Website-Icon xtranews – das Newsportal aus Duisburg

Duisburg OB-Wahl: Was wählt der unabhängige unterlegene Kandidat? Ein Interview

Am nächsten Sonntag haben die Duisburger die Wahl. Stichwahl. Der Wahl zum Oberbürgermeister. Zu wählen wäre ein sozialdemokratischer Parteisoldat, Sören Link, 34, und ein segelaffiner  mittelständischer Unternehmer von der CDU, Benno Lensdorf (69).

Ich habe den aussichtsreichen, unterlegenen, unabhängigen Kandidaten, den Kandidaten der Herzen,  Michael Rubinstein zur Gemengelage befragt.

Schon gewählt?

Nein, aber mein Wahllokal liegt direkt auf der anderen Straßenseite – da werde ich mich am Sonntagmorgen direkt blicken lassen.
Warum dann den? Sören Link würden Sie doch nur in Ihrer Eigenschaft als
Verantwortungsträger der hiesigen jüdischen Gemeinde wählen? Sonn Blaßkopf, Duisburg nicht
im Herzen.

Rubinstein, der einzige: Verkimmelt gegen das Establishment

Nun, woher wissen Sie, wen ich wähle? Und vor allem: kennen Sie das

Wahlergebnis schon heute? Ich nicht. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass
Sören Link unser neuer OB wird, in der Tat mehr als hoch ist.
Für mich ist klar: ich nehme mein demokratisches Grundrecht zu Wählen wahr,
so wie ich es bisher immer getan habe. Wen ich wähle und aus welchen
Gründen, ist und bleibt allerdings dem Wahlgeheimnis unterworfen.
Und mal ganz unabhängig von meinen persönlichen Wahl-Präferenzen: Als
Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde werde ich mich bemühen, mit dem neuen
OB vertrauensvoll im Sinne der Sache zusammenzuarbeiten. Egal ob mit Benno
Lensdorf oder Sören Link. Das sehe ich ganz sachlich und professionell. Und
auch optimistisch.

Jetzt mal ernsthaft. Wie erklären Sie sich Ihr unerwartetes Versagen als unabhängiger OB-Kandidat? War die Opposition sich zu wenig einig?

Gegenfrage: Wie erklären Sie sich die schwache Wahlbeteilung sowie den
Umstand, dass sich offenbar alle getäuscht haben, wie die Wahl denn so
ausgehen wird?
Klar bin ich nicht begeistert von dem Ergebnis – weder für mich persönlich, noch im Allgemeinen.
Es wäre ein wichtiges Signal des Aufbruchs gewesen, zumindest einen unabhängigen Kandidaten in der Stichwahl gehabt zu haben. Aber dem ist nicht so.
Und auch wenn es wohl eine Reihe an Gründen dafür gibt, so bleibt unter dem Strich für mich stehen: Ich habe in weniger als drei Monaten fast 14.000 Menschen davon überzeugt, dass ich der richtige Kandidat bin.
Von den 30% der Wählerinnen und Wähler, die nicht CDU oder SPD gewählt haben, entschieden sich knapp 11,6% für mich.
Daher müssen sich wohl eher die anderen 10 Kandidatinnen und Kandidaten fragen, ob
parteigebunden oder unabhängig, wieso sie so wenig Stimmen auf sich vereinigen konnten.
Ich fühle mich, auch wenn Ihr Kollege das gestern anders interpretiert hat, grundsätzlich bestätigt, wie ich meinen Wahlkampf gestaltet habe.
Und darüber hinaus in meiner vorab formulierten Befürchtung, dass wir Unabhängige uns gegenseitig die Stimmen wegnehmen werden. So ist es dann gekommen. Das ist bitter für unsere Stadt.

Eine andere Frage ist die nach Ihrer Zukunft. Sie werden nicht in Duisburg
bleiben wollen, wie man hört?

Wissen Sie, man hört so vieles und hat im Wahlkampf manch Absurdes behauptet.
Fakt ist: Mit der Sanierung des Jüdischen Gemeindezentrums erwartet mich in den nächsten Monaten viel Arbeit, das ist eine spannende Herausforderung. Dass mir Duisburg in den letzten Jahres ans Herz gewachsen ist und ich mich hier zuhause fühle, brauche ich nicht mehr zu betonen.
Was aber meine berufliche Zukunft bis zur Rente mit 67 und dem damit verbundenen
Wohnort angeht, kann ich nur sagen: Man wird sehen.
Konkrete Überlegungen, Duisburg zu verlassen, gibt es auf jeden Fall aktuell keine.
Woher kam Ihr Glück, das Vertrauen, ja das Selbstbewußtsein, sich so
in die Welt geworfen zu haben? In das doofe Duisburg?
Entgegen anderer Behauptungen bin bereits im letzten Jahr gefragt worden – von einem Duisburger Mandatsträger übrigens- ob ich mir nicht vorstellen könnte, als unabhängiger OB-Kandidat ins Rennen zu gehen.
Ich habe mir Gedanken dazu gemacht, mit vielen verschiedenen Menschen darüber gesprochen.

Der überwiegende Tenor war: Das wäre ein positives Signal für diese Stadt.

Und dann wurde es bekanntlich im Februar aktuell.

Ich gehöre zu den Menschen, die gerne kritisch sind und sich entsprechend
äußern, aber wenn man dies tut, dann muss man selbst auch bereit sein, Dinge
anzupacken und zu verändern zu wollen.

Das ist ebenso meine Motivation für meine Kandidatur gewesen wie die Neugier auf und das Interesse an neuen Begegnungen mit ganz verschiedenen Menschen. Daher hat mir insbesondere der Straßenwahlkampf viel Spaß gemacht und gegeben.

Im Übrigen: Duisburg ist nicht doof!

Duisburg durchlebt eine schwierige Zeit, ist aber für mich absolut lebenswert. Mit Perspektive!

Und woher kam das Geld für den unabhängigen Wahlkampf?

So langsam frage ich mich: Warum wurde und wird ausgerechnet mir, und nur mir, diese Frage immer wieder gestellt?
Ja ich weiß, auch da gibt es skurrile Gerüchte, die ich aber erfreulicherweise ins Reich der Fabeln verweisen kann.
Es ist faktisch so: Von den mir entstandenen Wahlkampfkosten (rund EUR 11.500), konnten 60 Prozent durch Spenden gedeckt werden. Da ist auch der Betrag der FDP enthalten. Die Differenz geht zu Lasten meines Kontos.
Aber das ist völlig in Ordnung. Wer A sagt, muss auch B sagen.
Und mich erfreut es, dass ich meine Plakate jetzt Organisationen zur freien Verfügung stellen kann, die diese dann neu, für eigene Zwecke, bekleben. Das nenne ich Mehrwert.

Sofern alle anderen sich zu Ihren Gunsten vereint hätten, gängen Sie nu in die Stichwahl gegen Sören Link. Warum hatte niemand diese strategische Konzeption drauf?

Das muss man differenziert sehen: Grüne und Linke konnten aus
Kooperationsgründen mit der SPD keinen unabhängigen Kandidaten unterstützen
– und meinten dann, sie müssten eigene Kandidatinnen ins Rennen schicken.
Damit war das Thema überparteilich bereits durch.
Die meisten unabhängigen Bewerber argumentierten, viel Zeit und Engagement in den Wahlkampf gesteckt zu haben und es dann auch durchziehen zu wollen.
Sicherlich war diese dem Gesamtziel „Neubeginn“ nicht zuträglich, aber zumindest menschlich nachvollziehbar.
Warum die „BI Neuanfang Duisburg“ mehrere Wochen nach meiner offiziellen Kandidatur Herrn Dr. Wittsiepe zusätzlich ins Rennen geschickt hat, kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Da müssen Sie die Herren selbst fragen.
Fakt ist aber: All diese Faktoren haben sicherlich mit dazu geführt, dass die Stichwahl nun kommt, wie sie kommt.Das können wir bedauern, aber so funktioniert halt
unsere Demokratie.
Die mobile Version verlassen