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Bärbel Bas: Wo sind die Einsparungen, Herr Rösler?

Die Duisburger SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas setzt sich in einem Gastbeitrag kritisch mit den Vorschlägen des Bundesgesundheitsminister Phillip Rösler (FDP) zur „Kostendeckelung“ bei den Arzneimittelausgaben auseinander. Die sozialdemokratische Gesundheitspolitikerin fragt:

Wo sind die Einsparungen, Herr Rösler?

Auch mehr als ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl herrscht Stillstand im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Zusatzbeiträge für Millionen Versicherte, ineffiziente Strukturen in der Versorgung oder das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) scheinen den Bundesgesundheitsminister Phillip Rösler (FDP) kalt zu lassen. Er nimmt sich die Zeit erst mal alle seine neuen Lobby-Freunde zum Kaffee ins Ministerium einzuladen. Wenn dann wenigstens das Ergebnis stimmen würde. Aber das nun von Rösler vorgestellte Arzneimittelsparpaket verdient seinen Namen nicht.

Die Ausgaben der GKV für Arzneimittel betrugen im Jahr 2009 32,4 Mrd. Euro. Das sind 18% der gesamten GKV-Ausgaben. Die Ausgaben für innovative Arzneimittel wird das BMG mit diesen Vorschlägen kaum begrenzen können. Der Haken ist der Marktzugang von neuen Arzneimitteln mit einem nachgewiesenen Zusatznutzen. Für diese soll der Hersteller im ersten Jahr nach der Zulassung weiterhin selbst den Preis festlegen dürfen. Auf der Grundlage dieses Preises sollen dann Verhandlungen über einen Höchstpreis stattfinden. Die Hersteller wären dumm, wenn sie nicht mit einem höheren Einstiegspreis in die Verhandlung gehen würden. Damit steigen die Preise im ersten Jahr und sinken am Ende der Verhandlungen auf einen heute üblichen Preis. Karl Lauterbach nannte dies den „Teppichhändlereffekt“ – Einsparungen wird es keine geben.

Dagegen fordern wir Sozialdemokraten, dass vom Markteintritt an ein Höchstpreis gilt, der auf Basis einer Empfehlung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) festgelegt wird. Hochproblematisch bleibt im Rösler-Vorschlag, dass ausführliche Kosten-Nutzen-Bewertungen durch das IQWIG die Ausnahme bleiben sollen. Denn nur durch sie lässt sich ein Zusatznutzen gegenüber bewährten Therapien feststellen. Dieser Zusatznutzen soll den Preis bestimmen, nicht die Renditeerwartung der Hersteller.

Weiterhin will die schwarz-gelbe Koalition die Rabattverträge der Krankenkassen mit den Generikaherstellern einschränke, um die Hersteller zu schonen. Damit soll eines der wirksamsten Instrumente der Kostenkontrolle im Pharmamarkt wieder aufgegeben werden. Auch die Freunde des FDP-Ministers, die Apotheker, bekommen etwas ab: Der Arzneimittelversandhandel wird eingeschränkt und so genannte Pick-up Stellen in Drogeriemärkten sollen verboten werden. Das bedeutet weniger Wettbewerb, höhere Kosten und eine schlechtere Versorgung mit Arzneimitteln für viele Patienten. Die Vorschläge des Ministers sind ein fauler Kompromiss mit Pharmaindustrie und Apothekern zu Lasten der Versicherten und der Verbraucher und zeigen klar, für wen diese Koalition Gesundheitspolitik macht.

Die SPD hat bereits vor dem BMG hat einen eigenen Vorschlag für eine effektive Arzneimittelversorgung gemacht. Kurzfristig fordern wir ein Preismoratorium und die Erhöhung des Herstellerrabatts an die GKV von 6 auf 16%. Außerdem sollen die Großhandelsrabatte abgeschöpft werden. Mittelfristig ist der Nachweis der Wirtschaftlichkeit für alle neu zugelassenen Medikamente notwendig. Ohne Kosten-Nutzen-Bewertungen soll es keine Erstattung mehr durch die GKV geben. Außerdem dürfen Medikamente in Deutschland nicht mehr deutlich teurer als im europäischen Durchschnitt verkauft werden – die Preise müssen angepasst werden. Das finanzielle Risiko bei der Anwendung innovativer aber sehr teurer Krebstherapien soll zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern geteilt werden. Und letztlich wird es endlich Zeit für eine Positivliste mit allen erstattungsfähigen Arzneimitteln.

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