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Coronaschutzverordnung: Verliert die Stadt Duisburg die Kontrolle in den Marxloher Hotspots?

Quelle: Facebook, Jochen Merz

Seit einer Woche gilt die Maskenpflicht in den Duisburger Fußgängerzonen.

Alle Straßen, die betroffen sind, wurden in einer Sonderausgabe des Amtsblattes veröffentlicht. Bis zum Aufhängen entsprechender Schilder sah die Stadt Duisburg von der Verhängung von Geldstrafen ab.

Notwendig wurde die Maskenpflicht, weil die Infektionen in Duisburg exponential ansteigen und die Stadt verhindern will, dass Menschen sich dort anstecken, wo man mit vielen Menschen gleichzeitig zu Fuß unterwegs ist.

In Marxloh wurde sogar ein ganzer Häuserblock unter Maskenzwang gestellt. Hierbei handelt es sich um den Bereich von der Weseler Straße bis zur Wilfriedstraße und Kaiser-Wilhelm-Straße bis Hagedornstraße. Bereits im April zeigte sich dieser Straßenzug als probematisch (Xtranews berichtete).

Immer wieder kommt es in diesem Bereich zu Polizeieinsätzen. Speziell auf den Kreuzungen der Nebenstraßen versammeln sich täglich viele Menschen. Das Viertel hat sich zum überregionalen Treffpunkt entwickelt. Sehr zum Leidwesen der Anwohner.

Am Freitag 30.10.2020 beschwert sich der Marxloher Jochen Merz auf Facebook, dass die Stadt die Maskenpflichtschilder lieblos mit nur einem Kabelbinder an den Laternen befestigt hätte, wo sie munter im Wind flattern.

Rund 1/4 der Menschen würde sich nicht an die Maskenpflicht halten und weitere 15% seien zu dumm, die Maske richtig aufzuziehen.

„Wegen Menschen, die sich nicht an Regeln hielten, müssten die Menschen in Marxloh wieder einmal leiden“ ist sein Fazit.

Kontrollen habe er noch keine in den Bereichen gesehen. Was ihn sehr aufrege sei das politische Geschwätz von Null-Toleranz ohne irgendwelche draus folgende Handlungen vor Ort.

Harte Vorwürfe, die im Netz viel Zustimmung finden.

Wir fahren nach Marxloh, um uns ein Bild zu machen, inwiefern die Maskenpflicht eingehalten wird.

Über die Weselerstraße schlendern viele Menschen, um einzukaufen. Die Meisten ignorieren die zahlreichen Schilder, die auf die Maskenpflicht hinweisen. Dasselbe Bild bietet sich auf der Fußgängerzone.

Wenn schon Maske, dann unter den Kinn. Völlig albern und sinnlos.

Wir gehen weiter in die Hagedornstraße. Bereits von Weitem schallen uns zahlreiche Stimmen entgegen. Hier trägt kaum jemand Maske. Eine private Initiative hat das Viertel mit Maskenpflichtschildern regelrecht zugepflastert. Diese werden aber meist ignoriert, obwohl sie in mehreren Sprachen verfasst sind.

Auf einer Kreuzung stehen rund 50 Leute, Dicht an Dicht. Niemand mit Maske. Fast alle kauen Sonnenblumenkerne und spucken die Schalen auf die Straße. Wenn man ein Superspreader-Event erleben will – so muss es aussehen. Ist nur einer hier infiziert, tragen 50 Leute innerhalb kürzester Zeit das Virus weiter. Zwischen den sonnenblumenkernspuckenden Erwachsenen spielen munter Kinder im Aerosolnebel.

Wir sprechen die Leute auf ihr Fehlverhalten an – und vor allem, warum sie keine Rücksicht auf ihre Nachbarn nehmen. Schnell stellt sich heraus, dass kaum jemand von ihnen auch hier wohnt. Von Walsum, Beeck, Bruckhausen und Meiderich ist hier fast jeder Stadtteil im Norden vertreten. „Wir kommen hierher nach Marxloh, weil sich in dieser Straße alles trifft“ – meint ein Mittvierziger. „Und weil man hier in Ruhe feiern kann, weil die Polizei sich nicht kümmert“ – ergänzt ein junger Mann, der lautstark Musik aus dem Auto heraus anmacht. „Und wenn Leute vorne in der Straße den Polizeiwagen sehen, gehen wir schnell auseinander“.

Auf der anderen Straßenseite versucht der Besitzer einer Trinkhalle die vielen Leute vor seinem Laden zu verscheuchen. „ Die sind nicht meine Kunden und ich will keinen Ärger mit dem Ordnungsamt haben“, regt er sich auf. Ob das Ordnungsamt denn schon mal da war, beantwortet der damit, dass sie bei ihm im Laden waren und meinten, dass er zu machen müsse, wenn sich weiter die Leute hier vor dem Laden aufhalten. Ansonsten würden die Fahrzeuge meistens nur langsam hier durch rollen.

Wir treffen Metin S. ein paar Meter weiter. Er ist froh, dass das Ordnungsamt vor kurzem das Café bei ihm gegenüber zugemacht hat. Es war nicht mehr auszuhalten mit dem Krach bis zum frühen Morgen und Coronavorschriften hätten sie dort gar nicht gekannt.

Eine alte Dame schaut aus dem Fenster am Anfang der Hagedornstraße. Vollkommen verzweifelt erzählt sie, dass sie seit Wochen nicht mehr draußen war aus Angst sich in der Straße anzustecken. Sie sei jetzt über 80, aber so etwas habe sie noch nie erlebt.

Aus der Distanz beobachten wir noch eine Stunde das Treiben. Die Corona-Lage scheint hier keine Rolle zu spielen. Menschen stehen Dicht an Dicht. Es wird sich umarmt und es bilden sich immer wieder Gruppen mit über 20 Personen Dicht an Dicht und ohne Maske.

Ordnungsamt oder Polizei haben wir in unserer fast 3 Stunden Anwesenheit nicht gesehen, obwohl mehrere Anwohner uns sagten, dass sie diese bereits mehrfach angerufen hätten.

Heinz H. wohnt in der Nähe der Kreuzung und kommt gerade aus einem der besser aussehenden Mietshäuser. Er versuche die Menschenmengen hier zu meiden. Er gehöre zur Risikogruppe und habe inzwischen massiv Angst sich hier zu infizieren. Normalerweise müsse die Stadt Duisburg hier eine Ausgangssperre anordnen. Wenn es in dieser Straße zu einem Ausbruch kommt, ist eine große Hochzeit Peanuts dagegen. Das Ordnungsamt und die Polizei müssen hier knallhart durchgreifen. Oberbürgermeister Link hat angekündigt, dass die Stadt keine Toleranz zeigen wird, weil die Lage inzwischen gefährlich sei. Jetzt müssen auch Konsequenzen folgen.

Die Leute hier lachen sich doch über die Stadt tot, wenn jetzt nichts passiert. Er könne nur apellieren, dass hier eine Dauerpäsenz der Behörden eingerichtet wird.

Auf dem Weg zu unserem Fahrzeug stoßen wir auf rund 10 Mitglieder einer evangelikalen Freikirche. Es sei alles nur ein Fake meinen sie. Das Virus gäbe es gar nicht. Warum sollte Gott so ein Virus schaffen wollen? – Und wenn er es hätte, dann würde Jesus sie davor schützen, wenn sie nur genug beten. Das würden sie auch all den anderen Menschen in diesem Viertel erzählen. Man solle sich nicht fürchten, sondern stattdessen beten.

Vielleicht ist das auch das letzte Mittel für die Stadt, wenn wirklich in diesem Hotspot etwas aus dem Ruder läuft. Wenn sich jemand ansteckt und andere Leute infiziert, die nach der Straßenparty zurück in ihre Stadtteile fahren.

Die sicher logischere Alternative wäre , diesen Hotspot durchgehend zu bestreifen und vielleicht sogar ab 18:00 Uhr eine Ausgangssperre auszusprechen, damit dieser Ort seinen Reiz als Treffpunkt verliert. Wenn es im Duisburger Norden einen großen Ausbruch geben sollte, dann wird er höchstwahrscheinlich von hier ausgehen.

Die Stadt muss diesen Hotspot in den Griff kriegen – und zwar schnellstmöglich.

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