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IHK warnt vor Factory Outlet Center Marxloh

PR/II 23. Juni 2010

IHK warnt vor Factory Outlet Center MarxlohFO

Gutachter belegen: Begründungen für

Ansiedlung sind fehlerhaft und nicht plausibel

Rückschlag für Duisburgs aufblühende City droht

„Mit dem Standort Marxloh für ein Factory Outlet Center setzt die Stadt Duisburg definitiv auf das falsche Pferd.“ Das betonte der Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve, Dr. Stefan Dietzfelbinger, am Mittwoch, 23. Juni, in Duisburg vor der Presse. Bestärkt wird die IHK durch ein aktuelles Gutachten des Büros Junker und Kruse Stadtforschung – Planung, Dortmund. Die Kernaussage: Das Konzept eines zweiten Zentrums mit dem FOC in Marxloh und die Analyse hinsichtlich der FOC-Verträglichkeit sind methodisch fehlerhaft und nicht plausibel.

Dietzfelbinger: „Offensichtlich wurden mit den beiden von der Stadt befürworteten Untersuchungen Wunschergebnisse beschrieben. Fakt ist, dass diese aber als Entscheidungsgrundlage für Politik und Verwaltung schlicht unbrauchbar sind.“ So seien bei der Umsatzprognose für das FOC-Vorhaben Teile der Verkaufsfläche nicht berücksichtigt worden. Insgesamt werde die Ausweisung eines zweiten Hauptzentrums lediglich im Rahmen eines Szenarios begründet – ohne Bezug zu den tatsächlichen Duisburger Verhältnissen. Eine tragfähige Begründung für eine Struktur mit zwei Hauptzentren sei daher nicht fachlich begründet, sondern eher politisch.

Wie der Bewertung von Junker und Kruse zu entnehmen ist, sind neben den stadtplanerischen Aspekten auch absatzwirtschaftliche Fehlableitungen festzustellen. So ist die Auswahl der untersuchten Standorte und Zentren im Umfeld Duisburgs in Teilen nicht nachvollziehbar. Vereinzelt zu hoch oder auch zu niedrig angesetzte Bestandsumsätze, je nach Bedarf, und die Einbeziehung einzelner Städte in den Untersuchungsraum, obwohl sie außerhalb der 30-Minuten-Erreichbarkeit liegen, führen in der Summe zu einer Verringerung der möglichen absatzwirtschaftlichen und damit auch möglichen städtebaulichen Auswirkungen.

Ein weiteres Argument der Experten: Der im Einzelhandels- und Zentrenkonzept ermittelte quantitative Entwicklungsbedarf des Duisburger Einzelhandels basiert auf zu geringen Eingangswerten (Zentralitäten) sowie auf fehlerhaft hergeleiteten und überhöhten Zielgrößen. Dabei wird das Ziel, eine Zentralität von 120 Prozent zu erreichen, aus dem Regionalen Einzelhandels- und Zentrenkonzept Westliches Ruhrgebiet und Düsseldorf abgeleitet. Dies ist falsch, da Obergrenzen mit Zielen verwechselt werden und keine Differenzierung nach kurz-, mittel- und langfristigem Bedarf erfolgt. Rückläufige Einwohnerzahlen und damit Kaufkraft führen außerdem dazu, dass die Ergebnisse im Hinblick auf die Zentralitäten schon jetzt nicht mehr aktuell sind.

Duisburger Norden braucht eigenen Ansatz zur Stärkung

Auf der anderen Seite stellt das Büro Junker & Kruse fest, dass eine Zielvorstellung vom zukünftigen zweiten Zentrum völlig fehlt. Bei derart schwierigen räumlichen Ausgangsbedingungen wäre es zwingend notwendig gewesen darzustellen, welche Art und welche Form das neue Zentrum zukünftig haben soll. Die notwendige Stärkung des Duisburger Nordens erfordere stadtteilbezogene Masterpläne für eine Entwicklung von Innen nach Außen.

Durch die Lage innerhalb des Ballungsraums Ruhrgebiet und die in Duisburg bereits realisierten Verkaufsflächenzuwächse bei gleichzeitigen Kaufkraft- und Einwohnerverlusten kann die Ausweisung eines zweiten Hauptzentrums nur zu suboptimalen Ausprägungen in einem oder in beiden Zentren führen. Keines der beiden Zentren könnte die Ausstrahlungskraft eines Oberzentrums erreichen, so das Fazit der Gutachter.

IHK-Hauptgeschäftsführer Dietzfelbinger: „Wir appellieren an den Rat der Stadt, an seinem Beschluss zum Masterplan Innenstadt von Lord Norman Foster festzuhalten. Das ist für Duisburgs Ausbau als Oberzentrum der einzig zukunftsträchtige Weg.“

 

Pressegespräch der Niederrheinischen IHK zum geplanten Factory Outlet Center in Duisburg-Marxloh und zum Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Duisburg am 23. Juni 2010 in Duisburg; im Wortlaut:

Statement von Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger (Niederrheinische IHK)

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mit Sorge beobachten wir seit einiger Zeit die Tendenzen hier in Duisburg, zusätzliche Einzelhandelsflächen an dezentralen Standorten zu entwickeln. Aktuell steht die „Duisburger Freiheit“ im Mittelpunkt der Debatte, an der Möbeleinzelhandel mit rund 50 000 Quadratmetern Verkaufsfläche angesiedelt werden soll. Angesichts der Intensität der Debatte über die „Duisburger Freiheit“ ist die Diskussion über die Ansiedlung eines Factory Outlet Centers im Duisburger Norden und das damit verbundene Einzelhandels- und Zentrenkonzept etwas in den Hintergrund der öffentlichen und politischen Wahrnehmung gerückt.

Gerade die Auswirkungen dieses Entwicklungskonzeptes sind aber von grundlegender Bedeutung für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt. Diese Pläne sind geradezu ein Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklung und sind ein ganz ungewöhnlicher Ansatz.

Zwei Hauptzentren, das ist eher eine historische Bürde, die eine Stadt zu überwinden trachtet, als dass man sie sich als zukunftsgerichtetes Entwicklungsmodell selbst verordnet. Nicht nur Insidern war allerdings von Anfang an klar, dass das Einzelhandels- und Zentrenkonzept mit diesem Ansatz die planungsrechtlichen Grundlagen für die Ansiedlung eines FOC schaffen sollte. Anders konnte sich niemand die Ausweisung eines zweiten Hauptzentrums, das die Stadtteilzentren Marxloh und Alt-Hamborn und die dazwischen liegende stark befahrende B 8 umfasst, erklären. Man braucht sich nur ein Luftbild dieses Bereiches anzuschauen.

Und ein Factory Outlet Center mit 25 000 Quadratmetern Verkaufsfläche beeinflusst mit seinen innenstadtrelevanten Sortimenten durch Umsatzumverteilungen in besonderen Maße die Innenstadt. Die Umsetzung des Masterplans Innenstadt, die vom Rat einstimmig beschlossen wurde, ist dadurch nachhaltig gefährdet. Erhebliche Folgeinvestitionen sollen im Zuge der Pläne von Lord Norman Foster angestoßen werden.

Darunter auch ausreichend Flächen für Einzelhandelsangebote. Und die sind zur Neupositionierung der Innenstadt auch notwendig. In diesem Zusammenhang muss man sich ehrlicherweise auch fragen, wo ein darüber hinausgehendes Flächenwachstum angesichts schrumpfender Bevölkerung und Kaufkraft und bereits vorhandene Ladenleerstände zukünftig hinführen soll. Unsere Forderung lautete daher schon immer: „Qualität statt Quantität!“

Unsere Sorgen gelten aber auch den Stadtteilzentren, insbesondere im Duisburger Norden, und zwar auch und ganz besonders im Hinblick auf Alt-Hamborn und Marxloh selbst. Wir wissen nicht zuletzt durch die Ergebnisse des vor wenigen Wochen vorgestellten Handelsreports Ruhr 2010, dass gerade die Stadtteilzentren Verlierer des Strukturwandels im Einzelhandel sind. Und es sind nun einmal die großflächigen Einzelhandelsbetriebe, die Treiber dieser Entwicklung sind.

Wir wundern uns sehr, dass genau die Entwicklungen, die zu Leerständen und Trading-Down-Prozessen in den Stadtteilzentren im Ruhrgebiet geführt haben, nun im Falle Duisburg als Gegenstrategie eingesetzt werden sollen.

Nicht zuletzt sind aber auch die Umlandkommunen durch Umsatzumverteilungen im Zuge einer FOC Ansiedlung betroffen. Der Umsatz von 25 000 Quadratmetern Verkaufsfläche mit den klassischen Leitsortimenten der Innenstädte muss schließlich irgendwo herkommen. Zum großen Teil eben aus der Region und das heißt auch hier vom Niederrhein.

Angesichts der geschilderten Zusammenhänge waren wir über die Ergebnisse und die Empfehlungen der Gutachten erstaunt und haben dies auch bereits in unseren Stellungnahmen gegenüber der Stadt und der Politik zum Ausdruck gebracht.

Da die Gutachten des Büros „Stadt und Handel“ letztendlich die Begründungen für die politischen Entscheidungen liefern, haben wir dem Büro Junker und Kruse, Stadtforschung und Planung aus Dortmund, den Auftrag gegebenen, beide Gutachten zu überprüfen und zu bewerten. Die Ergebnisse möchten wir Ihnen heute vorstellen.

Das Büro Junker und Kruse ist ein bundesweit arbeitendes und angesehenes Gutachterbüro, das vor einigen Jahren auch das regionale Einzelhandelskonzept für das westliche Ruhrgebiet und Düsseldorf erarbeitet hat und sich somit in unserer Region bestens auskennt. Untersuchungsauftrag war die Überprüfung der Plausibilität der Gutachten. Vorab möchte ich schon jetzt festhalten, dass sich unsere Bedenken bestätigt haben.

Die Eingangswerte und definierten Einzugsbereiche zur Überprüfung der Verträglichkeit des FOC sind teilweise nicht nachvollziehbar, die statistischen Grundlagen werden unterschiedlich eingesetzt, je nachdem, ob der Standort z. B. Centro Oberhausen heißt oder in Duisburg liegt, und die fachliche Herleitung eines zweiten Hauptzentrums in Marxloh und Hamborn ist völlig unzureichend. Frau Schulte wird Ihnen nun die wesentlichen Ergebnisse im Detail vorstellen, für Detailfragen steht Ihnen auch der Gutachter Herr Kruse zur Verfügung.

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