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Trotz Einsparziel: Deutliche Kostensteigerung im Duisburger Marketing nach Auflösung der DMG

Ex-DMG Geschäftsführer wendet sich an Rat und Kommunalaufsicht

Ob er in allem „richtig“ liegt, wird sich zeigen – viel Mühe hat er sich jedenfalls gemacht. Etwa 1500 Seiten kommunalen Haushalt hat Ex-DMG Geschäftsführer Uwe Gerste ausgewertet, um der Frage nachzugehen, wie sich die Kosten des Marketings in Duisburg nach der Auflösung der Duisburg Marketing Gesellschaft (DMG) im Jahr 2015 entwickelt haben.

Zur Historie: Nach einem Bericht der WAZ vom Februar 2015 ist der Vorschlag zur Auflösung der Gesellschaft durch OB Link an den Rat erfolgt. Grundlage war eine „Organisationsuntersuchung“ des Hauptamts der Stadt Duisburg. Dieses hatte durch die Auflösung der DMG „kostengünstigere und zukunftsorientierte Geschäftsprozesse, die dauerhaft den städtischen Haushalt entlasten“ in Aussicht gestellt. In der Folge beschloss der Rat im März 2015 die Verschmelzung der Gesellschaft mit der Gesellschaft Frische Kontor sowie die Aufgabenübertragung anderer Bereiche in die Stadtverwaltung.

Diese Darstellung des Hauptamts hat den im August 2015 ausgeschiedenen Geschäftsführer offensichtlich so geärgert, dass er im Haushaltsentwurf 2017 einmal nachgerechnet hat, welche Haushaltsansätze für die ehemaligen Aufgaben der DMG zukünftig anfallen. Er ist zu einem erstaunlichen Ergebnis gekommen: Nach der Rechnung von Gerste sind die Ausgaben nicht gesunken, sondern um einen Millionenbetrag nach der Umorganisation gestiegen. Dieser setzt sich nach den Haushaltplanungen auch in den Folgejahren fort.

Eine von ihm formulierte Einwendung an den Rat, die vom 7.11.2016 datiert, wurde während der Haushaltsberatungen jedenfalls nicht beantwortet. Das erstaunt, denn die von ihm benannten 2 bis 2,5 Mio. € Mehrausgaben pro Jahr sind sicherlich kein Pappenstiel in unserer finanzschwachen Stadt. Auch schriftliche Anfragen zu dem Komplex von den Minderheitsfraktionen im Rat wie Bündnis 90/Die Grünen, Junges Duisburg und FDP sowie PIRATEN-SGU-BL blieben ohne inhaltliche Antwort von OB Link und der Verwaltungsspitze. Die Verwaltung will nun prüfen. Mehr als 2 Wochen Zeit seit der Eingabe reichen in der Duisburger Verwaltung offensichtlich nicht mehr aus, einen kritisch hinterfragten Sachverhalt aufzuklären.

Gerste spart in seinem fast sechsseitigen Schreiben nicht mit Kritik am damaligen Vorgehen sowie den finanziellen Konsequenzen für Bürgerschaft und Wirtschaft:

Die nunmehr aus dem Haushaltsplan erkennbaren negativen Abweichungen entstammen nicht einem anonymen „Nirwana“, sondern sind fehlerhaften Analysen, Bewertungen und Ergebnissen und daraus folgenden fehlerhaften Vorschlägen bei der Neustrukturierung des Marketings geschuldet. Sie müssen durch die Duisburger Wirtschaft und die Bürgerschaft finanziert werden. Bei einer Kommune mit derartigen finanziellen Problemen wie Duisburg bedeutet dies im Ergebnis letztlich unverhältnismäßige Steuersätze und Leistungseinschnitte für die Bürger.“

Auch die fehlerhafte Information des Rates sowie das Handeln der Akteure werden von ihm deutlich bemängelt:

„Bis zum gegenteiligen Nachweis ergibt sich durch die Vorlage des Haushaltsplans eine enorme Ansammlung von bisher fehlerhaften Darstellungen gegenüber dem Rat der Stadt Duisburg. Eklatante Versäumnisse und mögliche Inkompetenz führender Verwaltungsvertreter bei der Konzeption und Organisation dieser für die Stadt wichtigen Marketing-Aufgabe scheinen vorzuliegen.“

Uwe Gerste – Foto: Friedhelm Krischer

Gerste kündigt in seinem Schreiben an, die Einwendung auch anderen Institutionen wie der Kommunalaufsicht sowie dem Bund der Steuerzahler und auch Medienvertretern zuzuleiten. Xtranews liegt das Dokument vor (hier downloaden) und wir haben nach der Haushaltsverabschiedung den Kontakt zu dem ehemaligen Geschäftsführer der DMG gesucht. Gerste hat uns Rede und Antwort gestanden.

Xtranews: Was veranlasst einen ehemaligen Mitarbeiter im Konzern Stadt, sich so intensiv mit dieser komplexen Haushaltsmaterie auf fast 6 Seiten Einwendung auseinanderzusetzen?

Gerste: Das war wirklich viel Aufwand. Die Internet-Recherche im öffentlichen Haushaltsplanentwurf und die Formulierung der Stellungnahme haben fast ein Wochenende gedauert. Es galt ja, nicht ganz einfach zu findende Querverbindungen im Haushaltsplanentwurf zu identifizieren.

Den Anlass habe ich schon im Schreiben formuliert. Natürlich geht es zum einen um die persönliche Betroffenheit, und damit meine ich ausdrücklich nicht mein Ausscheiden als Geschäftsführer der DMG, sondern die Art wie dies gelaufen ist. Durch die gezielte Lancierung von fragwürdigen Feststellungen in die Öffentlichkeit hinein, wurde ich persönlich geschmäht. Wer den damaligen Bericht der WAZ gelesen hat, musste doch zum Eindruck kommen, die Gesellschaft wäre ineffizient und viel zu teuer. An wem soll das denn liegen, außer dem Management? Das würde wohl jeden ärgern, der öffentlich so angegangen wird.  Denn aus meiner Perspektive habe ich über lange Jahre immer wieder auch manchmal umstrittene Entscheidungen, ob Standgebührenerhöhungen bei Veranstaltungen, hartes Kosten-Management im Einkauf etc. mit Durchsetzungsfähigkeit und Konfliktstärke umsetzen und durchsetzen müssen, um anspruchsvolle Vorgaben der Politik hinsichtlich der Budgets einzuhalten. Wir hatten als DMG mit viel Teamgeist und mit 3 Diplom-Kaufleuten in der Führung des Unternehmens immer wieder sinnvolle Lösungen gefunden, um gute inhaltliche Ergebnisse bei sehr knappen Ressourcen zu erzielen und wir haben stets die finanziellen Vorgaben eingehalten. Ob das nun mit dem vom Projektleiter Krützberg sowie der Hauptamtsleiterin Monika Kluge entwickelten Konzept günstiger und besser funktioniert, wollte ich im Haushalt nachvollziehen. Und das mache ich ganz seriös mit zeitlichem Abstand, denn selbstverständlich mussten die verantwortlichen Akteure auch die Chance haben, ihre flotten Sprüche in der Realität umzusetzen. Nach mehr als anderthalb Jahren sollten jedoch so langsam mal positive Ergebnisse vorgelegt werden können, wenn sie denn je mit dem beschlossenen Konstrukt erreichbar waren. Da hat es mich gereizt, einmal nachzurechnen. Und das Ergebnis stellt sich nach den Zahlen des Haushaltsplanentwurfs noch schlechter dar, als von mir befürchtet.

Zum zweiten ärgern mich viel zu hohe Steuern und Gebühren für Bürger und Wirtschaft sowie Leistungseinschränkungen, die bei einem besseren „Wirtschaften“ vermeidbar wären. Das betrifft mich genauso wie jeden anderen Duisburger Bürger.

Erst nach meiner Eingabe ist noch ein Punkt hinzugekommen: Mittlerweile müssen Mitarbeiter der Verwaltung Angst um ihre Arbeitsplätze haben, erst vor wenigen Tagen wurden sie vom Oberbürgermeister über seine „Sparmaßnahmen“ informiert. Das wäre alles vermeidbar, wenn an solchen Punkten wie der Organisation des Marketings sorgsamer gearbeitet worden wäre.

Xtranews: Man wird das als „Nachkarten“ eines aus den Diensten der Stadt Duisburg ausgeschiedenen Mitarbeiters interpretieren.

Gerste: Das kann sein, dass man zu dieser Argumentation greift, in der Sache ist das aber viel zu kurz gedacht. Denn nach der vom Oberbürgermeister initiierten „vorsorglichen“ Kündigung, die ich aus der Zeitung erfahren habe, war klar, dass sich die Wege trennen werden. Es spielt auch keine Rolle, ob das Vorgehen des OB aus den ja auch öffentlich diskutierten „politischen Gründen“ meiner CDU-Mitgliedschaft erfolgt ist. Mittlerweile sind ja sämtliche Dezernenten, Vorstände und Geschäftsführer bei der Stadt und städtischen Gesellschaften ausgeschieden, die während der Amtszeit von OB Sauerland gekommen sind und ein „schwarzes“ oder „grünes“ Parteibuch haben. Das ist zwar nicht schön, gehört aber zum „politischen Risiko“. Das kann bei politischen Machtwechseln passieren, auch in der Kommune. Aber muss man deshalb direkt eine bewährte und leistungsfähige Organisation auflösen? Da sage ich „Nein“. Ein Geschäftsführerwechsel hätte ausgereicht. Denn die Mängel der „Orga-Untersuchung“ und die damit verbundenen Risiken waren rechtzeitig von mir benannt worden.

Xtranews: Können Sie da mal ins Detail gehen?

Gerste: Nein, das darf ich nicht. Denn man hat eine eigentlich öffentlich zu führende Debatte, nämlich wie man das Marketing einer Stadt organisiert, damals in die „Nichtöffentlichkeit“ verbannt. Und über die nichtöffentlichen Sitzungen darf und will ich auch trotz der Vertragsbeendigung nicht reden. Der Rat kann das jederzeit und könnte auch Unterlagen einsehen, die Kommunalaufsicht wahrscheinlich ebenfalls. Ob sie es machen werden, um die Ausgangslage und das jetzige Ergebnis tiefer zu analysieren, müssen die jeweiligen Institutionen entscheiden – nicht ich. Meine Stellungnahme und Einwendung basiert auf öffentlich zugänglichen Zahlen des Haushalts sowie sonstiger öffentlicher Drucksachen zur ehemaligen DMG. Die habe ich nur strukturiert zusammengefasst und verglichen.

Xtranews: Haben Sie denn die Kommunalaufsicht – wie angekündigt – eingeschaltet?

Der Kommunalaufsicht liegt die Eingabe vor, dem Bund der Steuerzahler ebenfalls. Beiden Institutionen traue ich die seriöse Prüfung und weitere Behandlung des Sachverhalts zu.

Xtranews: Eine Antwort der Verwaltungsspitze an den Rat ist während der Haushaltsberatungen nicht erfolgt, obwohl es ja ein haushaltsrelevantes Thema ist. Haben Sie schon eine Antwort erhalten?

Gerste: Eine inhaltliche Antwort steht aus, ein Zwischenbescheid wurde erteilt. Formal ist die Eingabe zur zwingenden Behandlung im Rat verspätet gestellt worden, insofern erstaunt mich der ablehnende Bescheid unter Bezug auf die Gemeindeordnung nicht. Bürgerfreundlicher wäre es gewesen, die zweieinhalb Wochen Zeit bis zur Haushaltsverabschiedung zu nutzen, um vor allem die angefragten und aus dem Haushalt nicht eindeutig identifizierbaren Punkte zu klären und dem Rat vor Haushaltsverabschiedung bekanntzugeben. Eine Mehrheit aus SPD und CDU hat dies jedoch ignoriert und dem Haushalt am 24.11.2016 zugestimmt. Die Verwaltung hat mir im Zwischenbescheid aber zugesagt, dass ich in angemessener Zeit auch eine inhaltliche Antwort erhalte.

Xtranews: Welche inhaltliche Antwort erwarten Sie?

Gerste: Die muss ich erstmal haben, um sie zu bewerten. Ich vermute nach den erst nach meiner Einwendung veröffentlichten Wirtschaftsplänen der Duisburg Kontor GmbH sowie der Duisburg Kontor Hallen-Management GmbH, dass die Verwaltung die von mir benannten Mehrausgaben versucht, zu relativieren. Meine Zahlen stimmen auf der Basis des Haushaltsplanentwurfs, nachträgliche Korrekturen konnte ich natürlich nicht absehen. Unterstellt man die „angepassten“ Zahlen der Verwaltung, ergibt sich immer noch eine Mehrausgabe im siebenstelligen Bereich. Von „Einsparungen“ kann keine Rede sein, sondern nur von massiven Mehrausgaben.

Xtranews: Warum stimmt die CDU trotzdem einem Haushalt zu, wenn in so wichtigen Fragen Unklarheiten bestehen? Was sagen Sie dazu als CDU-Mitglied?

Gerste: Die CDU befindet sich in einer festen Koalition mit der SPD, auch wenn das nach außen gerne etwas loser dargestellt wird. „Entscheider“ scheint mir aber ausschließlich die SPD zu sein. Und deren Führung hat naturgemäß wenig Interesse an Sachkritik. Davon können die kleineren Parteien im Rat ein Lied singen. Ob meine Partei trotzdem von dieser GroKo profitieren wird, entscheidet am Ende der Wähler bei Wahlen.

Xtranews: Abschließende Frage: Man könnte ja auch sagen, dass das Marketing nach ihrem Ausscheiden besser geworden ist und das einen Mehraufwand rechtfertigt. Was sagen Sie dazu?

Gerste: Ich habe mich absichtlich und bewusst ausschließlich auf die Entwicklung des finanziell kalkulierten Aufwands für die ehemaligen Aufgaben der DMG konzentriert und nicht auf die inhaltliche Fragestellung. Ich habe Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen verglichen. Es ging ausschließlich um die Frage, wie weit die aus der WAZ zitierte Aussage eingetroffen ist – oder eben nicht. Das ist der Kern der Diskussion. Deshalb sind in meine Betrachtung auch neue und zusätzliche „Marketing-Ausgaben“ wie die PR-Kampagne „Ideen für Duisburg“ nicht eingeflossen. Diese sind nach OB-Angabe nach einem Ratsbeschluss bei der Stadt separat budgetiert worden. Ich konnte sie im Entwurf 2017 als fortgesetzte Maßnahme nicht finden, aber das eben ein zusätzlicher Punkt, auch hinsichtlich der Kosten, mit dem ich mich nicht tiefer beschäftigt habe.

Zur inhaltlichen Frage nur so viel: Ich traue jedem Duisburger zu, sich ein eigenes Urteil zur Frage zu bilden, ob Duisburg nun den großen „Imagesprung“ gemacht hat, ob er nun mehr oder weniger Leerstand bei Geschäften in der City vorfindet oder die angesprochene Kampagne „Ideen für Duisburg“ ein großer Wurf oder eher „OB-Vermarktung“ im Vorwahlkampf ist.

Xtranews: Wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch!

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