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Gründe und Auswirkungen der Midterm Elections – Botschafter Dr. Klaus Scharioth in Aachen

Am gestrigen Donnerstag war Dr. Klaus Scharioth, deutscher Botschafter in den USA, im Krönungssaal des Aachener Rathauses zu Gast. Eingeladen vom Amerikahaus Nordrhein-Westfalen, referierte der Top-Diplomat über die Gründe und Auswirkungen der Ergebnisse der Anfang November stattgefundenen Midterm Elections.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung machte Scharioth deutlich, dass es sich – anders als von den Medien in vergangenen Wochen häufig dargestellt – „nicht um eine historische Niederlage für den US-Präsidenten gehandelt“ habe. Denn Bill Clinton habe 1994 sogar die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses, dem Repräsentantenhaus und dem Senat, verloren. Darüber hinaus habe die jeweilige Regierungspartei, so Scharioth, immer mindestens 25 Sitze im Repräsentantenhaus bei den Midterm Elections abgeben müssen.

Die Gründe für die deutliche Niederlage der Demokraten machte der deutsche Botschafter an sechs Punkten fest. So sei als erstes die hohe Arbeitslosigkeit in den USA einer der entscheidenden Gründe gewesen. „Die Arbeitslosigkeit hat sich seit Beginn der Rezession verdoppelt“, erklärte Scharioth. Zweitens beginne das Konjunkturprogramm, von Präsident Obama zu Beginn des Jahre 2009 auf den Weg gebracht, jetzt erst zu greifen. Eines der Elemente des Programms sei die Gesundheitsreform, eine „Jahrhundertreform für die USA“, wie der Diplomat sie nennt, die noch nicht vollständig in Kraft getreten sei. Auch in den Bereichen Infrastrukturmaßnahmen, Bildung, Energie und Klima sei das Geld noch nicht abgeflossen. „Für die Bürgerinnen und Bürger in den USA ist dies unverständlich“, sagt Scharioth.

Des Weiteren habe eine mangelnde Kommunikation eine Rolle beim Ausgang der Wahlen gespielt. Barack Obama habe, so der Eindruck des Botschafters, nicht so zündend kommunizieren können wie im Wahljahr 2008. Und Medien wie der Fernsehkanal Fox News, der die „Tea Party“-Bewegung offen unterstütze, hätten diese schlechte Darstellung des Präsidenten in der Öffentlichkeit sogar noch verstärkt.

„Auch eine geringe Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler in den Vereinigten Staaten hat zum Ergebnis beigetragen“, analysiert Scharioth, der selbst in den USA studiert hatte und das Land somit bereits seit einigen Jahrzehnten bestens kennt.

Als zwei weitere Gründe führt der Botschafter, der die deutschen Interessen seit 2006 in Washington vertritt, einerseits eine starke Opposition der Republikaner und andererseits die Spendenpraxis, die sich vor kurzem auf Grund eines Gerichtsurteils geändert habe, an. So könnten Unternehmen seit einigen Monaten viel einfacher an Parteien bzw. einzelne Kandidaten spenden, was vor  allem den Republikanern zu Gute gekommen sei, da diese ungefähr doppelt so viel an Spenden eingenommen hätten wie die Demokraten, erläutert Scharioth.

Im Anschluss daran ging Klaus Scharioth auf die Auswirkungen der Midterm Elections ein. Innenpolitisch sei künftig mit einer totalen Blockadepolitik seitens der Republikaner zu rechnen. „Im Moment ist es völlig ungewiss, wie es mit wichtigen Themen wie der Haushaltssanierung oder der Steuerpolitik weitergehen wird“, macht er deutlich und schließt an: „In allen Bereichen muss Obama von nun an Kompromisse suchen.“

Auf die Außenpolitik des Landes habe dieser Wahlausgang weniger Auswirkungen, da der Präsident und dessen Regierung in vielen Dingen freie Hand hätten. Nur bei der Ratifizierung von Verträgen und – vor allem – bei Geldern für den Kampf gegen den Klimawandel werde es Probleme geben, da hier die Zustimmung des Kongresses von Nöten sei. Somit sei beispielsweise auch ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll in Gefahr, denn die Republikaner würden einen solchen möglichen neuen Vertrag voraussichtlich nicht billigen.

Zum Ende hob der Diplomat aber auch hervor: „Die Aussichten für Barack Obama für die nächste Präsidentschaftswahl in 2012 sind trotz allem nicht schlecht.“ Denn die Republikaner müssten früher oder später ihre Position als Fundamentalopposition aufgeben. Außerdem werde die Arbeitslosigkeit, sobald die Elemente des Konjunkturprogramms zu Greifen beginnen würden, wieder sinken.

Dass er ein guter Rhetoriker ist und die Vereinigten Staaten so gut wie kaum ein anderer Deutscher kennt, machte Klaus Scharioth nicht nur in seinem Vortrag, sondern auch in der anschließenden Diskussion, geleitet von WDR-Moderatorin Tina Hassel, deutlich.

Tim Schmitz

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