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‚Shakespeare‘ – Verfassername oder humanistisches Etikett der Renaissance?

Hill – ChervanzPhotography (Public Domain)

Im Ablauf der vergangenen Jahrhunderte sind unterschiedliche Thesen über die Verfasserschaft der literarischen Werke, die unter dem Namen ‚Shakespeare’ veröffentlicht wurden, entstanden. In diesem Kontext bildet die traditionelle Annahme, bei William Shakespeare handele es sich um die Person, die aus Stratford-upon-Avon stammt, nur eine der relevanten Varianten. Sie ist nicht besser oder schlechter, lediglich anders.

Das Hauptproblem der Verfasserschaft bietet der erforderliche Bildungsgrad und die fehlende briefliche Vernetzung, die nicht nachweisbare Vertrautheit mit der Politik und den Rechtsgepflogenheiten im Europa der Renaissance. Besonders konkrete Kenntnisse über Frankreich und Italien wären anzuführen, darüberhinaus allgemeine Fragestellungen, die für damalige Humanisten typisch waren. Weil sich die Person, die aus dem Provinz-Nest Stratford stammte, nicht in diese humanistische Welt einbinden ließ, kamen Zweifel über die Verfasserschaft auf.
Solange es sachlich begründbare Zweifel gibt, und zwar in allen relvanten Fällen, vielleicht ist eine Entscheidung für einen relevanten Verfasser gar nicht erforderlich. Die dreiwertige Logik bietet einen Ausweg an. Dieser könnte zum Tragen kommen, abseits des Streits über Personen. Literarisch mag es unbefriedigend sein, die Suche nach möglichen Alternativen haben demonstriert, wie scheinbar wichtig eine personelle Zuordnung literarisch und literaturwissenschaftlich wäre, falls sie gelänge.

Generell wird der Person aus Stratford traditionell attestiert, dass es sich um einen Autodidakten handeln müsse, weil von ihm keine universitäre Bildung nachweisbar ist. Diese These lässt aber Fragen nach den Mitteln einer möglichen Bildung außen vor: relevante persönliche und briefliche Kontakte fehlen, und das Dorf Stratford-upon-Avon hatte keine Bibliothek.
Alternativ zur Stratford-These bildete sich eine Oxford-These aus. Mit ihr wurde Edward de Vere, 17. Earl of Oxford, als möglicher Verfasser präferiert. Er verfügte über die erforderliche Bildung und hatte Reiseberichte nach Italien vorgelegt. Als Einwand wurde u.a. vorgebracht, dass er zu früh verstorben sei (1604), um als Autor gelten zu können. Einige für das Gesamtwerk wichtige Informationen erreichten England erst 1610.
Ins Blickfeld von Zweiflern an der Stratford-These geriet auch der Philosoph und Staatsmann Francis Bacon. Doch literarische Stilfragen hinderten daran, seine Autorschaft allgemein anzuerkennen. Ebenfalls als möglicher Kandidat wurde Christopher Marlowe diskutiert. Er hätte besonders intime Kenntnisse über Frankreich einbringen können. Auch in diesem Fall verhinderten Stilfragen und -vergleiche eine allgemeine Anerkennung.

Ich erspare mir Einzelheiten der teils heftigen Diskussionen und Auseinandersetzungen. Sie lassen jedoch allesamt erkennen, dass keine Lösung der fraglichen Verfasserschaft gefunden wurde. Vielleicht war die Suche nach einem Autor zu sehr auf eine relevante Person beschränkt, eventuell fungierte ‚Shakespeare’ lediglich als humanistisches Etikett für eine Gruppe, doch an den Spekulationen bzw. an dem Tratsch möchte ich mich nicht beteiligen. Aufgrund der zugänglichen Daten befürworte ich eine historisch und literarisch ungewöhnliche Lösung: eine Unentscheidbarkeit, im Kontext der dreiwertigen Logik, in welche Richtung auch immer. Logik ist freilich innerhalb der Literaturwissenschaft nicht sonderlich vertraut.

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