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Duisburg: Muddi hilft Mitternachtsbus – Im Auftrag der Menschlichkeit

Es ist Samstag Abend, wir haben 21 Uhr. Ich setze mich in meinen Wagen und fahre in Richtung Meiderich. Verabredet bin ich am Meidericher Bahnhof mit dem Team von „Muddi hilft“. Denn seit einer Woche gibt es das Projekt „Muddi hilft – Mitternachtsbus“. Worum geht es bei diesem Projekt genau? Um es den Duisburgerinnen und Duisburgern vorzustellen und näher zu bringen, darf ich das Team auf der nächtlichen Tour begleiten.

Die Organisation „Muddi hilft“, deren Schirmherrin und Gründerin Gerdi Witkowski sind in der Duisburger Obdachlosen-Hilfee seit über 15 Jahren engagiert. Nahezu täglich werden Obdachlose und Bedürftige von ihr und ihrem Team mit dem Notwendigsten versorgt. Gerdi Witkowski ist ständig mit den Gedanken bei ihren Schützlingen. Als sie in der letzten Woche den Wetterbericht verfolgte und erfuhr, dass die Temperaturen unter Null Grad sinken sollen, brach sie in Sorge aus. Sie machte sich Gedanken darum, wie man den Obdachlosen die kalten Nächte erträglicher machen könnte. Zwei Tage später war sie dann mit ihrem „Muddimobil“ nachts auf den Duisburger Straßen unterwegs um warme Speisen, Getränke, Kleidung und trockene Schlafsäcke an ihre Schützlinge auszugeben.

Um 21:10 Uhr traf ich am Meidericher Bahnhof ein. Es ist dunkel und die Temperatur außen fällt. Das Warnsignal der Thermometer-Anzeige in meinem Wagen ertönt. Es zeigt nur noch 3 Grad an. Tendenz heute Nacht – fallend. Auf einmal nähert sich ein roter Citröen Berlingo. Der Wagen ist mir bekannt, da ich dabei war, als man diesen feierlich Gerdi als Spende aushändigte. Die Aufschriften „Muddi hilft“ und „Mitternachtsbus“ die sie zieren, sind neu aufgebracht. Ich steige aus meinem Wagen aus und gehe auf das Team zu. Einige Helfer sind bereits ausgeschwärmt und sprechen Personen an. Es sind Obdachlose. Sie werden gefragt, ob sie etwas warmes zu Essen oder Trinken haben möchten. Heute Nacht gibt es selbstgemachtes Chili con Carne, Brot, süße Backwaren und Heißgetränke. Einige Obdachlose kommen direkt auf den Wagen zu, denn sie hatten sich vorab angekündigt, dass sie zum vereinbarten Treffpunkt kommen werden. Die Ausgabe erfolgt corona-conform mit Mundschutz und nötigen Abstand. Ich frage, ob es für sie in Ordnung sei, wenn ich Fotos von ihnen mache. „Sicher doch“, sagt man mir. „Wir sind doch dankbar, dass es Menschen wie euch gibt, die nicht vergessen, das es uns auch noch gibt“, antwortet man mir.

Ich bespreche mit dem Team die weitere Tour. Als nächste Station werde die Kasinostraße in der Duisburger Altstadt angesteuert. Dort sei man mit einigen Obdachlosen verabredet. Wir steigen alle in unsere Wagen. Ich folge dem Konvoi in Richtung City über die A59 hinweg. Ich weiß nicht, was mich noch alles erwarten wird. Mit eingeschalteten Warnblinklichtern biegen wir in den Fußgängerbereich der Münzstraße ein. Von Weitem aus sind sie schon erkennbar – Obdachlose. Winkend wird das Team empfangen. Zwei Obdachlose haben sich ihren Schlafplatz schon hergerichtet, haben sich aber noch nicht schlafen gelegt. Denn sie wussten ja, dass es gleich noch eine warme Mahlzeit für sie geben wird. Jeder Helfer wird dankbar „Muddi“ genannt. Eine Homage an Gerdi. Es bleibt Zeit für einige kurze Gespräche. Die Schützlinge fragen nach warmer Kleidung, Decken und Rucksäcke. Die Helfer nehmen die Wünsche entgegen und versprechen, diese am morgigen Abend zu erfüllen.

Es geht weiter Richtung Rathaus. Vom 7-köpfigen Team schwärmen nur drei auf der Suche nach Obdachlose aus. „Wenn wir die Schützlinge aufsuchen, dann gehen wir nur zu zweit oder dritt auf sie zu“, sagt mir Anika. „Viele von ihnen schlafen manchmal schon. Wir wollen sie dann nicht erschrecken“. Viele von ihnen halten sich bei dieser Jahreszeit in versteckten Winkeln dieser Stadt auf. Sie suchen Schutz vor den harten Witterungsverhältnissen, die gerade in diesen eisigen Tagen äußest rauh sind. Sie halten sich bevorzug an Orte auf, an denen man am wenigsten einen Menschen erwarten würde. Ein Anwohner wird auf das Team aufmerksam und gibt ihnen einen Hinweis, an welcher versteckten Stelle sich seit einigen Tagen ein Obdachloser aufhält. „Ich wusste gar nicht, dass es euch gibt“, sagt der Anwohner überrascht. „Großartiges Projekt“, ergänzt dieser lobend. Er lässt sich die Kontaktdaten zu „Muddi hilft“ aushändigen. Der Obdachlose ist nicht anzufinden. Das Einzige, was auf seine Anwesenheit im Versteck hinweist, sind seine wenigen persönlichen Sachen, die akkurat zusammen gepackt sind.

Wir setzen die Tour fort. Lothar, Muddis Fahrer gibt die Richtung vor. „Wir fahren jetzt die Königstraße ab. Dort halten sich erfahrungsgemäß viele Obdachlose auf“. An der Steinischen Gasse fahren wir auf die Königstraße im Schritttempo ein. Mir fällt zur rechten Hand Höhe Sonnenwall ein älterer Herr auf. Er sitzt auf seinem Rollator und beobachtet den vorbeiziehenden Tross. Ich gebe dem Team Lichtzeichen. Wir halten an. Sven steigt aus und spricht den Mann an. „Möchten sie etwas warmes zu Essen oder Trinken haben?“ – „Ich habe aber kein Geld und bis nach Hause ist es noch ein Stück“, antwortet er. „Das brauchen sie nicht bezahlen“, sagt Sven. Er reicht dem Herrn die warme Schale mit dem Chili, einen Kaffee und Brot. Der Mann fängt an zu weinen und sagt zu mir: „So viel Menschlichkeit und Freundlichkeit erlebe ich viel zu selten.“

Es gibt noch viele weitere Obdachlose im Bereich der Königstraße zu versorgen. Wir setzen die Fahrt fort und treffen auf eine Gruppe junger Männer. Sie sprechen Russisch und Englisch. Dankbar und sichtlich irritiert holen auch sie sich eine warme Mahlzeit und ein Heißgetränk ab. Sie setzen sich schützend zusammen. Erfahrungsgemäß ist es sicherer sich bei Nacht mit mehreren zusammen zu tun. Ein Stückchen weiter ist der Empfang für Muddis Helfer weniger herzlich, dennoch nimmt man das sich bietende Angebot dankend an.

Es geht weiter. Als nächstes machen wir Halt an der Unterführung am Hauptbahnhof. Hier sammeln sich erfahrungsgemäß mehrere Obdachlose über Nacht an. Denn die Stadt Duisburg ließ vor einigen Wochen in einer Pressemeldung verlauten, dass die U-Bahn-Stationen den Obdachlosen als Unterkunft in der kalten Jahreszeit zur Verfügung stehe. Wie laufen durch die Unterführung. Ich treffe auf Andy, einen auch mir bekannten Schützling von „Muddi hilft“. Er sieht mich und ruft mir zu: „Was machst denn du zu so später Stunde hier?“ – „Ich bin mit Muddis Team unterwegs“, antworte ich ihm. Er wirkte irritiert. „Wie? Muddi ist da?“ – „Nein, ihr Team versorgt euch mit etwas warmen zu Essen oder Trinken“. Die Freude ist groß. Die Männer treten den Fußweg zum anderen Ende der Unterführung an um sich ihre Portion abzuholen.

Noch hat es sich in der Obdachlosen-Szene nicht herum gesprochen, dass Muddis Team nachts in der Stadt unterwegs ist. In den ersten Tagen habe Gerdi Witkowski rund 15 Obdachlose versorgt. „Wir sind jetzt bei rund 26 Obdachlose, die wir in den letzten Tagen nachts versorgt haben“, sagt René Witkowski. Tendenz steigend. Denn nicht alle Wohnungslosen nutzen die Angebote der Notübernachtungsstellen und bevorzugen es draussen zu schlafen.

Unsere Tour endet am Haupteingang des Duisburger Hauptbahnhofes. Nun ist „Endstation“, sagt Lothar an der Bahnhofsplatte. Hier endet für gewöhnlich die Mitternachtstour. Es ist kurz vor Mitternacht. Die restlichen, nicht verteilten Speisen werden am Folgetag der Bahnhofsmission übergeben. Dort werden während der Öffnungszeiten in Kooperation mit „Muddi hilft“ über Tag die Obdachlosen versorgt. Die Helfer lassen die heutige Fahrt noch einmal Revue passieren. Lothar verabschiedet sich beim Team. „Wir sehen uns morgen“, ruft er uns zu. Ich frage: „Wo geht er hin?“ – „Er hat eine Fahrkarte für den VRR-Bereich und wird jetzt einen Zug bis zur Endstation nehmen. So holt er sich zur kalten Jahreszeit ein wenig Schlaf im Warmen“, erzählt man mir. Ich bin überrascht. Denn man sieht ihm nicht an, dass auch er wohnungslos ist. Das Team „Muddi hilft – Mitternachtsbus“ wird zu meiner Überraschung von zwei Obdachlosen unterstützt. Denn sie wissen am besten, wo sich Ihresgleichen bevorzugt aufhält und stehen beratend dem restlichen Team zur Seite.

Noch bis voraussichtlich Ende Februar wird der „Muddi hilft – Mitternachtsbus“ in der Stadt unterwegs sein. Täglich von 21:30 Uhr bis Mitternacht sind die Helfer unterwegs. Wer dieses Projekt unterstützen mag, kann dies mit einer Spende tun.

Per Paypal unter: muddi.hilft@gmail.com

Oder per Überweisung:

Zebras helfen Zebras e.V.

Sparkasse Duisburg

IBAN DE24 3505 0000 0200 3242 18

Verwendungszweck: „Muddi hilft“

Die Fotostrecke zur Tour können Sie unter folgenden Link abrufen:

https://xtranews.pics/index.php?/category/113

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