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Was wir von Norwegen gelernt haben – und was nicht

Die Tragödie in Norwegen ist schrecklich – aber wie alle negativen Ereignisse birgt sie wichtige Informationen über uns selbst. Aus denen wir Lehren für die Zukunft ziehen können. So wir denn wollen.

Als ich in den Stunden nach den Attentaten eines vermutlichen Einzeltäters gelesen habe, war ich sprachlos. Vor allem Spiegel Online hatte sich ja direkt auf „den bösen Muslim“, gemeinhin „Islamisten“ genannt, eingeschossen. Frei von jedem Wissen fabulierte man dort und an anderen Orten munter drauf los. Das Netz reagierte gewohnt und schon kurz danach kursierten die ersten Blogbeiträge und Twitternachrichten, die sich des Themas mehr oder weniger ernsthaft angenommen haben und das Offensichtliche anklagten:

Die einseitige Angst- und Panikmache, die offenkundige Ahnungslosigkeit der selbstgewählten „Terrorexperten„, all das war der Situation nicht nur unangemessen, es war auch peinlich.

Wirklich schlimm aber ist, wenn man sich ansieht, wie heute die Situation von Politikern der Christlichen Parteien in Deutschland schamlos genutzt werden soll. Das es ausgerechnet die christlichen Parteien sind, die wieder den Überwachungsstaat fordern, ist angesichts des „Täterprofils“ schon sehr unangenehm:

Die Polizei nennt ihn einen „christlichen Fundamentalisten“ (…)

Und dann kommen die „üblichen Verdächtigen“ hier in Deutschland aus den Löchern und noch bevor die Toten von Norwegen ihre letzte Ruhe gefunden haben, werden sie schon für die feuchten Träume mancher Überwachungsfanatiker benutzt.

So verlangt z. B. Hans Peter Uhl, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU ganz unverhohlen die Vorratsdatenspeicherung:

Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung…. Nur wenn die Ermittler die Kommunikation bei der Planung von Anschlägen verfolgen können, können sie solche Taten vereiteln und Menschen schützen.“ Solche Taten: Damit meinte er die Attentate von Oslo und Utøya.

Und auch Joachim Herrmann, Innenminister von Bayern wird im gleichen Artikel wiedergegeben:

Oder Joachim Herrmann, der Innenminister in Bayern. Der CSU-Mann will nun „diese Interneteinträge noch aufmerksamer verfolgen“ lassen.

Über Twitter erfährt u. a. von Christian Scholz zudem, dass Uhl scheinbar noch ein Mal nachgelegt hat:

Herr Uhl weiss auch: „Das ist nur scheinbar die Tat eines Einzeltäters! Die Tat wurde im Internet geboren“ #dlf #norwegen

Dieses Verhalten ist nicht mehr nur beschämend. Es ist beängstigend weil es zeigt, welch Geist diesen Politikern innen wohnt und das sie keinerlei Scham mehr kennen. Jede Gelegenheit wird genutzt, freier Kommunikation (im Internet) entgegen zu treten, keine Situation ist zu peinlich um nicht für den Ausbau des Überwachungsapparat genutzt zu werden.

Man mag sich ausmalen was passiert wäre, wären die Anschläge in Norwegen wirklich von Islamisten ausgeführt worden!

Im Grunde kann und muss man die Norweger um ihre Regierung beneiden, die sich in gerade einer solchen Situation hingeht und sagt, diese Art des „Homegrown Terrorism“ kann nur durch mehr Offenheit, das Leben und Lehren von Werten begegnet werden.

Und wir hier müssen uns überlegen, ob und wie lange wir uns noch von dieser Angst-Politik der „christlich liberalen“ Koalition und ihrer Ableger beherrschen lassen wollen. Denn die Gesellschaft, die sich auf Druck aus dem konservativen Lager in Deutschland entwickelt, ist m. E. ein optimaler Nährboden – für genau die Art von Menschen, wie der Attentäter von Oslo einer war.

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