eigentlich der einzige Unterschied. Außer in der FDP. Da herrscht immer noch Zucht und Furcht. Vor mighty Rösler.

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