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Vor der Abwahl für nach der Abwahl: Überlegungen zu einem echten „Neuanfang“

Sonntag, 12. Februar 2012, nachmittags. Eigentlich hätte es ja gereicht, wenn auf dem Stimmzettel nur das Ja gestanden hätte. Denn Nein-Stimmen, sprich: Stimmen für den Verbleib Adolf Sauerlands im Amt, waren schon insofern gar nicht erforderlich, weil eine Nichtbeteiligung an der Abwahl doch denselben Effekt hätte. Deshalb hatte die CDU Duisburg ihren Mitgliedern schon vor einiger Zeit empfohlen, einfach zu Hause zu bleiben. Nichtwähler stimmen faktisch mit Nein. Entweder kommen die 91.227 Ja-Stimmen zusammen oder eben nicht.

Aber gut, ich sehe ein: wie hätte das denn wieder ausgesehen? Ein Stimmzettel, auf dem man nur Ja hätte ankreuzen können, nicht aber Nein? Oder aber man hätte den Stimmzettel einfach gefaltet und in die Wahlurne geworfen, fertig. Unvorstellbar. Ein Rückfall in alte sozialistische Zeiten, wie Herr Sauerland und seine Duisburger CDU ohnehin schon die Aussicht auf die bevorstehende Abwahl gebrandmarkt hatten. Und dies, obwohl neben dem Ja auf dem Stimmzettel auch die Möglichkeit eingeräumt wurde, mit Nein zu votieren.

Völlig zweckfrei, aber zweifellos ein deutlich demokratischeres Erscheinungsbild. Niemand weiß, wie der Bürgerentscheid heute in Duisburg ausgehen wird. Seit heute Nachmittag zeichnet sich jedoch unverkennbar ab, dass Adolf Sauerland als Oberbürgermeister abgewählt wird. Sowohl die WAZ-Mediengruppe als auch die Rheinische Post berichten gegen halb drei von einer ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung, was sich sowohl mit den Beobachtungen diverser Blogger als auch meinen eigenen deckt. Da Nein-Stimmen völlig zweckfrei sind, ist davon auszugehen, dass die erforderliche Anzahl von Ja-Stimmen erreicht wird.

Damit wäre Adolf Sauerland abgewählt. Anderthalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe. Damit wäre die Voraussetzung für den sog. „Neuanfang“ geschaffen. In einem Vierteljahr wird ein neuer bzw. eine neue OB gewählt. Das Abwahlbündnis wird noch heute Abend, spätestens morgen auch „offiziell“ für beendet erklärt werden. Die SPD wird vermutlich noch nicht bekanntgeben, wen die für die OB-Wahl zu nominieren gedenkt. Wegen der tatsächlichen oder vermeintlichen Hoffnung auf eine(n) gemeinsame(n) Kandidaten/in aller Abwahlkräfte.

Es ist schwer vorstellbar, dass daraus etwas werden könnte. Politisch interessanter wäre die Frage, ob die nicht-sozialdemokratischen Teile des Abwahlbündnisses auf eine(n) gemeinsame(n) Kandidaten/in werden einigen können. Ob die Grünen und die Linken eigene Kandidaten aufstellen werden. Oder ob gar – wie bei der letzten Kommunalwahl – dreizehn OB-Kandidaten antreten werden. Wie auch immer: der oder die SPD-Bewerber(in) dürfte als klarer Favorit ins Rennen gehen.

Der DGB-Bezirk hat kürzlich für einen überparteilichen Sauerland-Nachfolger plädiert. „Der folgende Neuanfang“, so DGB-Chef Rainer Bischoff, selbst SPD-Mann, „muss das vorrangige Ziel haben, die verschiedenen Gruppen und Menschen in unserer Stadt wieder zu vereinen. Die entstandenen Gräben in unserer Stadtgesellschaft müssen möglichst schnell wieder geschlossen werden.“ Keine leichte Aufgabe, egal wer auch immer sie zu bewältigen haben wird. Die Duisburger SPD wird sich fragen müssen, warum es überhaupt möglich war, dass ihr Engagement im Abwahlkampf auf derart große Skepsis stoßen konnte.

 

Warum konnte Adolf Sauerland etwas von einem „Rückfall in alte sozialistische Zeiten“ faseln, ohne dass halb Duisburg vor Lachen zusammengebrochen wäre? Wieso genügte es für eine Gruppe innerhalb des Abwahlbündnisses wie etwaDuisburg 21, schlicht auf die SPD-Mitgliedschaft eines ihrer Kritiker (in diesem Fall: auf meine) hinzuweisen, um sich mit den damit vermeintlich hinreichend dokumentierten unehrenhaften Absichten jeglicher Kritik entziehen zu können? Last, but not least: warum tat es Not, dass das SPD-Büro eine in Rot gehaltene Anzeige in der gestrigen Ausgabe des „Wochen-Anzeigers“ geschaltet hatte?!

Es ist Sonntag, der 12. Februar 2012, 16:00 Uhr. Alles spricht dafür, dass Adolf Sauerland abgewählt ist. Der „Neuanfang für Duisburg“ kann beginnen. Gelingen kann er nur, wenn auch die Sozialdemokratische Partei gewisse Attitüden, die sie sich während ihrer jahrzehntelangen Monopolstellung angewöhnt hatte, ablegt – möglichst vollständig und, wie man heute so sagt, nachhaltig. Wer die Duisburger SPD auch nur ein wenig im Blick hat, wird den Prozess der Demokratisierung während der letzten sieben Jahre nicht bestreiten können.

Er muss weitergehen. Die Defizite in Sachen innerparteilicher Demokratie und im demokratischen Umgang mit anderen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen waren in der „Vor-Sauerland-Ära“ einfach zu groß. Deshalb sind die Sozialdemokraten abgewählt worden. Deshalb konnten Entscheidungen zustande kommen, die in einem lebendigen demokratischen Prozess niemals getroffen worden wären. Und auch deshalb ist die SPD abgewählt worden. Duisburg ist „strukturell“, so sagt man, eine sozialdemokratisch geprägte Stadt. Wenn die SPD die richtigen Lehren zieht, wird Duisburg es auch bleiben.

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