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EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung: Was sich jetzt ändert

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Mitte Mai dieses Jahres beschlossen, dass in Zukunft in allen Staaten der EU die Arbeitszeiten zu erfassen sind. Nur so sei es möglich, allen Arbeitnehmern sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

Systeme zur Dokumentation der Arbeits- und Ruhezeiten

Am 14. Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Arbeitgeber in den EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet sind, ein System einzurichten, mit dem sich die tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter messen lässt. In diesem System werden die Arbeitszeiten und Pausenzeiten notiert. Dies soll sicherstellen, dass die maximale wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten wird und die Mindestruhezeiten eingehalten werden.

Anhand der Arbeitszeitdokumentation lassen sich mögliche Verstöße gegen die täglichen bzw. wöchentlichen Ruhezeiten sowie die tägliche Höchstarbeitszeit leichter aufdecken. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie von 2003 sieht vor, dass eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden (Überstunden bereits einberechnet) nicht überschritten werden darf und eine tägliche Mindestruhezeit von 11 Stunden und eine wöchentliche Mindestruhezeit von 24 Stunden einzuhalten ist. Bisher ist in der Richtlinie von einer Dokumentationspflicht der Arbeitszeiten nicht die Rede, dies soll sich mit dem Urteil vom 14. Mai aber ändern.

Bisher waren Arbeitgeber in Deutschland lediglich dazu verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren. Mit Inkrafttreten des neuen EuGH-Urteils ist demnächst die gesamte Arbeitszeit aufzuzeichnen. Bisher gibt es bei rund einem Fünftel der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland keine Arbeitszeiterfassung.

Mit der Stechuhr werden die Arbeitszeiten jedoch nicht erfasst werden. Heutzutage kommen vor allem Software-Lösungen zum Einsatz, sodass sich die Arbeitszeit ganz einfach per Smartphone, Tablet oder PC tracken lässt. Firmen mit eigenem Fuhrpark, deren Mitarbeiter häufig auf Montage oder bei Kundenterminen sind, können mit speziellen digitalen Tools die Arbeitszeiten ihrer Angestellten überprüfen. Mit einem digitalen Fahrtenschreiber etwa lassen sich die Fahrtenschreiberdaten standortunabhängig herunterladen, sodass per Fernzugriff überprüft werden kann, ob die Fahrer die EU-Vorschriften bezüglich Arbeits- und Ruhezeiten einhalten.

Uneinigkeit in der Bundesregierung über Umsetzung des Urteils

In der Koalition herrscht bezüglich des EuGH-Urteils derzeit Uneinigkeit. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist der Meinung, dass die deutschen Gesetze im Zuge des EuGH-Urteils nicht angepasst werden müssen; Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bewertet den Sachverhalt allerdings anders. Altmaier ist der Ansicht, dass die deutschen Gesetze die für eine Arbeitszeiterfassung erforderlichen Bestimmungen bereits enthalten, er hält eine Implementierung des EuGH-Urteils in deutsches Recht deshalb für nicht erforderlich. Hubertus Heil hingegen plant, die neuen EU-Bestimmungen möglichst bald in Deutschland einzuführen.

Der Wirtschaftsminister befürchtet außerdem, dass auf die Unternehmen zusätzlicher bürokratischer Aufwand zukommt, und er bewertet Tracking-Instrumente, die Arbeitszeiten digital erfassen, als kritisch. Daher will er prüfen lassen, ob in Deutschland überhaupt Bedarf an neuen Richtlinien besteht oder die Inhalte des Urteils hierzulande ohnehin bereits umgesetzt werden.

Der Bundesarbeitsminister hingegen begrüßt das Urteil des EuGH. Er sagt, es sei wichtig, die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lichte des Urteils zu sichern.


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